Feuertaufe
ist. Ghule sind mir lieber als Menschen.«
Sie gingen durch die Wälder, anfangs vorsichtig, angespannt, von jedem Rascheln im Gebüsch alarmiert. Bald jedoch schon fanden sie Fassung, gute Laune und das frühere Tempo wieder. Sie sahen weder Ghule noch die geringsten Spuren ihrer Anwesenheit. Zoltan scherzte, Vampire und alle anderen Dämonen müssten von den heranziehenden Truppen erfahren haben, und wenn die Ungeheuer das Treiben der Marodeure oder der Verdener Freiwilligen mitbekommen hätten, dann hätten sie sich vor Angst ins tiefste und dichteste Dickicht verkrochen, wo sie jetzt säßen, zitterten und mit den Fangzähnen klapperten.
»Und die Vampirinnen hüten, ihre Frauen und Töchter«, knurrte Milva. »Die Monster wissen, dass ein Soldat im Felde nicht einmal ein Schaf auslässt. Und wenn man ein Weiberhemd an einer Weide aufhängt, dann reicht den Helden auch ein Astloch.«
Rittersporn, der sich seit langem Verve und Humor bewahrt hatte, stimmte die Laute und begann, ein passendes Couplet über Weiden, Astlöcher und geile Soldaten zu dichten, und die Zwerge mitsamt dem Papagei wetteiferten darin, ihm Reime zu liefern.
»Oh«, wiederholte Zoltan.
»Was? Wo?«, fragte Rittersporn, stellte sich in den Steigbügeln auf und schaute in die Schlucht, in die Richtung, die der Zwerg wies. »Ich sehe nichts!«
»Oh.«
»Fasele nicht wie ein Papagei! Was >oh«
»Das Flüsschen«, erklärte Zoltan ruhig. »Ein rechter Nebenfluss der Chotla. Es heißt Oh.« »Ah...«
»Wieso denn das nun wieder!« Percival Schuttenbach lachte. »Das Flüsschen Ah mündet weiter oben in die Chotla, ein gutes Stück Wegs von hier. Das ist der Oh, nicht die Ah.«
Der Hohlweg, an dessen Grunde das Gewässer mit dem unkomplizierten Namen floss, war mit Brennnesseln so hoch zugewachsen, dass sie den Zwergen zu Fuß bis über die Köpfe reichten, roch durchdringend nach Minze und vermodertem Holz und war von unablässigem Froschquaken erfüllt. Er hatte auch steile Hänge, und das erwies sich als verhängnisvoll. Vera Loewenhaupts Wagen, der von Beginn der Reise an wacker alle Widrigkeiten des Schicksals erduldet und alle Hindernisse bezwungen hatte, verlor den Kampf gegen das Flüsschen Oh. Er glitt aus den Händen der Zwerge, die ihn nach unten bugsierten, rollte hüpfend bis an den Grund und zerfiel buchstäblich in alle Bestandteile.
»Verrrflucht!«, krächzte Feldmarschall Duda und setzte damit den Kontrapunkt zum vereinten Aufschrei von Zoltan und seiner Gesellschaft.
»Ehrlich gesagt«, urteilte Rittersporn, während er die Trümmer des Fahrzeugs und das breitgestreute Gepäck betrachtete, »ist es vielleicht sogar besser so. Dieser euer Wagen, der eben über die Jaruga gegangen ist, hat doch nur den Marsch verlangsamt, andauernd gab es Ärger damit. Sieh es realistisch, Zoltan. Wir haben so schon Glück gehabt, dass uns niemand überrascht und niemand verfolgt hat. Wenn wir schnell hätten fliehen müssen, hätten wir den Wagen mitsamt eurer Habe aufgeben müssen, die in der gegebenen Situation immerhin zu retten ist.«
Der Zwerg winkte heftig ab und murmelte zornig etwas in seinen Bart, doch Percival Schuttenbach pflichtete dem Troubadour unerwartet bei. Die Zustimmung wurde, wie der Hexer bemerkte, von vielsagendem Augenzwinkern begleitet. Es sollte verstohlen sein, doch die ausgeprägte Mimik des kleinen Gnomengesichts schloss Verstohlenheit aus.
»Der Dichter hat recht«, wiederholte Percival, verzog dabei das Gesicht und zwinkerte. »Von Chotla und Ina sind wir einen Katzensprung entfernt. Vor uns liegt der Fen Carn, nichts als wegloses Gelände. Da wäre es mit dem Wagen schwierig. Wenn wir hingegen an der Ina auf temerische Truppen stoßen, dann bekämen wir mit unserer Fracht... womöglich Ärger.«
Zoltan überlegte schniefend.
»Na schön«, sagte er schließlich mit einem Blick auf die Überreste des Wagens, die von der trägen Strömung des Flüsschens Oh umspült wurden. »Wir trennen uns. Munro, Figgis, Yazon und Caleb bleiben hier. Der Rest zieht weiter. Die Pferde werden wir mit Proviantsäcken und mit Werkzeug beladen müssen. Munro, ihr wisst, was ihr zu tun habt? Schaufeln habt ihr?«
»Ja.«
»Aber dass mir keine sichtbaren Spuren bleiben! Und den Ort müsst ihr gut markieren und euch merken!« »Nur keine Sorge.«
»Ihr werdet uns mühelos einholen.« Zoltan warf sich den Rucksack und den Sihill über die Schultern, rückte die Axt im Gürtel zurecht. »Wir folgen dem Lauf des
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