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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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hatte. Geralt wich dem Hieb mühelos aus, packte den im Sattel heruntergebeugten Nilfgaarder am Mantel, die Finger der anderen Hand krallte er in den breiten Gürtel. Mit einem scharfen Ruck zog er den Reiter vom Pferd, ließ sich auf ihn fallen, presste ihn zu Boden. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er keinerlei Waffen hatte. Er packte den Herabgerissenen bei der Gurgel, konnte ihn jedoch nicht erwürgen, ihn hinderte die eiserne Halsberge. Der Nilfgaarder wand sich, hieb mit dem Panzerhandschuh nach ihm, schlug ihm die Wange auf. Der Hexer drückte ihn mit seinem ganzen Gewicht zu Boden, ertastete an dem breiten Gürtel den Misericorde, riss ihn aus der Scheide. Der am Boden Liegende spürte es und heulte auf. Geralt stieß also die auf ihn einhämmernde Hand mit dem silbernen Skorpion am Ärmel beiseite, hob das Stilett zum Stoß. Der Nilfgaarder schrie auf.
    Der Hexer stieß ihm den Misericorde in den offenen Mund. Bis zum Heft.
    Als er aufsprang, erblickte er Pferde ohne Reiter, Leichen und eine kleine Abteilung, die sich zu der Schlacht hin entfernte. Cintrier aus dem Lager hatten die Nilfgaarder Verfolger niedergemacht, den Dichter aber und die am Boden Kämpfenden hatten sie in der Finsternis zwischen den niedrigen Kiefern überhaupt nicht bemerkt.
    »Rittersporn! Wo hat es dich erwischt? Wo ist der Pfeil?«
    »Im Ko... Kopf... In den Kopf gedrungen ...«
    »Red keine Dummheiten! Verdammt, du hattest Glück... Er hat dich nur gestreift...«
    »Ich blute ...«
    Geralt zog seine Jacke aus und riss einen Hemdärmel ab. Die Pfeilspitze hatte Rittersporn überm Ohr gestreift und einen hässlichen, bis zur Schläfe reichenden Schnitt hinterlassen. Der Dichter presste alle naselang die zitternden Hände auf die Wunde, worauf er das Blut betrachtete, das ihm reichlich über Handflächen und Manschetten gelaufen war. Sein Blick war unstet. Der Hexer begriff, dass er jemanden vor sich hatte, dem zum ersten Mal im Leben Schmerz und eine Wunde zugefügt worden waren. Der zum ersten Mal im Leben das eigene Blut in solcher Menge sah.
    »Steh auf«, sagte er, während er schnell und ohne besondere Sorgfalt den Ärmel um den Kopf des Troubadours wickelte. »Das ist nichts, Rittersporn, es ist nur ein Kratzer... Steh auf, wir müssen von hier verschwinden...«
    Die nächtliche Schlacht in der Ebene tobte weiter, das Klirren von Eisen, das Wiehern der Pferde und das Geschrei nahmen zu. Geralt griff sich rasch zwei Nilfgaarder Pferde, doch gebraucht wurde nur eins. Rittersporn schaffte es, aufzustehen, ließ sich aber sofort wieder schwer zu Boden sinken, begann zu stöhnen und herzzerreißend zu schluchzen. Der Hexer zog ihn hoch, brachte ihn mit Schütteln wieder zu Bewusstsein, packte ihn in den Sattel. Er selbst setzte sich hinter ihn und trieb das Pferd an. Nach Osten, dorthin, wo oberhalb des am Himmel schon sichtbaren blassblauen Streifens der Dämmerung der hellste Stern im Sternbild der Sieben Ziegen stand.
     
    »Es wird bald hell«, sagte Milva und schaute dabei nicht zum Himmel, sondern auf die glänzende Wasserfläche des Flusses. »Die Welse sind heftig hinter den Weißfischen her. Aber vom Hexer und von Rittersporn ist weder was zu sehen noch zu hören. Och, hoffentlich hat Regis die Sache nicht vermasselt ...«
    »Beschrei es nicht«, murmelte Cahir, der gerade das Zaumzeug des wiedergefundenen kastanienbraunen Hengstes richtete.
    »Toi-toi-toi... Ist doch aber so ... Wenn einer mit dieser Ciri von euch zu tun kriegt, das ist, als ob der den Kopf unters Henkerbeil legt... Unglück bringt dieses Mädchen ... Unglück und Tod.«
    »Spuck aus, Milva.«
    »Toi-toi-toi, unberufen. Eine Kälte ist das, ich zittre ja schon... Und trinken würd ich gern, aber im Fluss hab ich am Ufer wieder eine faulige Leiche gesehn... Brrr... Mir ist übel... Werd wohl reihern müssen...«
    »Da.« Cahir hielt ihr eine Feldflasche hin. »Trink. Und setz dich näher zu mir, ich wärme dich.«
    Wieder stieß ein Wels im flachen Wasser in einen Schwärm Ukeleien, die Fische stoben an der Oberfläche wie silbriger Hagel auseinander. Durch einen Mondlichtstreifen huschte eine Fledermaus oder ein Ziegenmelker.
    »Wer kann wissen«, murmelte Milva nachdenklich, an Cahirs Schulter geschmiegt, »was morgen wird? Wer geht über diesen Fluss, und wer beißt ins Gras?«
    »Es wird, was werden muss. Verjag diese Gedanken.«
    »Hast du keine Angst?«
    »Hab ich. Und du?«
    »Mir ist schlecht.«
    Sie schwiegen lange.
    »Sag mir, Cahir, wann hast

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