Feuertaufe
Thanedd betrafen. Geralt kannte fast keine Einzelheiten, doch er wusste, dass es ihm, ehe die Agenten das glaubten, sehr, sehr schlecht gehen würde. Seine ganze Hoffnung bestand darin, dass der vom Rachedurst geblendete Vissegerd seine Gefangennahme nicht hatte verlautbaren lassen. Die Aufklärung würde womöglich versuchen, die Gefangenen den Klauen des rasenden Hofmarschalls zu entreißen, um sie ins Hauptquartier zu bringen. Genauer gesagt, um ins Hauptquartier zu bringen, was nach den ersten Verhören von den Gefangenen übrig war.
Unterdessen hatte der Dichter eine Kriegslist ersonnen.
»Geralt! Wir werden vorgeben, wir wussten etwas Wichti ges. Dass wir wirklich Spione sind oder etwas in der Art. Dann...«
»Hab Erbarmen, Rittersporn.«
»Wir können auch versuchen, die Wache zu bestechen. Ich habe verstecktes Geld. Dublonen, ins Unterfutter des Stiefels eingenäht. Als eiserne Reserve... Wir rufen die Wächter...«
»Und die nehmen dir alles weg und verpassen dir noch einen Tritt.«
Der Dichter brummte unwillig, verstummte aber. Vom Hof her drangen Rufe heran, Hufgetrappel, und was am schlimmsten war, der Geruch der Erbsensuppe der Soldaten - für eine Schüssel davon hätte Geralt in diesem Augenblick alle Sterlets und Trüffeln der Welt hergegeben. Die vor dem Schuppen stehenden Wächter unterhielten sich träge, lachten laut, husteten von Zeit zu Zeit anhaltend und spuckten aus. Die Wächter waren Berufssoldaten, man merkte es an ihrer erstaunlichen Fähigkeit, sich mit Sätzen zu verständigen, die ausschließlich aus Fürwörtern und schmutzigen Flüchen bestanden.
»Geralt?«
»Was ist?«
»Ich frage mich, was aus Milva geworden ist... aus Zoltan, Percival, Regis ... Hast du sie nicht gesehen?«
»Nein. Ich schließe keineswegs aus, dass man sie während des Zusammenstoßes erschlagen oder mit Pferden zu Tode getrampelt hat. Dort im Lager haben sich die Leichen getürmt.«
»Das glaube ich nicht«, verkündete Rittersporn fest und mit Hoffnung in der Stimme. »Ich glaube nicht, dass solche Schlauköpfe wie Zoltan und Percival... oder Milva...«
»Hör auf, dir etwas vorzumachen. Sogar wenn sie überlebt haben, werden sie uns nicht helfen.«
»Warum?«
»Aus drei Gründen. Erstens haben sie ihre eigenen Sorgen. Zweitens liegen wir gefesselt in einem Schuppen, der mitten im Lager eines Korps von etlichen tausend Mann steht.«
»Und der dritte Grund? Du hast von dreien gesprochen.«
»Drittens«, antwortete er mit müder Stimme, »ist, was dieser Monat an Wundern aufbieten konnte, schon durch die Begegnung des Weibes aus Kernow mit ihrem verschwundenen Mann ausgeschöpft.«
»Dort.« Der Barbier zeigte auf die Flammenpünktchen der Biwakfeuer. »Dort liegt Fort Armeria, gegenwärtig das Lager eines Vorpostens der temerischen Truppen, die bei Mayena konzentriert sind.«
»Dort halten sie den Hexer und Rittersporn gefangen?« Milva stellte sich in den Steigbügeln auf. »Ha, das ist übel... Dort muss es jede Menge bewaffnetes Volk geben und auch Wachposten rundherum. Es wird nicht leicht sein, sich dorthin durchzuschleichen.«
»Das braucht ihr nicht«, erwiderte Regis, während er von Pegasus abstieg. Der Wallach schnaubte anhaltend, drehte den Kopf weg, sichtlich angewidert von dem durchdringenden Kräutergeruch des Barbiers.
»Ihr braucht euch nicht anzuschleichen«, wiederholte Regis. »Ich erledige das allein. Ihr wartet mit den Pferden dort, wo der Fluss schimmert, seht ihr? Unter dem hellsten Stern der Sieben Ziegen. Dort mündet die Chotla in die Ina. Wenn ich den Hexer aus der Bredouille geholt habe, schicke ich ihn in diese Richtung. Dort trefft ihr ihn.«
»Sehr selbstsicher«, murmelte Cahir Milva zu, als sie sich beim Absitzen dicht beieinander befanden. »Allein, ohne irgendjemandes Hilfe wird er ihn aus der Bredouille holen, hast du gehört? Wer ist das?«
»Das weiß ich wirklich nicht«, murmelte Milva zurück. »Aber was das Herausholen angeht, da glaub ich ihm. Gestern hat er vor meinen Augen ein glühendes Hufeisen aus dem Feuer geholt...«
»Ein Zauberer?«
»Nein«, erklärte Regis hinter Pegasus hervor und bewies so sein ungemein feines Gehör. »Ist es übrigens so wichtig, wer ich bin? Dich frage ich schließlich auch nicht nach deinen Personalien.«
»Ich bin Cahir Mawr Dyffryn aep Ceallach.«
»Ich danke und bin voller Bewunderung.« In der Stimme des Barbiers schwang ein spöttischer Unterton mit. »Man hört fast keinen Nilfgaarder Akzent in dem
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