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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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hin?« Milva schaute sich genauer um, sah aber immer noch keine Verwundeten oder Kranken. »Zur Achten Meile? In den Brokilon?«
    »Nein.«
    Sie enthielt sich weiterer Fragen, sie kannte sie zu gut. Ihr genügten ein paar Blicke auf die reglosen, erstarrten Gesichter, auf die übertriebene, demonstrative Ruhe, mit der sie Ausrüstung und Waffen in Ordnung brachten. Es genügte ein einziger aufmerksamer Blick in die tiefen, bodenlosen Augen. Sie wusste, dass sie in den Kampf zogen.
    Von Süden her bezog sich der Himmel, wurde dunkel.
    »Und wohin willst du, Sor'ca?«, fragte Coinneach, dann warf er einen raschen Blick auf den Rehbock, den das Pferd gebracht hatte, lächelte ein wenig.
    »Nach Süden«, klärte sie ihn über seinen Irrtum auf. »Nach Drieschot.«
    Der Elf lächelte nicht mehr. »Auf dem Menschenufer?«
    »Zumindest bis Ceann Treise.« Sie zuckte mit den Schultern. »Bei den Wasserfällen werd ich sicherlich auf die Brokilon-Seite zurückkehren, weil...«
    Sie drehte sich um, als sie ein Pferd wiehern hörte. Weitere Scioa'tael schlossen sich dem ohnehin schon ungewöhnlich zahlreichen Kommando an. Die neuen kannte Milva noch besser.
    »Ciaran!«, rief sie leise, ohne ihre Verwunderung zu verbergen. »Toruviel! Was tut ihr hier? Kaum hab ich euch in den Brokilon begleitet, und schon seid ihr wieder...«
    »Ess'creasa, Sor'ca«, sagte Ciaran aep Dearbh ernst. Auf dem Verband um den Kopf des Elfs prangte ein Fleck von durchsickerndem Blut.
    »Es muss sein«, wiederholte Toruviel und setzte sich vorsichtig hin, um den in einer Schlinge hängenden Arm zu schonen. »Es sind Botschaften gekommen. Wir können nicht im Brokilon sitzenbleiben, wenn jeder Bogen zählt.«
    »Wenn ich das gewusst hätt«, sagte sie schmollend, »hätt ich mich nicht für euch abgemüht. Ich hätt nicht meinen Hals riskiert, um euch über den Fluss zu bringen.«
    »Die Nachrichten sind gestern Nacht gekommen«, erklärte Toruviel leise. »Wir konnten ... Wir können in solch einem Augenblick unsere Waffengefährten nicht im Stich lassen. Wir können es nicht, versteh, Sor'ca.«
    Der Himmel verdunkelte sich immer mehr. Diesmal hörte Milva deutlich fernen Donner.
    »Reite nicht nach Süden, Sor'ca«, sagte Coinneach Da Reo. »Es kommt ein Gewitter.«
    »Was kann mir denn ein Gewitter...« Sie hielt inne, schaute ihn aufmerksamer an. »Ha! Solche Nachrichten habt ihr also bekommen? Nilfgaard, ja? Sie überschreiten die Jaruga nach Sodden? Sie führen einen Schlag gegen Brugge? Darum brecht ihr auf?«
    Er antwortete nicht.
    »Ja, wie in Dol Angra.« Sie schaute ihm in die dunklen Augen. »Abermals benutzt euch der Kaiser von Nilfgaard, damit ihr mit Feuer und Schwert Unruhe im Rücken der Menschen stiftet. Und später wird der Kaiser Frieden mit den Königen schließen, und ihr werdet ausgeschlossen. In dem Feuer, das ihr entfacht, werdet ihr selber verbrennen.«
    »Das Feuer reinigt. Und macht hart. Man muss hindurchgehen. AenyelPhael, ell'ea, Sor'ca? Wie es bei euch heißt: Feuertaufe.«
    »Mir ist ein anderes Feuer lieber.« Milva machte den Bock los und warf ihn auf die Erde, den Elfen vor die Füße. »Eins, das unterm Bratspieß knistert. Da habt ihr, damit ihr bei eurem Feldzug nicht vor Hunger schwach werdet. Ich brauch ihn nicht mehr.«
    »Du reitest nicht nach Süden?«
    »Doch.«
    Ich werde reiten, dachte sie, schnell reiten. Ich muss diesen dummen Hexer warnen, muss ihm sagen, in was für eine Bredouille er unterwegs ist. Muss ihn zur Umkehr bewegen.
    »Reite nicht, Sor'ca.«
    »Gib Ruhe, Coinneach.«
    »Es kommt ein Gewitter von Süden«, wiederholte der Elf. »Es kommt ein großer Sturm. Und ein großes Feuer. Verbirg dich im Brokilon, Schwesterchen, reite nicht nach Süden. Du hast für uns genug getan, mehr kannst du nicht mehr tun. Und musst es auch nicht. Wir müssen. Ess'tedd, esse creasa! Es ist Zeit für uns. Leb wohl.«
    Die Luft war schwer und schwül.
     
    Die Teleprojektions-Zauber waren kompliziert, sie mussten sie gemeinsam wirken, indem sie Hände und Gedanken vereinten. Und selbst dann noch erwies es sich als verteufelt große Anstrengung. Denn auch die Entfernung war nicht gering. Die geschlossenen Lider Philippa Eilharts zuckten, Triss Merigold atmete schwer, auf die hohe Stirn von Keira Metz waren Schweißtropfen getreten. Nur auf dem Gesicht von Margarita Laux-Antille war keine Erschöpfung zu sehen.
    In dem spärlich beleuchteten Zimmer wurde es plötzlich sehr hell, über die dunkle Wandtäfelung

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