Feuertaufe
Mein Ruhm eilt mir voraus, überall kennt und achtet man mich.«
Geralt enthielt sich eines Kommentars, er war damit beschäftigt, die eigenen Handgelenke, den schmerzenden Ellenbogen und das Knie zu massieren.
»Ihr müsst den Übereifer dieser jungen Leute verzeihen«, sagte der als Graf titulierte Ritter. »Überall sehen sie Nilfgaarder Spione. Jeder ausgesandte Beritt bringt ein paar Leute mit, die sie für verdächtig halten. Das heißt solche, die irgendwie aus dem fliehenden Pöbel herausragen. Ihr aber, Herr Rittersporn, ragt in jeder Beziehung heraus. Wie seid Ihr an die Chotla geraten, unter die Flüchtlinge?«
»Ich war auf der Straße von Dillingen nach Maribor«, log der Dichter glatt, »als wir in diese Hölle geraten sind, ich und mein... Kollege von der Feder. Ihr kennt ihn sicherlich. Er heißt... Giraldus.«
»Freilich, kenne ich, habe ich gelesen«, rühmte sich der Ritter. »Es ist mir eine Ehre, Herr Giraldus. Ich bin Daniel Etcheverry, Graf Garramone. Bei meiner Ehre, Meister Rittersporn, es hat sich viel seit der Zeit geändert, da Ihr am Hofe von König Foltest gesungen habt!«
»Unzweifelhaft viel.«
»Wer hätte geglaubt« - die Miene des Grafen verfinsterte sich -, »dass es so weit kommt. Verden hat Emhyr den Lehnseid geschworen, Brugge ist praktisch schon erobert, Sodden steht in Flammen... Wir aber ziehen uns zurück, ziehen uns ununterbrochen zurück... Entschuldigung, ich wollte sagen: Wir vollführen ein taktisches Manöver. Nilfgaard brennt und raubt ringsumher, hat schon fast die Ina erreicht, es fehlt nicht viel, und es schließt den Belagerungsring um die Festungen Mayena und Raswan, die temerische Armee aber vollführt noch immer dieses Manöver...«
»Als ich an der Chotla die Lilien auf euren Schilden erblickt habe«, sagte Rittersporn, »dachte ich, das sei schon die Offensive.«
»Ein Gegenschlag«, berichtigte ihn Daniel Etcheverry. »Und gewaltsame Erkundung. Wir haben die Ina überschritten, ein paar Nilfgaarder Beritte und ein paar Kommandos der Scioa'tael zerschlagen, die überall Brände stifteten. Ihr seht, was von dem Vorposten in Armeria übrig ist, den wir zurückerobern konnten. Und die Forts in Carcano und Vidort sind bis auf den Grund niedergebrannt... Ach, ich langweile Euch Herren. Ihr wisst gut, was in Brugge und Sodden geschieht, Ihr musstet ja mit den Flüchtlingen von dort mitziehen. Und meine wackeren Jungs haben Euch für Spione gehalten! Ich bitte nochmals um Verzeihung. Und lade zum Mittagessen. Einige von den Herren aus Adel und Offizierskorps werden erfreut sein, Euch kennenzulernen, meine Herren Dichter.«
»Es ist uns wirklich eine große Ehre.« Geralt verneigte sich steif. »Aber die Zeit drängt. Wir müssen uns auf den Weg machen.«
»Aber bitte, ziert Euch nicht.« Daniel Etcheverry lächelte. »Ein gewöhnliches, bescheidenes Soldatenmahl. Rehbraten, Haselhühner, Sterlets, Trüffeln...«
»Das auszuschlagen« - Rittersporn schluckte Speichel hinunter und bedachte den Hexer mit einem vielsagenden Blick - »wäre überaus ungebührlich. Gehen wir ungesäumt, Herr Graf. Ist das Euer Zelt, dieses prunkvolle in blaugoldenen Farben?«
»Nein. Das ist das Zelt des Oberkommandierenden. Blau und Gold sind die Farben seines Vaterlandes.«
»Wie das?«, wunderte sich Rittersporn. »Ich war mir sicher, dass das die Armee Temeriens ist. Dass Ihr hier den Befehl führt.«
»Dies ist eine gesonderte Abteilung der Armee Temeriens. Ich bin der Verbindungsoffizier König Foltests, hier dient auch eine Menge temerischer Adliger mit ihren Truppen, die der Ordnung halber die Lilie auf den Schilden führen. Aber das Rückgrat dieses Korps bilden die Untertanen eines anderen Königreichs. Seht Ihr die Standarte vor dem Zelt?«
»Löwen.« Geralt stutzte. »Goldene Löwen auf blauem Feld. Das ... das ist das Wappen ...«
»Von Cintra«, bestätigte der Graf. »Das sind Emigranten aus dem Königreich Cintra, das gegenwärtig von Nilfgaard okkupiert ist. Sie stehen unter dem Befehl von Hofmarschall Vissegerd.«
Geralt drehte sich um, drauf und dran, dem Grafen mitzuteilen, dass ihn dringende Angelegenheiten nun doch zwangen, auf Rehbraten, Sterlets und Trüffeln zu verzichten. Es gelang ihm nicht mehr. Er sah, wie sich ihnen eine Gruppe näherte, an deren Spitze ein hochgewachsener, korpulenter und grauhaariger Ritter in blauem Mantel und mit einer goldenen Kette auf der Rüstung schritt.
»Oh, Ihr Herren Dichter, da haben wir ja Hofmarschall
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