Feuertaufe
Nilfgaarder Zauberin, wandte sich um. Über ihren Mund huschte der Schatten eines Lächelns. »Bald«, sagte sie. »Gleich werde ich dir alles erklären. Aber vorher, damit ich es nicht vergesse ... Gib mir die Adresse deiner Modistin, Fringilla.«
»Kein einziges Lagerfeuer«, flüsterte Milva, den Blick auf das dunkle Ufer jenseits des im Mondlicht schimmernden Flusses gerichtet. »Dort ist keine Menschenseele, denk ich. Im Lager waren über zweihundert Flüchtlinge. Ist keiner mit dem Leben davongekommen?«
»Wenn die Kaiserlichen die Oberhand behalten haben, haben sie alle in die Knechtschaft getrieben«, antwortete Cahir flüsternd. »Wenn hingegen eure gesiegt haben, haben sie sie beim Abzug mitgenommen.«
Sie gingen näher an den Fluss heran, bis zu dem morastigen Schilfgürtel. Milva trat auf etwas und sprang zurück, unterdrückte einen Schrei angesichts des aus dem Sumpf herausragenden erstarrten, von Blutegeln bedeckten Armes.
»Das ist nur ein Leichnam«, murmelte Cahir und fasste sie am Oberarm. »Einer von uns. Ein Daerlaner.«
»Wer?«
»Siebte Daerlanische Kavallerie-Brigade. Ein silberner Skorpion am Ärmel...«
»Götter!« Die junge Frau zuckte heftig zusammen und umklammerte den Bogen mit der schweißnassen Hand. »Hast du diese Stimme gehört? Was war das?«
»Ein Wolf.«
»Oder ein Ghul... Oder ein anderer Verfluchter. Dort im Lager müssen auch eine Menge Leichen liegen ... Verdammt, ich werde nachts nicht auf das andere Ufer gehen!«
»Warten wir bis zum Morgengrauen... Milva? Was ist das für ein sonderbarer... ?«
»Regis ...« Die Bogenschützin unterdrückte einen Aufschrei, als sie den Geruch von Wermut, Salbei, Koriander und Anis wahrnahm. »Regis? Bist du das?«
»Ja.« Der Barbier trat lautlos aus der Dunkelheit hervor. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Du bist nicht allein, wie ich sehe.«
»Ja, du siehst richtig.« Milva ließ den Arm Cahirs los, der schon im Begriff gewesen war, das Schwert zu ziehen. »Ich bin nicht mehr allein, und er auch nicht mehr. Aber das ist eine lange Geschichte, wie manche zu sagen pflegen. Regis, was ist mit dem Hexer? Mit Rittersporn? Mit den Übrigen? Weißt du, was aus ihnen geworden ist?«
»Ja. Habt ihr Pferde?«
»Haben wir. Im Dickicht verborgen...«
»Dann lasst uns nach Süden aufbrechen, die Chotla entlang. Unverzüglich. Vor Mitternacht müssen wir in der Nähe von Armeria sein.«
»Was ist mit dem Hexer und dem Dichter? Leben sie?«
»Sie leben. Aber sie sind in Schwierigkeiten.«
»Was für welchen?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
Rittersporn stöhnte auf, als er versuchte, sich umzudrehen und eine halbwegs erträgliche Lage einzunehmen. Das war jedoch ein vergebliches Unterfangen für jemanden, der auf einem Haufen in sich zusammensinkender Hobel- und Sägespäne lag, mit Stricken umschnürt wie ein Schinken zum Räuchern. »Sie haben uns nicht gleich aufgehängt«, ächzte er. »Das ist unsere Hoffnung. Unsere ganze Hoffnung...«
»Gib Ruhe.« Der Hexer lag reglos da und betrachtete den Mond durch ein Loch im Dach des Holzschuppens. »Weißt du, warum Vissegerd uns nicht gleich aufgehängt hat? Weil wir öffentlich hingerichtet werden sollen, bei Tagesanbruch, wenn sich das ganze Korps zum Abmarsch sammelt. Zu Propagandazwecken.«
Rittersporn verstummte. Geralt hörte ihn seufzen und schniefen.
»Du hast noch Chancen, dich herauszuwinden«, sagte er, um ihn zu beruhigen. »An mir will Vissegerd einfach privat Rache nehmen, gegen dich hat er nichts. Dein Bekannter, der Graf, wird dich aus der Bredouille holen, du wirst sehen.«
»Scheiße«, sagte der Barde, zur Verwunderung des Hexers ruhig und ganz vernünftig. »Scheiße, Scheiße, Scheiße. Behandle mich nicht wie ein kleines Kind. Erstens sind zu Propagandazwecken zwei Erhängte besser als einer. Zweitens, den Zeugen einer privaten Rache lässt man nicht am Leben. Nein, Bruder, wir werden beide hängen.«
»Hör auf, Rittersporn. Lieg still und überleg dir Kriegslisten.«
»Was für Kriegslisten, zum Teufel?«
»Irgendwelche.«
Das Geschwätz des Dichters störte den Hexer dabei, seine Gedanken zu sammeln, denn er dachte intensiv nach. Er rechnete damit, dass jeden Augenblick Leute vom Aufklärungsdienst der temerischen Armee, die es in Vissegerds Korps zweifellos gab, in den Holzschuppen stürzen würden. Die Aufklärung hätte ihn sicherlich gern nach verschiedenen Einzelheiten gefragt, die die Ereignisse in Garstang auf der Insel
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