Feuertaufe
Maschen benutzten. Ethain klappte die Kinnlade herunter, die Typen mit den Mistelkränzen aber erklärten, diese weitmaschigen Netze seien die einzige Möglichkeit, die Fischbestände vor der Erschöpfung zu bewahren. Der König führte sie auf die Terrasse, zeigte aufs Meer und erzählte, dass der kühnste von seinen Seeleuten einmal zwei Monate lang nach Westen gesegelt sei und dann kehrtgemacht habe, weil an Bord das Süßwasser zur Neige ging, von Land aber war am Horizont keine Spur zu sehen. Könnten sie, die Druiden, sich vorstellen, fragte er, dass die Fischbestände eines solchen Meeres zu erschöpfen seien? Gewiss doch, bestätigten die Mistelträger, zwar werde sicherlich der Fischfang auf dem Meer am längsten als Methode Bestand haben, sich direkt von der Natur zu ernähren, doch es werde die Zeit kommen, da Fische knapp und die Menschen dem Hunger ins Auge blicken würden. Daher müsse man unbedingt Netze mit größeren Maschen verwenden, ausgewachsene Fische fangen und den Nachwuchs schonen. Ethain erkundigte sich, wann denn nach Ansicht der Druiden jene schreckliche Hungerszeit anbrechen würde, da sagten sie, das werde nach ihren Prognosen in zweitausend Jahren sein. Der König verabschiedete sie höflich und bat sie, sie möchten doch so ungefähr in tausend Jahren wieder einmal vorbeischauen, dann werde er es sich überlegen. Die mit den Misteln verstanden den Witz nicht und begannen sich zu versteifen, also wurden sie vors Tor geworfen.«
»So sind sie nun mal, die Druiden«, bestätigte Cahir. »Bei uns in Nilfgaard ...«
»Da haben wir's!«, rief Rittersporn triumphierend. »Bei uns in Nilfgaard! Erst gestern bist du, als ich dich einen Nilfgaarder genannt habe, aufgesprungen wie von einer Bremse gestochen! Du solltest dich vielleicht endlich entscheiden, Cahir, was du bist.«
»Für euch«, sagte Cahir schulterzuckend, »muss ich ein Nilfgaarder sein, euch kann, wie ich sehe, nichts umstimmen. Aber um der Genauigkeit willen sollt ihr wissen, dass diese Bezeichnung im Kaiserreich nur den eingesessenen Bewohnern der Hauptstadt und der nächsten Umgebung zukommt, die an der unteren Alba liegt. Mein Geschlecht stammt aus Vicovaro, und darum...«
»Mund halten!«, kommandierte die voranreitende Milva abrupt und nicht besonders höflich. Alle verstummten sofort und zügelten die Pferde, sie hatten schon gelernt, dass es bedeutete, dass die junge Frau etwas sah, hörte oder instinktiv erahnte, das man essen könnte, wenn sie sich ihm nähern und einen Pfeil ins Ziel bringen konnte. Milva machte tatsächlich den Bogen bereit, stieg aber nicht vom Pferd. Also ging es nicht um Jagd. Geralt näherte sich vorsichtig.
»Rauch«, sagte sie kurz.
»Ich sehe keinen.«
»Du musst Luft durch die Nase ziehen.«
Ihre Witterung hatte die Bogenschützin nicht getrogen, obwohl der Rauchgeruch sehr schwach war. Es konnte auch kein Rauch von einem Waldbrand oder einem brennenden Haus sein. Dieser Rauch, stellte Geralt fest, roch angenehm. Er kam von einem Feuer, über dem etwas gebraten wurde.
»Umgehen wir's?«, fragte Milva halblaut.
»Aber erst, nachdem ich einen Blick darauf geworfen habe«, antwortete er, stieg ab und reichte Rittersporn die Zügel der Stute. »Es kann nicht schaden, zu wissen, was wir umgangen haben. Und wen wir im Rücken haben. Komm mit. Die Übrigen sollen im Sattel bleiben. Seid wachsam.«
Vom Gebüsch am Waldrand aus öffnete sich der Blick auf einen ausgedehnten Kahlschlag, auf zu regelmäßigen Stapeln geschichtete Baumstämme. Die dünne Rauchfahne stieg just zwischen den Stapeln hervor. Geralt beruhigte sich etwas - in Sichtweite bewegte sich nichts, zwischen den Stapeln aber war zu wenig Platz, als dass sich dort eine größere Gruppe hätte verbergen können. Milva bemerkte das auch.
»Sie haben keine Pferde«, flüsterte sie. »Das ist kein Militär. Holzfäller, denk ich.«
»Ich auch. Aber ich gehe mich vergewissern. Gib mir Deckung.«
Als er sich vorsichtig zwischen den Holzstapeln näher heranschlich, vernahm er Stimmen. Er ging näher. Und wunderte sich sehr. Doch sein Gehör hatte ihn nicht getrogen.
»Halber Fladen in Kullern!«
»Kleiner Haufen in Eicheln!«
»Schlagwetter!«
»Passe. Du kommst! Hosen runter. Ach, dass doch gleich...«
»Ha-ha-ha! Bloß ein Unter mit Weibchen! Beim Mausen erwischt! Eher kackst du dir auf die Waden, als dass du einen kleinen Haufen machst!«
»Das werden wir noch sehen. Ich lege den Unter. Was, er nimmt ihn? Och, Yazon, du
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