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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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nächste Wagen um, und auf den Hexer fielen drei Säcke mit Weizenmehl, das hier eine Krone das Pfund kostete. Die Säcke gingen auf, und die Welt versank in einer weißen Wolke.
    »Steh auf, Geralt!«, schrie der Troubadour. »Steh auf, verdammt!«
    »Ich kann nicht«, ächzte der von dem wertvollen Mehl geblendete Hexer und umfasste mit beiden Händen das von lähmendem Schmerz durchzucktes Knie. »Rette dich, Rittersporn ...«
    »Ich lasse dich nicht allein!«
    Vom westlichen Rand des Lagers drangen makabre Schreie heran, die sich mit dem Donnern beschlagener Hufe und dem Wiehern von Pferden mischten. Geschrei und Getöse nahmen plötzlich zu, über sie legte sich das Klingen, Klirren und Dröhnen von Eisen, das auf Eisen traf.
    »Eine Schlacht!«, schrie der Dichter. »Sie schlagen sich!«
    »Wer? Mit wem?« Mit einer heftigen Bewegung versuchte Geralt, die Augen von Mehl und Spreu zu reinigen. Unweit brannte etwas, Feueratem und Schwaden stinkenden Rauches drangen zu ihnen heran. Das Donnern der Hufe wuchs an, der Erdboden erzitterte. Das Erste, was er in der Staubwolke erblickte, waren Dutzende von Pferdehufen im Galopp. Überall ringsum. Er überwand den Schmerz.
    »Unter den Wagen! Versteck dich unterm Wagen, Rittersporn, sonst zerstampfen sie uns!«
     
     
    »Wir sollten uns nicht bewegen ...«, stöhnte der an den Boden gepresste Dichter. »Liegenbleiben ... Ich habe gehört, dass ein Pferd niemals auf einen liegenden Menschen tritt...«
    »Ich bin mir nicht sicher«, stieß Geralt hervor, »ob jedes Pferd davon gehört hat. Unter den Wagen! Schnell!«
    In diesem Augenblick trat ihm eines der Pferde, die die Sprichwörter der Menschen nicht kannten, im Vorbeilaufen mit dem Huf seitlich gegen den Kopf. In den Augen des Hexers flammten plötzlich sämtliche Sternbilder des Firmaments rot und golden auf, und gleich darauf umfing undurchdringliche Finsternis Himmel und Erde.
     
    Die Ratten schraken auf, geweckt von einem anhaltenden Schrei, der von den Wänden der Höhle vielfach widerhallte. Asse und Reef griffen nach ihren Schwertern, Flamme begann laut zu fluchen, denn sie hatte sich den Kopf an einem Felsvorsprung gestoßen.
    »Was ist?«, rief Kayleigh. »Was ist passiert?«
    In der Höhle herrschte Finsternis, obwohl draußen die Sonne schien - die Ratten schliefen sich aus, nachdem sie die Nacht auf der Flucht vor Verfolgern im Sattel zugebracht hatten. Giselher hielt ein Kienholz in die Glut, ließ es Feuer fangen, hob es hoch, ging zu der Stelle, wo Ciri und Mistle schliefen, wie üblich weitab von den Übrigen. Ciri saß mit gesenktem Kopf da, Mistle umarmte sie.
    Giselher hielt die Fackel höher. Auch die anderen kamen näher. Mistle legte einen Pelz um Ciris nackte Schultern.
    »Hör zu, Mistle«, sagte der Anführer der Ratten ernst. »Ich habe mich nie in das eingemischt, was ihr beiden im selben Bett treibt. Nie habe ich ein böses oder spöttisches Wort gesagt. Immer versuche ich, in eine andere Richtung zu schauen und nichts zu bemerken. Es ist eure Sache und euer Belieben, die anderen geht es nichts an, solange ihr es diskret und leise tut. Aber diesmal habt ihr etwas übertrieben.«
    »Sei nicht dumm«, explodierte Mistle. »Was bildest du dir ein... Das Mädchen hat im Schlaf geschrien! Es war ein Albtraum!«
    »Reg dich nicht auf. Falka?«
    Ciri nickte.
    »So schlimm war der Traum? Was hast du geträumt?«
    »Lass sie in Ruhe!«
    »Halt den Mund, Mistle. Falka?«
    »Jemanden, den ich früher einmal kannte«, brachte Ciri hervor, »trampelten Pferde nieder. Die Hufe ... Ich fühlte, wie sie mich zertraten ... Ich habe seinen Schmerz gefühlt... Kopf und Knie ... Es tut mir immer noch weh ... Entschuldigt. Ich habe euch geweckt.«
    »Entschuldige dich nicht.« Giselher blickte auf Mistles verkniffenen Mund. »Ich habe mich zu entschuldigen. Und der Traum? Nun ja, jeder kann träumen. Jeder.«
    Ciri schloss die Augen. Sie war sich nicht sicher, ob Giselher recht hatte.
     
    Ihn weckte ein Fußtritt.
    Er lag da, den Kopf auf das Rad eines umgestürzten Wagens gestützt, gleich neben ihm wand sich Rittersporn in Krämpfen. Den Tritt verpasst hatte ihm ein Landsknecht in einer dicken Steppjacke und mit einem runden Helm. Neben ihm stand ein zweiter. Beide hielten Pferde an den Zügeln, an den Sätteln hingen Armbrüste und Schilde.
    »Müller oder was?«
    Der zweite Knecht zuckte mit den Schultern. Geralt sah, dass Rittersporn den Blick nicht von den Schilden wandte. Er selbst hatte schon

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