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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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geradewegs vor die Pfeile der im Hinterhalt wartenden Dryaden...«
    Dijkstra schob ein Verhörprotokoll an den Rand des Schreibtischs, denn es kam ihm so vor, als röche das Pergament noch immer nach der Folterkammer.
    »Und da«, erriet er, »verschwand Milva im Brokilon wie fortgeblasen. Aber bis heute ist es in Verden schwer, Freiwillige für Expeditionen gegen die Dryaden zu finden. Die alte Eithné und die junge Weihe haben eine tüchtige Auslese getroffen. Und da wagen sie zu behaupten, wir, die Menschen, hätten die Provokation erfunden. Es sei denn...«
    »Ä-häm?«, begann Ori Reuven zu krächzen, verwundert über den abgebrochenen Satz und das lange Schweigen seines Chefs.
    »Es sei denn, sie haben schließlich begonnen, von uns zu lernen«, schloss der Spion kalt und schaute auf die Denunziationen, Verhörprotokolle und Todesurteile.
     
    Als sie nirgends Schweiß sah, wurde Milva allmählich unruhig. Plötzlich fiel ihr ein, dass der Bock im Augenblick des Schusses einen Schritt gemacht hatte. Oder machen wollte, das kam auf dasselbe heraus. Er hatte sich bewegt, und der Pfeil konnte in den Bauch gegangen sein. Milva fluchte. Ein Schuss in den Bauch, Schimpf und Schande für den Jäger! Pech! Toi-toi-toi!
    Rasch lief sie zum Hang des Talkessels, schaute sich aufmerksam zwischen den Brombeeren, Moosen und Farnen um. Sie suchte den Pfeil. Mit einer Spitze versehen, deren vier Schneiden derart scharf geschliffen waren, dass man die Haare am Unterarm damit abrasieren konnte, musste der Pfeil bei einem Schuss aus fünfzig Schritt Entfernung den Bock glatt durchschlagen haben.
    Schließlich sah sie ihn, hob ihn auf und atmete erleichtert auf, spuckte dreimal aus. Sie hatte sich umsonst Sorgen gemacht, es war sogar besser als angenommen. An dem Pfeil klebte kein schmieriger und übel riechender Mageninhalt. Es gab auch keine Spuren von hellem, schaumigem rosa Lungenblut. Der Schaft war zur Gänze mit einem dunklen, kräftigen Rot überzogen. Die Pfeilspitze hatte das Herz durchbohrt. Milva brauchte sich nicht anzuschleichen, es erwartete sie kein langer Fußmarsch auf der Fährte. Der Bock lag zweifellos tot im Unterholz, höchstens hundert Schritt von der Lichtung entfernt, an einer Stelle, die ihr der Schweiß verraten würde. Und ein ins Herz getroffener Bock musste nach ein paar Sprüngen Schweiß verlieren, sie wusste also, dass sie die Fährte leicht finden würde.
    Nach zehn Schritten fand sie sie, folgte ihr und gab sich abermals ihren Gedanken und Erinnerungen hin.
     
    Sie hielt das Versprechen, das sie dem Hexer gegeben hatte. In den Brokilon war sie sogar noch früher als versprochen zurückgekehrt, fünf Tage nach dem Erntefest, fünf Tage nach dem Neumond, mit dem bei den Menschen der Monat August beginnt und bei den Elfen Lammas, der siebte, vorletzte savaed des Jahres.
    Sie durchquerte das Bandwasser bei Tagesanbruch, zusammen mit fünf Elfen. Das Kommando, das sie führte, hatte anfangs neun Reiter gezählt, doch die Söldner aus Brugge waren ihnen die ganze Zeit auf den Fersen gewesen, drei Tagesmärsche vom Bandwasser entfernt hatten sie sie eingeholt und waren erst am Bandwasser zurückgeblieben, als im morgendlichen Dunst vom rechten Ufer der Brokilon winkte. Das hatte die Elfen gerettet. Sie hatten das andere Ufer erreicht. Entkräftet, verwundet. Und nicht alle.
    Sie hatte Nachrichten für den Hexer, doch sie war überzeugt, er befinde sich noch immer in Col Serrai. Sie gedachte erst gegen Mittag zu ihm zu gehen, nachdem sie sich ordentlich ausgeschlafen hatte. Sie staunte, als er plötzlich wie ein Geist aus dem Nebel hervortrat. Wortlos setzte er sich neben sie, schaute zu, wie sie sich ein Lager bereitete, die Decke über den Haufen von Zweigen legte.
    »Du hast es vielleicht eilig«, sagte sie vorwurfsvoll. »Hexer, ich kann mich kaum auf den Beinen halten. Tag und Nacht im Sattel, ich spür meinen Hintern nicht mehr, und ich bin durchgeweicht bis auf die Knochen, weil wir uns vor Tagesanbruch wie die Wölfe zwischen den Wasserweiden durchgeschlagen haben...«
    »Ich bitte dich. Hast du etwas erfahren?«
    »Hab ich«, fauchte sie, während sie die durchnässten, widerspenstigen Stiefel aufschnürte und auszog. »Ohne große Mühe, weil alle Welt davon spricht. Dass dein Fräulein so ein großes Tier ist, hast du mir nicht gesagt! Ich dachte, deine Stieftochter, irgend so ein armes Mädchen, eine Waise, der das Schicksal nicht gnädig war. Und siehe da: eine Prinzessin von Cintra! Ha!

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