Feuertaufe
Irgendwie hat es sich so ergeben.«
»Irgendwie hat es sich so ergeben«, wiederholte Geralt und lächelte ein wenig. »Du bist ein unverbesserlicher Altruist, Zoltan Chivay.«
»Jeder hat seine Schwächen. Du bist ja immer noch dabei, deinem Mädchen zu Hilfe zu eilen.«
»Immer noch. Obwohl sich die Lage kompliziert hat.«
»Wegen des Nilfgaarders, der dir früher nachgeritten ist und sich jetzt der Gesellschaft angeschlossen hat?«
»Zum Teil. Zoltan, woher kommen diese Flüchtlinge? Vor wem sind sie geflohen? Vor Nilfgaard oder den Eichhörnchen?«
»Schwer zu sagen. Die Kinder wissen einen Dreck, die Weiber sind irgendwie wortkarg und halten sich abseits, wer weiß warum. Man flucht oder furzt, und schon werden sie rot wie Runkelrüben... Egal. Aber wir haben andere Flüchtlinge getroffen, Holzfäller, von denen wissen wir, dass hier Nilfgaard sein Unwesen treibt. Unsere alten Bekannten anscheinend, der Beritt, der von Westen her gekommen ist, über die Ina hinweg. Aber es scheint auch Einheiten zu geben, die von Süden kommen. Über die Jaruga.«
»Und mit wem kämpfen sie?«
»Das ist ein Rätsel. Die Holzfäller haben von einer Armee gesprochen, die von irgendeiner Weißen Königin angeführt wird. Diese Königin schlägt die Schwarzen. Sie soll mit ihren Truppen sogar aufs andere Ufer der Jaruga vordringen, Schwert und Feuer in die kaiserlichen Ländereien tragen.«
»Welche Armee könnte das sein?«
»Ich habe keine Vorstellung.« Zoltan kratzte sich am Ohr. »Weißt du, jeden Tag wühlen irgendwelche Bewaffneten diese Waldwege mit den Hufen ihrer Pferde auf, aber wir fragen nicht, wer sie sind. Wir verstecken uns im Gebüsch...«
Das Gespräch wurde von Regis unterbrochen, der sich an der verbrannten Hand des Mädchens zu schaffen machte. »Der Verband muss täglich gewechselt werden«, sagte er zu dem Zwerg. »Ich lasse euch Salbe da und Tüll, der nicht an der Wunde festklebt.«
»Danke, Barbier.«
»Ihre Hand wird heilen«, sagte der Vampir, den Blick auf den Hexer gerichtet. »Mit der Zeit wird sogar die Narbe von der jungen Haut verschwinden. Schlimmer ist, was im Kopfe dieser Unglücklichen vor sich geht. Da sind meine Salben machtlos.«
Geralt schwieg.
Regis wischte sich die Hände an einem Lappen ab. »Fatum oder Fluch«, sagte er halblaut. »Im Blut eine Krankheit spüren zu können, das ganze Wesen der Krankheit, aber nicht heilen zu können...«
»Tja«, seufzte Zoltan. »Die Haut flicken ist eins, aber wenn der Verstand gelitten hat, hilft nichts. Nur aufpassen und sich um sie kümmern... Ich danke dir für die Hilfe, Barbier. Wie ich sehe, hast du dich auch dem Hexer angeschlossen?«
»Irgendwie hat es sich so ergeben.«
»Hmm.« Zoltan strich sich über den Bart. »Und wo gedenkt ihr nun Ciri zu suchen?«
»Wir gehen nach Osten, auf den Caed Dhu, zu dem Druidenkreis. Wir hoffen auf die Hilfe der Druiden...«
»Nirgends Hilfe«, ließ sich mit volltönender, metallischer Stimme das Mädchen vernehmen, das mit bandagierter Hand bei einem Holzstapel saß. »Nirgends Hilfe. Nur Blut. Und die Feuertaufe. Das Feuer reinigt, aber es tötet auch.«
Regis packte den verblüfften Zoltan heftig am Arm, hieß ihn mit einer Geste schweigen. Geralt, der wusste, dass es sich um eine hypnotische Trance handelte, schwieg und regte sich nicht.
»Wer Blut vergossen hat und Blut getrunken hat«, sagte das Mädchen, ohne den Kopf zu heben, »wird mit Blut bezahlen. Keine drei Tage vergehen, dann wird eins im anderen sterben, und dann stirbt etwas in jedem. Langsam werden sie sterben, Stück um Stück... Und wenn am Ende die eisernen Stiefel durchgelaufen sind und die Tränen trocknen, dann stirbt das wenige, was bleibt. Es stirbt sogar das, was niemals stirbt.«
»Sprich«, sagte Regis leise und sanft. »Sag, was du siehst.«
»Nebel. Einen Turm im Nebel. Es ist der Schwalbenturm ... Auf einem See, den Eis bedeckt.«
»Was siehst du noch?«
»Nebel.«
»Was fühlst du?«
»Schmerz...«
Die nächste Frage konnte Regis nicht mehr stellen. Das Mädchen ruckte mit dem Kopf, schrie wild auf, begann zu wimmern. Als sie den Blick hob, war in ihren Augen nichts als Nebel.
Zoltan, erinnerte sich Geralt, während er noch immer mit den Fingern über die mit Runen bedeckte Klinge fuhr, gewann nach diesem Ereignis Respekt vor Regis und verzichtete auf den familiären Ton, in dem er den Barbier immer angesprochen hatte. Auf Regis' Bitte hin sagten sie den anderen nichts von dem wunderlichen
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