Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
Mitte spaltenden Wurzeln, in denen man Ähnlichkeit mit einem Menschen erblicken kann; die Blätter bilden eine Rosette. M. autumnalis o. officinarum, die in geringem Umfang in Vicovaro, Rowan und Ymlac angebaut wird, wächst nur selten wild. Die grünen, später gelb werdenden Beeren werden mit Essig und Pfeffer gegessen, die Blätter in rohem Zustand verwendet. Die Wurzel der M., heute in Medizin und Pharmazie geschätzt, spielte früher eine große Rolle im Aberglauben, insbesondere bei den Völkern des Nordens; es wurden aus ihr Menschenfigürchen (Alrunen, Alraunen) geschnitzt und als wertvolle Falismane im Hause aufbewahrt. Man schrieb ihnen Schutz vor Krankheiten zu, sie verliehen Glück bei Prozessen und sicherten den Frauen Fruchtbarkeit und leichte Geburt. Man nähte ihnen Kleidchen und zog sie bei Neumond neu an. Die Wurzeln der M. wurden gehandelt, und ihr Preis erreichte sechzig Florins. Zum selben Zweck wurden Wurzeln der Zaunrübe (s. d.) verwendet. Dem Aberglauben zufolge wurde die M.-Wurzel zu Zauberei und magischen Filtern gebraucht sowie als Gift; dieses Vorurteil flammte zu Zeiten von Hexenjagden wieder auf. Der Vorwurf der Verwendung von M. zu verbrecherischen Zwecken wurde z. B. im Prozess gegen Lukrezia Vigo (s. d.) erhoben. Auch die legendäre Philippa Albard (s. d.) soll M. als Gift benutzt haben.
     
    Effenberg und Talbot, Encyclopaedia Maxima Mundi, Bd. XI
     
     

Das dritte Kapitel
    Die Alte Straße hatte sich seit der Zeit, als der Hexer zum letzten Mal auf ihr gereist war, etwas verändert. Aus dem einst ebenen, mit flachen Basaltsteinen gepflasterten Weg, den Elfen und Zwerge vor Jahrhunderten gebaut hatten, war jetzt eine Ruine mit gähnenden Löchern geworden. Stellenweise waren die hineingeschlagenen Löcher so tief, dass sie an kleine Steinbrüche erinnerten. Das Marschtempo ließ nach, der Wagen der Zwerge lavierte mit Mühe zwischen den Gruben hindurch, blieb alle naselang stecken.
    Zoltan Chivay wusste, warum die Straße verfallen war. Nach dem letzten Krieg mit Nilfgaard, erklärte er, war der Bedarf an Baumaterial sprunghaft angestiegen. Da erinnerten sich die Menschen an die Alte Straße als eine ungenutzte Quelle von behauenem Stein. Und da der vernachlässigte, durchs Ödland von nirgendwo nach nirgendwo führende Weg längst seine Bedeutung für den Verkehr verloren hatte und kaum jemandem nützte, wurde er ohne Maß und Erbarmen ausgeschlachtet.
    »Eure größeren Städte«, sagte der Zwerg vorwurfsvoll, von gekrächzten Flüchen des Papageien begleitet, »habt ihr samt und sonders auf unseren Fundamenten und denen der Elfen errichtet. Für kleinere Schlösschen und Städtchen habt ihr selber die Fundamente gelegt, aber darauf baut ihr immer noch mit unseren Steinen. Dabei wiederholt ihr unablässig, nur dank euch, den Menschen, gebe es Fortschritt und Entwicklung.«
    Geralt enthielt sich eines Kommentars.
    »Aber ihr könnt nicht einmal mit Verstand abreißen«, schimpfte Zoltan, während er wieder einmal Anweisungen gab, ein Rad aus einem Loch zu ziehen. »Warum reißt ihr die Steine nicht nach und nach heraus, von den Enden der Straße her? Ihr seid wie die Kinder! Statt den Krapfen ordentlich aufzuessen, puhlt ihr mit dem Finger die Marmelade aus der Mitte und werft den Rest weg, weil er nicht ganz so gut schmeckt.«
    Geralt erklärte, an allem sei die politische Geographie schuld. Das westliche Ende der Alten Straße liege in Brugge, das östliche in Temerien, die Mitte jedoch in Sodden, also reiße jedes Königreich seinen Abschnitt nach eigenem Ermessen ab. Zur Antwort bezeichnete Zoltan obszön die Stelle, wo er sich die Könige hinstecken würde, und tat etlicher auserlesener Unanständigkeiten in Bezug auf ihre Politik Erwähnung, indes Feldmarschall Duda Anmerkungen zur beruflichen Laufbahn ihrer Mütter beitrug.
    Es wurde immer schlimmer. Zoltans Vergleich vom Krapfen und der Marmelade traf immer weniger zu - die Straße erinnerte eher an einen Hefekuchen, aus dem alle Rosinen und sonstigen Leckereien herausgepickt worden waren. Es sah so aus, als nähere sich unaufhaltsam der Moment, in dem der Wagen auseinanderbrechen oder vollends und unabänderlich feststecken würde. Es rettete sie jedoch dasselbe, was die Straße zerstört hatte. Sie trafen auf einen in südöstlicher Richtung verlaufenden Weg, den die schweren Wagen beim Abtransport der Steine ausgefahren hatten. Zoltans Laune besserte sich, er meinte, der Weg werde unweigerlich zu einem der Forts an

Weitere Kostenlose Bücher