Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
Zwischenfall. Der Hexer machte sich deswegen keine besonderen Sorgen. Er hatte schon derlei Trancezustände gesehen und neigte zu der Ansicht, dass die Reden der Hypnotisierten keine Weissagungen seien, sondern die aufgefangenen Gedanken und unterbewussten Suggestionen des Hypnotiseurs wiedergaben. Diesmal freilich war es keine Hypnose gewesen, sondern ein Vampirbann, und Geralt fragte sich ein wenig, was das verzauberte Mädchen wohl noch aus Regis' Gedanken zutage gefördert hätte, wenn die Trance länger gedauert hätte.
    Einen halben Tag lang waren sie zusammen mit den Zwergen und deren Schützlingen weitergewandert. Dann hatte Zoltan Chivay den Zug angehalten und den Hexer beiseite genommen.
     
    »Wir müssen uns trennen«, teilte er kurz mit. »Wir, Geralt, haben eine Entscheidung getroffen. Im Norden sind schon die blauen Gipfel von Mahakam zu sehen, und dieses Tal hier führt geradewegs in die Berge. Genug Abenteuer. Wir kehren zu unseren Leuten zurück. Zum Berg Carbon.«
    »Ich verstehe.«
    »Schön, dass du es verstehen willst. Ich wünsche dir Glück, dir und deinen Gefährten. Sonderbaren Gefährten, wage ich anzumerken.«
    »Sie wollen mir helfen«, sagte der Hexer leise. »Für mich ist das etwas Neues. Darum habe ich beschlossen, nicht nach ihren Motiven zu forschen.«
    »Klug.« Zoltan nahm seinen Zwergen-Sihill in der mit Katzenfellen umwickelten Lackscheide vom Rücken. »Da, nimm. Ehe sich unsere Wege trennen.«
    »Zoltan...«
    »Red nicht, nimm ihn einfach. Wir werden diesen Krieg in den Bergen aussitzen, da brauchen wir das Ding nicht. Aber es wird angenehm sein, hin und wieder beim Bier daran zu denken, dass der in Mahakam geschmiedete Sihill in guten Händen ist und einer guten Sache dient. Dass er sich keine Schande macht. Und du, wenn du mit dieser Klinge diejenigen niedermachst, die deiner Ciri Leid zugefügt haben, dann erschlag wenigstens einen auch für Caleb Stratton. Und denke an Zoltan Chivay und die Zwergenschmiede.«
    »Da kannst du sicher sein.« Geralt nahm das Schwert, hängte es sich über den Rücken. »Du kannst sicher sein, dass ich an dich denken werde. Auf dieser lausigen Welt, Zoltan Chivay, prägen sich einem Güte, Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit tief ein.«
    »Ja doch.« Der Zwerg kniff die Augen zusammen. »Darum werde ich auch weder dich und die Marodeure in der Waldsiedlung vergessen noch Regis und das Hufeisen in der Glut. Was jedoch in dieser Hinsicht die Gegenseitigkeit betrifft...« Er verstummte, hustete, räusperte sich, spuckte aus. »Wir, Geralt, haben bei Dillingen einen Kaufmann ausgeraubt. Einen reichen Kerl, der sich am Havekar-Handel eine goldene Nase verdient hatte. Als er Gold und Juwelen auf einen Wagen lud und aus der Stadt floh, haben wir ihm einen Hinterhalt gelegt. Er hat seinen Besitz wie ein Löwe verteidigt, um Hilfe gerufen, also hat er eins mit dem Axtrücken gegen den Kopf gekriegt, dann war er ruhig und still. Erinnerst du dich an die Köfferchen, die wir getragen haben, dann auf dem Wagen gefahren und die wir schließlich am Flüsschen Oh vergraben haben? Dort befand sich das geraubte Gut des Havekars. Die Diebesbeute, auf die wir unsere Zukunft zu gründen gedenken.«
    »Warum sagst du mir das, Zoltan?«
    »Weil dich, wie ich glaube, der trügerische Anschein noch unlängst in die Irre geführt hat. Was du für gut und recht gehalten hast, hat sich als Niedertracht und Gemeinheit unter einer schönen Maske erwiesen. Dich kann man leicht täuschen, Hexer, weil du nicht nach den Motiven forschst. Aber ich will dich nicht betrügen. Also schau nicht auf diese Weiber und Kinder, halte nicht den Zwerg, der vor dir steht, für rechtschaffen und edel. Vor dir steht ein Dieb, ein Räuber und vielleicht ein Mörder. Denn ich schließe nicht aus, dass der Havekar im Straßengraben bei Dillingen das Zeitliche gesegnet hat.«
    Sie schwiegen lange, betrachteten die fernen, wolkenverhüllten Berge im Norden.
    »Mach's gut, Zoltan«, sagte Geralt schließlich. »Vielleicht erlauben uns die Mächte, an deren Existenz ich allmählich nicht mehr zweifle, dass wir uns noch einmal begegnen. Ich wünschte, es wäre so. Ich wünschte, ich könnte dir Ciri vorstellen, ich wünschte, sie könnte dich kennenlernen. Aber selbst wenn das nicht gelingt, sollst du wissen, dass ich dich nicht vergessen werde. Mach's gut, Zwerg.«
    »Du gibst mir die Hand? Einem Dieb und Banditen?«
    »Ohne zu zögern. Denn man täuscht mich nicht mehr so leicht wie einst. Obwohl

Weitere Kostenlose Bücher