Feuertaufe
staubbedeckt, hielten sich aber keck in den Sätteln, antworteten bereitwillig auf die Grüße der Kumpel und Bekannten, die in Loredo zu Gast waren. Nachdem sie abgestiegen waren und Bier getrunken hatten, nahmen sie sofort lärmende Verhandlungen mit Kaufleuten und Hehlern auf. Alle außer Mistle und der Neuen, Aschblonden, die das Schwert auf dem Rücken trug. Die beiden gingen zu den Buden, die wie üblich auf dem Marktplatz standen. Loredo hatte seine Markttage, dann war das für zugereiste Banditen berechnete Warenangebot besonders reichhaltig und vielfältig. Heute war gerade solch ein Tag.
Servadio folgte den jungen Frauen vorsichtig. Um etwas zu verdienen, musste er denunzieren, um denunzieren zu können, musste er lauschen.
Die Mädchen schauten sich bunte Tücher an, Schmucksteine, bestickte Blusen, Schabracken, verzierte Kopfhauben für die Pferde. Sie nahmen diese und jene Ware in die Hand, kauften aber nichts. Mistle hielt fast die ganze Zeit eine Hand auf der Schulter der Aschblonden.
Der Spitzel schob sich vorsichtig näher, tat so, als betrachte er Riemen und Gürtel am Stand eines Sattlers. Die Mädchen unterhielten sich, aber leise, so dass er nichts verstand, näher heran wagte er sich jedoch nicht. Sie konnten ihn bemerken, Verdacht schöpfen.
In einem der Kramläden wurde Zuckerwatte verkauft. Die Mädchen gingen hin. Mistle kaufte zwei von der schneeigen Süßigkeit umhüllte Stäbchen, eins reichte sie der Aschblonden. Die biss behutsam ein Stück ab. Eine weiße Flocke blieb ihr an der Wange kleben. Mistle wischte sie mit einer vorsichtigen, sorgsamen Bewegung ab. Die Aschblonde machte die smaragdgrünen Augen weit auf, leckte sich langsam die Lippen, lächelte, den Kopf schelmisch geneigt. Servadio verspürte einen Schauder, ein Rinnsal von Kälte, das vom Halse zwischen die Schulterblätter lief. Er erinnerte sich an die Gerüchte, die über die beiden Banditinnen im Umlauf waren.
Er schickte sich an, unauffällig wegzugehen; es war klar, dass er nichts belauschen oder ausspionieren würde. Die Mädchen sprachen von nichts Wichtigem, doch nahebei, wo sich der Großteil der Räuberbande versammelt hatte, zankten sich Giselher, Kayleigh und die anderen lautstark, feilschten, schrien, hielten alle naselang die Humpen unter den Spund des Fasses. Bei ihnen hatte Servadio größere Chancen, etwas zu erfahren. Wenn es ihm gelänge, sie zu belauschen und die Nachricht rechtzeitig an die Soldaten des Präfekten weiterzugeben oder an die Agenten aus Nilfgaard, die sich lebhaft für die Ratten interessierten, hatte er die Belohnung praktisch schon in der Tasche. Wenn es jedoch dem Präfekten gelänge, aufgrund seiner Information mit Erfolg einen Hinterhalt zu legen, konnte Servadio mit einem wirklich erheblichen Zustrom von Bargeld rechnen. Dem Weib einen Pelz kaufen, dachte er fieberhaft. Den Kindern endlich Lederschuhe und irgendwelches Spielzeug... Und mir selbst...
Die Mädchen spazierten die Stände entlang, leckten und bissen die Zuckerwatte von den Stäbchen. Serviado bemerkte plötzlich, dass sie beobachtet wurden. Und dass man mit Fingern auf sie zeigte. Er kannte diejenigen, die da zeigten - Gauner und Pferdediebe aus der Bande von Pinta, genannt Schwanzausreißer.
Die Gauner wechselten ein paar herausfordernd laute Bemerkungen, lachten brüllend. Mistle kniff die Augen zusammen, legte der Aschblonden die Hand auf die Schulter.
»Turteltäubchen!«, prustete einer von den Gaunern Schwanzausreißers, ein Lulatsch mit einem Schnurrbart, der aussah wie Wergwische. »Seht doch, gleich werden sie miteinander schnäbeln!«
Servadio sah, wie die Aschblonde zuckte, sah, wie Mistle die Finger um ihre Schulter krallte. Die Gauner wieherten im Chor. Mistle drehte sich langsam um, ein paar hörten sofort auf zu lachen. Aber der mit dem Schnurrbart wie Werg war entweder zu betrunken, oder ihm ging jede Spur von Vorstellungskraft ab.
»Braucht vielleicht eine von euch 'nen Kerl?« Er kam näher, machte dabei widerliche und eindeutige Gesten. »Ich denk, solche wie euch muss man mal richtig durchficken, und im Handumdrehn ist die Perversion weg! Heda! Mit dir red ich, du...«
Es gelang ihm nicht, sie zu berühren. Die Aschblonde wirbelte wie eine angreifende Schlange herum, das Schwert blitzte auf und traf, noch ehe die losgelassene Zuckerwatte zu Boden gefallen war. Der Schnurrbärtige wankte, begann zu kollern wie ein Truthahn, aus dem aufgeschlitzten Hals schoss das Blut in langem Strahl. Das
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