Feuerwogen
mit einer erweiterten Speisekarte und flexibleren Öffnungszeiten zu versuchen. Aber was Regina als Chance betrachtete, wertete ihre Mutter als Absage an alles, wofür sie jemals gearbeitet hatte.
»Du hast jetzt also ein Problem damit, wie ich das Restaurant führe?«
Reginas Kopf pochte. »Nein, Ma. Es geht ums Geschäft.«
»Schwachsinn. Jane ist nur hergekommen, um einen Blick auf Maggie zu werfen.«
Regina presste die Finger an die Schläfen. »Wovon zum Teufel redest du?«
»Ich sage nur, was alle sagen.«
»Was sagen sie denn?«, fragte Margred.
»Ihr habt so schrecklich überstürzt geheiratet. Könnte ja sein …« Antonia hielt inne, was sonst nicht ihre Art war, bevor sie damit herausplatzte. »Einige Leute glauben, dass du schwanger bist.«
»Ma!«, protestierte Regina. Instinktiv sah sie sich nach Nick um, aber er war oben in dem Apartment, das sie mit ihm bewohnte, seitdem sie ihn vor über sieben Jahren nach Hause mitgebracht hatte: vier kleine Zimmer mit Mäusen in den Wänden und dem Geruch von Knoblauch und roter Sauce, der von der Küche darunter emporstieg.
»Was?« Antonia verschränkte die Arme vor der Brust. »Es gibt eben Frauen, die feststellen, dass sie schwanger sind, und dann den Vater ihres Babys heiraten.«
O Gott. Regina drehte sich der Magen um. Als wäre dieser Tag nicht auch so schon zum Kotzen. Ihre Mutter konnte sich nicht mit der Herrschaft über das Restaurant zufrieden geben, sie wollte auch noch über Reginas Leben bestimmen.
»Das funktioniert nicht immer, Ma.«
Antonia funkelte sie an. »Was soll denn das heißen?«
Margred hatte aufgehört, die Tische abzuwischen, um besser zuhören zu können.
»Du hast Dad geheiratet«, sagte Regina. »Wie viele Jahre ist er geblieben? Zwei? Drei?«
»Wenigstens trägst du den Namen deines Vaters.«
»Das ist aber auch alles. Du hast für alles gesorgt. Bist für alles aufgekommen. Er hat niemals Unterhalt gezahlt.«
»Oh, und du hast es ja so viel besser gemacht mit dem gierigen Gourmet.«
Frust schnürte Regina die Kehle zu. Sie hatte noch nie mit ihrer Mutter reden können. Sie waren wie Feuer und Wasser – zu verschieden, um einander wirklich zu verstehen.
Oder vielleicht waren sie sich auch zu ähnlich.
»Ich wollte nicht …« Sie nestelte an dem Kruzifix um ihren Hals und schob es die Kette hinauf und hinunter. »Ich versuche doch nur, dir zu sagen, wie sehr ich es zu schätzen weiß …«
»Dein Vater hat uns geliebt. Nicht jeder ist für das Inselleben gemacht, weißt du.«
»Ich weiß.
O Gott.
« Mussten sie jede Leiche im Keller exhumieren, nur weil Jane Ivey Reginas Krabbenplätzchen lieber aß als die Lasagne ihrer Mutter? »Ich würde selbst gehen, wenn ich könnte.«
Die Worte hingen in der Luft, dick wie Bratengeruch aus der Fritteuse. Der gekränkte Ausdruck in Antonias Gesicht wirkte wie eine Ohrfeige.
Regina biss sich auf die Zunge.
Mist.
»Ich bin nicht schwanger«, ließ Margred sich vernehmen.
Antonia fuhr zu ihr herum. »Was?«
»Ihr wolltet es doch wissen. Ich hätte gern ein Baby. Aber ich bin noch nicht schwanger.«
»Du willst ein Baby?«, wiederholte Regina. Sie musste an ihre Schwangerschaft mit Nick denken, als sie die ganze Zeit krank und müde und einsam gewesen war. »Ihr habt doch gerade erst geheiratet.«
Antonia schnaubte. »Was heißt geheiratet! Sie haben sich erst vor sechs Wochen kennengelernt.«
Margred hob die Augenbrauen. »Ich wusste nicht, dass es Zeitlimits gibt. Wie lange muss man jemanden kennen, bevor man schwanger werden kann?«
Eine Erinnerung überfiel Regina: Dylan, stark und heiß in ihr, wie er sie ausfüllte, sie weitete. Ihre eigene Stimme, die wimmerte:
»Ich könnte schwanger werden!«
Ihr Magen verkrampfte sich.
O Gott.
Sie durfte nicht schwanger sein. Keiner konnte zweimal so viel Pech haben.
Die Glocke erklang wieder, und eine Vogelscheuche schob sich durch die Tür: schmales Gesicht, dünner Bart, schmuddelige Armyjacke über diversen Lagen von Sweatshirts.
Kein Camper, dachte Regina, trotz des Rucksacks. Die abgetragene Kleidung, der Schmutz in den Hautfalten seiner Fingerknöchel und an seinen Stiefeln ließ auf mehr schließen als nur eine Woche in der Wildnis. Vielleicht ein Obdachloser.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Antonia mit einer Stimme, die das Gegenteil besagte.
Raus hier. Machen Sie, dass Sie wegkommen.
Regina verstand ihre Feindseligkeit. World’s End hatte kaum genug soziale Einrichtungen für die eigene Bevölkerung. Und
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