Feuertaufe
schaltete sich plötzlich Milva ins Gespräch ein, die seit längerem mürrisch geschwiegen hatte, »hat es von klein auf geärgert, wenn sie mich Rieke, Ria oder Mariechen nannten. Wenn jemand so einen Namen hört, denkt er gleich, er darf mir auf den Hintern hauen.«
Es dunkelte. Die Kraniche waren fortgeflogen, ihr Ruf verklang in der Ferne. Der Wind, der von den Höhen her wehte, legte sich. Der Hexer steckte den Sihill in die Scheide.
Das war heute Morgen gewesen. Heute Morgen. Doch am Nachmittag hatte das Ungemach begonnen.
Wir hätten früher etwas ahnen können. Aber wer von uns außer Regis kannte sich in derlei Dingen aus ? Freilich, alle hatten bemerkt, dass Milva sich im Morgengrauen oft übergeben musste. Aber wir hatten des öfteren Zeug gegessen, von dem sich allen der Magen umdrehte. Rittersporn hatte sich auch ein-, zweimal erbrochen, und Cahir hatte so eine Scheißerei, dass er fürchtete, er habe sich die Ruhr eingefangen. Aber dass das Mädchen alle naselang absaß und ins Gebüsch ging, habe ich für eine Blasenentzündung gehalten.
Ich war ein Blödian.
Regis scheint die Wahrheit geahnt zu haben. Doch er schwieg. Er schwieg, bis er nicht mehr schweigen konnte. Als wir zum Nachtlager in einer verlassenen Holzfällerhütte haltmachten, zog ihn Milva in den Wald, redete ziemlich lange mit ihm und manchmal auch ziemlich laut. Der Vampir kehrte allein aus dem Wald zurück. Er kochte und mischte irgendwelche Kräuter, dann rief er uns plötzlich alle in die Hütte. Er begann auf Umwegen, in seinem nervtötenden lehrhaften Ton.
»Ich wende mich an alle«, wiederholte Regis. »Wir sind schließlich eine Mannschaft und füreinander verantwortlich. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass höchstwahrscheinlich derjenige nicht unter uns ist, der die größte Verantwortung trägt. Die unmittelbare, wenn ich mich so ausdrücken darf.«
»Drück dich deutlicher aus, zum Kuckuck«, sagte Rittersporn entnervt. »Mannschaft, Verantwortung... Was ist mit Milva? Welche Krankheit hat sie?«
»Das ist keine Krankheit«, sagte Cahir leise.
»Zumindest nicht im genauesten Sinne des Wortes«, bestätigte Regis. »Das Mädchen ist schwanger.«
Cahir bedeutete mit einem Nicken, dass er es geahnt hatte. Rittersporn hingegen war baff. Geralt biss sich auf die Lippe. »Welcher Monat?«
»Sie hat sich geweigert, und zwar in ziemlich unhöflichem Ton, mir irgendein Datum zu nennen, darunter auch das Datum der letzten Monatsblutung. Aber ich kenne mich aus. Es müsste die zehnte Woche sein.«
»Also schenk dir die pathetischen Hinweise auf die unmittelbare Veranwortlichkeit«, sagte Geralt mürrisch. »Es war keiner von uns. Wenn du diesbezüglich irgendwelche Zweifel hattest, dann zerstreue ich sie hiermit. Aber du hattest unbedingt recht, als du von der kollektiven Verantwortung gesprochen hast. Sie ist jetzt bei uns. Auf einmal sind wir alle in die Rolle von Ehemännern und Vätern aufgerückt. Wir hören gespannt, was der Mediziner sagt.«
»Ordentliche, regelmäßige Nahrung«, begann Regis aufzuzählen. »Keinerlei Stress. Gesunder Schlaf. Und in absehbarer Zeit Schluss mit dem Reiten.«
Alle schwiegen lange.
»Wir haben verstanden«, sagte schließlich Rittersporn. »Wir haben ein Problem, meine Herren Ehemänner und Väter.«
»Ein größeres, als ihr glaubt«, sagte der Vampir. »Oder ein kleineres. Das hängt vom Standpunkt ab.«
»Ich verstehe nicht.«
»Solltest du aber«, murmelte Cahir.
»Sie hat verlangt«, fuhr Regis nach kurzer Pause fort, »dass ich ein gewisses stark und radikal wirkendes ... Medikament zubereite und ihr gebe. Sie hält das für ein geeignetes Mittel gegen die Probleme. Sie ist entschlossen.«
»Hast du es ihr gegeben?«
Regis lächelte. »Ohne mich mit den anderen Vätern zu verständigen?«
»Das Mittel, das sie verlangt«, ließ sich Cahir leise vernehmen, »ist kein wundersames Allheilmittel. Ich habe drei Schwestern, ich weiß, wovon ich rede. Sie scheint zu denken, dass sie abends den Absud trinkt, und am Morgen darauf reitet sie mit uns weiter. Nichts dergleichen. An die zehn Tage lang kann sie nicht einmal davon träumen, sich auf ein Pferd zu setzen. Ehe du ihr dieses Mittel gibst, Regis, musst du ihr das sagen. Und geben können wir ihr das Medikament erst, wenn wir ein Bett für sie gefunden haben. Ein sauberes Bett.«
»Verstanden.« Regis nickte. »Eine Stimme dafür. Und du, Geralt?«
»Was - ich?«
»Meine Herren« - der Vampir ließ den Blick
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