Feuerwellen: Ein erotischer Roman (German Edition)
aus seinem Glas. Applaus brandete auf. Leon zog ihn zur Seite, drückte ihm einen Teller mit Häppchen in die Hand, und auch Phoebe gesellte sich zu ihnen. Sie hätte sich zwar lieber im letzten Winkel der Erde verkrochen, aber heute war sie der Chef hier. Eigentlich.
»Wer ist eigentlich der Typ da hinten, den ihr im Schlepptau hattet?«, fragte sie unumwunden. »Ist das jemand aus der Szene? Er spricht gerade mit Schumann.«
Leon verdrehte in seinem Anzug aus rosa Babycord die Augen. Rosa steht dir absolut nicht, dachte Phoebe, als der künftige Galeriechef sein Schulmeistergesicht aufsetzte.
»Der Typ ist Nathan Woods jr. – Nathan Elias Woods jr., Boss.«
»Aha.« Phoebe konnte mit dem Namen nichts anfangen. Als Leon das merkte, sagte er leicht genervt: »Das ist einer der bedeutendsten Sammler der Welt. Kommt aus Berlin. Seine Eltern starben in Buchenwald. Lebt jetzt in Texas und sucht Öl. In Berlin will er ein Museum bauen. Und – jetzt halt dich fest, Boss – er hat schon fünf Installationen von Dariusz gekauft. Für einen Haufen Moos, yeah .«
»Glückwunsch, Dariusz«, sagte Phoebe matt. »Ich verstehe nur nicht, warum du dann so elend aussiehst.«
»Weil das nicht alles ist«, antwortete der Künstler und leerte sein Glas. »Er hat die Werke nur gekauft, wenn ich eine Auftragsarbeit für ihn anfertige. Er hat da ganz bestimmte Vorstellungen. Etwas für seine Ranch.«
»Eine Auftragsarbeit? Für seine Ranch?« Phoebe konnte es nicht fassen. Das durfte doch einfach nicht wahr sein. »Eine Auftragsarbeit!« Sie fasste sich an den Kopf und begann, auf und ab zu gehen.
»Und du erzählst mir jahrelang etwas von deinen Idealen, von der Selbstbestimmung der Kunst? Dass Kunst nur Kunst ist, wenn sie ausschließlich aus sich selbst lebt. Und nun Auftragsarbeit! Kaum ruft das Geld, wirst du schwach. Das ging ja wirklich sehr schnell, Dariusz! Und bald stehen deine Installationen dann bei Möbeldiscountern rum, super!«
»Ich wusste, dass du mich nicht verstehst, aber es ist wirklich eine große Chance. Und außerdem: Ich will endlich leben, Phoebe. Und zwar ohne von dir oder anderen Leuten abhängig zu sein. Ist das so schlimm?«
»Nein.« Phoebe drehte sich um und ließ die beiden Männer einfach stehen.
Sie brauchte dringend frische Luft. Als sie durch den Ausstellungsraum rauschte, kümmerte sie sich weder um Leon noch um Amelie, die sie beide ansprachen. Sie hatte einfach genug. Mit Tunnelblick stolperte sie zwischen ihren Gästen hindurch, wohl wissend, dass sie gerade keine souveräne Figur abgab. Egal. Alles war egal. Galerie egal, Dariusz egal, alles egal. Draußen lehnte sie sich an die Hausmauer und heulte.
»Ich weiß, was du jetzt brauchst.« Das war Falks Stimme. Schniefend blickte sie hoch. In der einen Hand jonglierte er zwei gefährlich volle Prosecco-Gläser, mit der anderen bot er ihr eine bereits glimmende Zigarette an.
»Danke.« Sie nahm einen tiefen Zug und spürte, wie Falk sie beobachtete. Sie streckte ihm ihre freie Hand entgegen, und er gab ihr eines der Gläser. Sie wusste, dass sie zitterte.
So bizarr die Vorstellung auch war, aber Falk schien in diesem Moment der einzige berechenbare Mensch in ihrem Umfeld zu sein. Phoebe blickte zu ihm hoch und nahm einen weiteren Zug. »Du weißt, was ich brauche?« Sie lachte heiser. »Dann, bitte, sag’s mir. Tu dir keinen Zwang an.«
»Komm mit, und ich zeige es dir.« Das Timbre seiner Stimme hatte etwas Schwingendes, Lockendes. Phoebe wusste, dass sie dabei war, eine Dummheit zu begehen, und das Schlimme daran war, dass sie nicht einmal betrunken war, sondern einfach nur enttäuscht. Und sie wusste, dass Falk es wusste und ihren Gemütszustand ausnutzen würde. Phoebe trat die Zigarette aus und ergriff Falks Hand. Er zog sie mit sich die Gipsstraße hinunter. Als er sie nach ein paar Metern in den Arm nahm, krallte sich Phoebe an sein Jackett und weinte wieder los. Falk seufzte. Das hatte er eigentlich nicht beabsichtigt, als er sie eben angesprochen hatte, aber egal. Solange sie keine Mascaraflecken auf seinem Hemd hinterließ, war alles gut. Er kramte in seiner Hosentasche nach einem Taschentuch, aber vergeblich.
»Hör auf zu weinen, Phoebe. Ich kann dich so nicht sehen.« Vorsichtig löste er ihre Hände von seinem Revers und sah sie aufmunternd an. Phoebe versuchte ebenfalls ein Lächeln.
»Ich sehe bestimmt schrecklich aus«, sagte sie leise.
»Allerdings«, stimmte ihr Falk zu, »und deshalb sollten wir etwas aus
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