Feuertaufe
huschte ein Mosaik von Lichtblitzen. Über dem runden Tisch erschien schwebend eine milchigen Schein verströmende Kugel. Philippa Eilhart skandierte den abschließenden Spruch, und die Kugel senkte sich ihr gegenüber herab, auf einen der zwölf um den Tisch aufgestellten Sessel. Im Inneren der Kugel erschien eine undeutliche Gestalt. Das Bild zitterte, die Projektion war nicht besonders stabil. Doch bald schon wurde es klarer.
»Verdammt«, murmelte Keira und wischte sich die Stirn ab. »Kennen die dort in Nilfgaard kein Glamarye und keinen Schönheitszauber?«
»Offensichtlich nicht«, murmelte Triss durch den Mundwinkel. »Von Mode haben sie anscheinend auch nie gehört.«
»Oder von so etwas wie Schminken«, bestätigte Philippa leise. »Aber jetzt psst, Mädchen. Und starrt sie nicht an. Wir müssen die Projektion stabilisieren und unseren Gast begrüßen. Gib mir Hilfestellung, Rita.«
Margarita Laux-Antille wiederholte den Zauberspruch und Philippas Geste. Das Bild zuckte mehrmals, verlor die milchige Trübung und den unnatürlichen Glanz, Konturen und Farben traten schärfer hervor. Jetzt konnten die Zauberinnen die Gestalt auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches noch genauer betrachten. Triss biss sich auf die Lippen und zwinkerte Keira vielsagend zu.
Die Frau auf der Projektion hatte ein blasses Gesicht von unschönem Teint, unbestimmte, ausdruckslose Augen, schmale bläuliche Lippen und eine leicht hakenförmige Nase. Sie trug einen sonderbaren, kegelförmigen, ein wenig zerknitterten Hut. Unter der runden Krempe fielen dunkle, nicht besonders frisch aussehende Haare hervor. Den Eindruck von Unansehnlichkeit und Vernachlässigung vervollständigte der schwarze, weite und formlose Umhang, der an der Schulter mit ausgefranstem silbernem Garn bestickt war. Die Stickerei stellte einen Halbmond in einem Sternenkreis dar. Es war das einzige Ornament, das die Nilfgaarder Zauberin trug.
Philippa Eilhart stand auf, bemüht, Schmuck, Krönchen und Dekollete nicht über Gebühr hervorzukehren.
»Ehrenwerte Frau Assire«, sagte sie. »Willkommen in Montecalvo. Wir freuen uns riesig, dass du dich bereitgefunden hast, unsere Einladung anzunehmen.«
»Ich habe es aus Neugier getan«, sagte die Zauberin aus Nilfgaard mit unerwartet netter und melodischer Stimme, wobei sie mechanisch den Hut zurechtrückte. Ihre Hand war feingliedrig, von gelben Flecken gezeichnet, die Fingernägel gebrochen und ungleichmäßig, offensichtlich abgekaut.
»Ausschließlich aus Neugier«, wiederholte sie, »die übrigens für mich fatale Folgen haben kann. Ich würde um Erklärungen bitten.«
»Ich werde unverzüglich damit beginnen.« Philippa nickte den anderen Zauberinnen zu. »Zuerst jedoch sei es mir gestattet, die Projektionen der übrigen Teilnehmerinnen unserer Versammlung herbeizurufen und alle einander vorzustellen. Ich bitte um einen Augenblick Geduld.«
Die Zauberinnen legten abermals die Hände zusammen, erneuerten gemeinsam die Beschwörung. Die Luft im Zimmer begann zu klingen wie ein gespannter Draht, von der Kassettendecke schwebte wieder ein leuchtender Nebel herab und erfüllte den Raum mit flackernden Schatten. Über dreien von den nicht besetzten Sesseln bildeten sich von pulsierendem Licht erfüllte Sphären, in ihnen schienen Gestalten auf - als erste Sabrina Glevissig in einem türkisfarbenen und provokativ dekolletierten Kleid mit einem großen hochstehenden Spitzenkragen, der einen schönen Rahmen für die frisierten und in ein Brillantdiadem gefassten Haare bildete. Neben ihr trat aus dem nebligen Lichtschein der Projektion Sheala de Tancarville in schwarzem, perlenbesetztem Samt hervor, um den Hals eine Silberfuchs-Boa geschlungen. Die Magierin aus Nilfgaard fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen. Warte auf Francesca, dachte Triss. Wenn du Francesca erblickst, kleine schwarze Ratte, dann werden dir die Augen übergehen.
Francesca Findabair enttäuschte sie nicht. Weder mit dem prunkvollen Kleid von Ochsenblut-Farbe noch mit der stolzen Frisur, weder mit dem Rubinkollier noch mit den auf Elfenart stark geschminkten Rehaugen.
»Ich begrüße alle Damen«, sagte Philippa, »im Schloss Montecalvo, wohin ich mir erlaubt habe, euch alle einzuladen, um Angelegenheiten von nicht zu vernachlässigender Bedeutung zu erörtern. Ich bedaure, dass wir uns in Gestalt von Teleprojektionen treffen. Eine unmittelbare Begegnung hätten jedoch weder die Zeit noch die uns trennenden Entfernungen erlaubt,
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