Feuertaufe
der Kommandant von dieser Mitteilung außerordentlich erregt.
Obiges übermittle ich Ew. Gnaden dem Herrn Grafen mit streng geheimem Kurier. Das genaue Verhörprotokoll werde ich gleichfalls senden, sobald der Schreiber es ins Reine geschrieben hat. Ich bitte Ew. Gnaden den Herrn Grafen untertänigst um Instruktionen, was mit dem Verbrecher Nazarian geschehen soll. Ob er ausgepeitscht werden soll, damit er sich an weitere Einzelheiten erinnert, oder ob er ordnungsgemäß gehängt werden soll.
Mit ergebenster Hochachtung etc., etc.
Vascoigne unterschrieb schwungvoll den Rapport, siegelte ihn und rief den Boten.
Der Inhalt des Rapports war Dijkstra am Abend desselben Tages bekannt. Philippa Eilhart erfuhr ihn am Mittag des folgenden Tages.
Als das Pferd mit dem Hexer und Rittersporn zwischen den Erlen am Ufer auftauchte, waren Milva und Cahir schon sehr nervös. Zuvor schon hatten sie Schlachtenlärm gehört, das Wasser der Ina trug den Schall über große Entfernungen.
Als sie half, den Dichter vom Sattel zu ziehen, sah Milva, wie Geralt beim Anblick des Nilfgaarders erstarrte. Sie konnte kein Wort sagen, der Hexer übrigens auch nicht, denn Rittersporn stöhnte verzweifelt auf und rutschte ihnen durch die Hände. Sie legten ihn auf den Sand, unter den Kopf einen zusammengerollten Mantel. Milva war schon im Begriff, den blutdurchtränkten provisorischen Verband zu wechseln, als sie an der Schulter eine Hand verspürte und den bekannten Geruch von Wermut, Anis und anderen Kräutern wahrnahm. Regis war, wie es seiner Gewohnheit entsprach, aufgetaucht, ohne dass jemand wusste, wann, wie und woher.
»Erlaube«, sagte er und holte aus seinem unergründlichen Tornister medizinische Utensilien und Instrumente. »Ich befasse mich damit.«
Als der Barbier den Verband von der Wunde riss, stöhnte Rittersporn vor Schmerz auf.
»Ruhig«, sagte Regis, während er die Wunde auswusch. »Es ist nichts. Ein bisschen Blut. Nur ein bisschen Blut... Dein Blut riecht gut, Dichter.«
Und just in diesem Augenblick verhielt sich der Hexer auf eine Art und Weise, die Milva nicht hatte erwarten können. Er ging zu dem Pferd und zog aus der unter den Sattelfendern befestigten Scheide das lange Nilfgaarder Schwert. »Geh von ihm weg«, knurrte er und stellte sich vor den Barbier.
»Dein Blut riecht gut«, wiederholte Regis, ohne den Hexer im mindesten zu beachten. »Ich rieche darin keine Infektion, die bei einer Kopfverletzung fatale Folgen haben könnte. Arterie und Vene sind nicht beschädigt... Jetzt werde ich die Wunde nähen.«
Rittersporn stöhnte, holte krampfhaft Luft. Das Schwert in der Hand des Hexers zitterte, glänzte im Licht, das vom Fluss zurückgeworfen wurde.
»Ich werde ein paar Nähte anlegen«, sagte Regis, der nach wie vor weder den Hexer noch dessen Schwert beachtete. »Sei tapfer, Rittersporn.«
Rittersporn war tapfer.
»Gleich bin ich fertig.« Regis begann mit dem Verbinden. »Bis zur Hochzeit, trivial gesagt, ist es wieder heil. Für einen Dichter genau die richtige Wunde. Du wirst wie ein Kriegsheld daherschreiten, mit einem stolzen Kopfverband, und die Herzen der Fräuleins, die dich sehen, werden wie Wachs schmelzen. Ja, wahrlich eine poetische Wunde. Nicht zu vergleichen mit einem Bauchschuss. Eine gerissene Leber, zerfetzte Nieren und Därme, herausquellender Inhalt und Kot, Entzündung der Bauchhöhle ... So, fertig. Geralt, jetzt stehe ich dir zur Verfügung.«
Er stand auf, und da setzte ihm der Hexer das Schwert auf die Gurgel. Mit einer derart schnellen Bewegung, dass sie dem Blick entging.
»Zurück«, knurrte er Milva zu. Regis zuckte nicht einmal, obwohl die Schwertspitze sanft gegen seinen Hals drückte. Die Bogenschützin hielt den Atem an, als sie sah, wie die Augen des Barbiers in der Finsternis in sonderbarem, katzenhaftem Licht aufflammten.
»Na, weiter«, sagte Regis ruhig. »Stoß zu.«
»Geralt«, ächzte vom Boden her Rittersporn, völlig bei Bewusstsein. »Hast du vollends den Verstand verloren? Er hat uns unter dem Galgen weg gerettet... Mir den Kopf versorgt...«
»Er hat in dem Lager das Mädchen und uns gerettet«, erinnerte ihn Milva.
»Schweigt. Ihr wisst nicht, wer er ist.«
Der Barbier regte sich nicht. Milva aber bemerkte plötzlich voller Entsetzen, was sie längst hätte bemerken müssen.
Regis warf keinen Schatten.
»In der Tat«, sagte er langsam. »Ihr wisst nicht, wer ich bin. Aber es ist an der Zeit, dass ihr es erfahrt. Ich heiße Emiel Regis
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