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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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anhält, tun wir so, als seien wir Soldaten.«
    »Gut. Im Fall des Falles sage ich ...« »Wir spielen dumme Soldaten. Los.«
    Sie überquerten den Waffenplatz, wobei sie sich von den Soldaten fernhielten, die sich um brennende Teerfässer und Biwakfeuer gesammelt hatten. Über den Platz eilten Leute hin und her, zwei mehr fielen da nicht auf. Sie erweckten niemandes Verdacht, niemand rief sie an oder hielt sie auf. Rasch und ohne Schwierigkeiten gelangten sie vor die Palisade.
    Alles ging so glatt, dass es schon zu glatt ging. Geralt wurde unruhig, denn er spürte instinktiv eine Gefahr, und statt schwächer zu werden, nahm dieses Gefühl zu, je weiter sie sich vom Zentrum des Lagers entfernten. Er sagte sich wieder und wieder, daran sei nichts Verwunderliches - inmitten des selbst bei Nacht lebhaften Lagers beachtete sie niemand, ihnen drohte nur ein Alarm, falls jemand die an der Tür des Holzschuppens eingeschläferten Wachposten entdeckte. Jetzt hingegen näherten sie sich dem äußeren Postenring, wo die Soldaten naturgemäß wachsamer sein mussten. Dass sie vom Lager her kamen, konnte ihnen nichts nützen. Der Hexer wusste um die in Vissegerds Korps grassierende Plage der Fahnenflucht und war sich sicher, dass die Wachen Befehl hatten, genau auf Leute zu achten, die das Lager verlassen wollten.
    Der Mond spendete genug Licht, dass Rittersporn nicht blindlings zu gehen brauchte. Der Hexer sah bei solcher Beleuchtung ebenso gut wie am Tage, weshalb es ihnen gelang, zwei Posten zu umgehen und im Gebüsch verborgen abzuwarten, bis eine berittene Patrouille vorbei war. Vor sich hatten sie einen dunklen Erlenhain, der schon außerhalb des Postenrings zu liegen schien. Alles ging glatt. Zu glatt.
    Ihr Verderben war die Unkenntnis militärischer Gepflogenheiten.
    Die niedrige und dunkle Ansammlung von Erlen lockte, denn sie bot Deckung. Doch von alters her gab es Krieger, die, wenn sie Wachdienst schieben mussten, sich ins Gebüsch legten, von wo aus diejenigen, die gerade nicht schliefen, sowohl den Feind als auch die eigenen aufdringlichen Offiziere im Blick behalten konnten, falls Letztere Lust auf einen überraschenden Kontrollgang verspürten.
    Kaum waren Geralt und Rittersporn bei dem Erlengehölz, als vor ihnen Silhouetten auftauchten. Und die Spitzen von Spießen.
    »Parole?«
    »Cintra!«, antwortete Rittersporn wie aus der Pistole geschossen.
    Die Soldaten lachten im Chor. »Oh, Mann, Mann«, sagte einer. »Nicht für'n Groschen Phantasie. Wenn wenigstens mal einer sich was Originelles ausdenken würde, aber nein. Nichts als wie >Cintra<. Hast Sehnsucht nach deinem Zuhause, was? Gut. Der Preis ist derselbe wie gestern.«
    Rittersporn knirschte hörbar mit den Zähnen. Geralt schätzte die Lage und die Chancen ein. Die Einschätzung fiel entschieden mies aus.
    »Also«, drängte der Soldat. »Wenn ihr durchwollt, bezahlt den Zoll, und wir drücken ein Auge zu. Schnell, denn gleich kommt die Ronde.«
    »Wartma'.« Der Dichter wechselte Sprechweise und Akzent, »'chsetz mich bloßma un' zieh n Stiefl aus, weil, im Stiefl hab'ch...«
    Mehr konnte er nicht sagen. Vier Soldaten warfen ihn zu Boden, zwei nahmen jeder ein Bein zwischen ihre und zogen die Stiefel herunter. Der, der nach der Parole gefragt hatte, riss das Futter von der Innenseite des Schaftes. Etwas fiel klirrend heraus.
    »Gold!«, schrie der Anführer. »Zieht dem andern die Stiefel aus! Und ruft die Ronde!«
    Es gab jedoch niemanden, der Stiefel ausziehen und rufen konnte, denn ein Teil der Truppe rutschte auf den Knien herum und suchte zwischen dem Laub Dublonen, der andere schlug sich inzwischen erbittert um Rittersporns zweiten Stiefel. Jetzt oder nie, dachte Geralt, worauf er dem Anführer ei nen Hieb seitlich auf die Kinnlade versetzte und dem Hinfallenden noch gegen den Kopf trat. Die Goldsucher bemerkten es nicht einmal. Rittersporn ließ sich nicht lange bitten und sprang mit wehenden Fußlappen durchs Gebüsch. Geralt rannte ihm nach.
    »Hilfe! Hilfe!«, begann der niedergeschlagene Anführer der Wache zu heulen, alsbald vom Geschrei seiner Kameraden unterstützt. »Rooonde!«
    »Dreckskerle!«, schrie Rittersporn im Laufen. »Halsabschneider! Ihr habt das Geld genommen!«
    »Spar dir den Atem, Trottel! Siehst du den Wald? Los!«
    »Alarm! Alaaarm!«
    Sie rannten. Geralt fluchte wütend, als er Schritte hörte, Pfiffe, Hufschlag und Pferdewiehern. Hinter ihnen. Und vor ihnen. Seine Verwunderung währte nicht lange, es genügte ein

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