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Feurige Küsse

Feurige Küsse

Titel: Feurige Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Calaverno
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Abends verbracht habe, aber ich schwebte noch auf Wolken, als ich mit den anderen zum Hotel zurückging, und sogar im Bus war mir alles egal.
     
    Und so stehe ich jetzt vor dem Spiegel und schwanke zwischen dem graublauen und dem moosgrünen Lidschatten. Plötzlich ist es mir gleichgültig, ob ich sie entsetze. Schon als ich in dem feinen Laden den Lidschatten, die Mascara und das Rouge mitgehen ließ, schlug mein Herz schneller vor lauter Vorfreude. Ich würde das tun, was ich mir seit Jahren mehr als alles andere gewünscht hatte: Ich würde mich nicht mehr verbiegen. Wenn sie es nicht ertragen konnten, sollten sie mich doch hinauswerfen. Ich würde schon zurechtkommen, irgendwie. Ich konnte es erst einmal in Frankfurt versuchen. Der Lange schien wirklich nett zu sein. In der Großstadt wäre es bestimmt leichter als hier.
    Vorsichtig verwischte ich das Rouge so lange auf meinen Wangenknochen, bis es tatsächlich nur noch ein kaum wahrnehmbarer Schimmer war, der mein Gesicht schmaler und zarter wirken ließ. Der graublaue Lidschatten betonte meine Augen, und die Wimpern schienen durch die Mascara lang und dicht wie in der Reklame. Zufrieden zwinkerte ich mir im Spiegel zu: So gefiel ich mir endlich. Meine Haare wachsen schnell, bald würde ich sie hinter die Ohren streichen können, mit ihnen spielen.
    Ich fuhr mit den Händen über das eng sitzende T-Shirt, über die schwarz glitzernde Stretch-Hose, die sich so über meinem Po straffte, dass ich jede Bewegung im Schritt spüren konnte. So sexy, so stark und selbstsicher hatte ich mich noch nie gefühlt.
    Meine schimmernden Lippen verzogen sich zu einem hämischen Lächeln bei der Vorfreude auf das rot anlaufende Gesicht meines Vaters, die hervorquellenden Fischaugen, die vor Wut zitternden Wurstfinger und die zusammengekniffenen Augen meiner Mutter, die immer so tat, als sehe sie mich nicht.
    Unten klappte die Küchentür. Aha, das Abendessen war fertig. Sie wusste noch nicht, dass sie heute Abend der Wahrheit endlich ins Gesicht sehen würde, als sie mich mit ihrer stets mürrisch klingenden Stimme rief: „Kommst du endlich, Hans-Dieter?“

Der dritte Liegestuhl von links
    „Es wurde auch wirklich Zeit, dass Harald sich endlich einmal dazu aufrafft!“ Die melodische Stimme ihrer Freundin Sabine, Inhaberin des kleinen Reisebüros Sonnenschein , klang zufrieden. „Und wisst ihr schon wohin? Der zwanzigste Hochzeitstag ist schließlich keine Lappalie.“
    Gabriele lächelte eine Spur gequält und sagte entschuldigend: „Du kennst doch Harald: Es muss so nah sein, dass er in ein paar Stunden wieder hier sein kann. Flugreisen kommen nicht in Frage, und zu exotisch darf es auch nicht sein …“
    „Was hältst du von Norditalien? Ein hübsches kleines Hotel in ruhiger Umgebung – warte mal, vorhin habe ich gerade ein tolles Angebot hereinbekommen.“ Sabine blätterte hektisch in den Stapeln auf der Ablage hinter sich und zog triumphierend eine dünne Broschüre heraus. „Hier – was meinst du dazu? Sieht doch gut aus, oder?“
    Unsicher betrachtete Gabriele die Aufnahmen einer überaus fein und überaus teuer wirkenden Villa inmitten eines parkähnlichen Gartens. Selbst wenn man annahm, dass nicht alle Zimmer so stilvoll ausgestattet waren, wie das fotografierte, schien es ihr doch etwas zu pompös.
    „Ich weiß nicht … Ob Harald sich in einer solchen Umgebung wohl fühlt?“
    Sabine seufzte ungeduldig. „Sei kein Schaf! Hauptsache, es gefällt dir! Wann wart ihr zum letzten Mal in Urlaub? Jetzt solltest du die Gelegenheit nutzen und dir zur Abwechslung etwas gönnen.“
    Eigentlich hatte Sabine recht. Seit ihr Mann sich vor zwölf Jahren mit seiner kleinen Firma selbständig gemacht hatte, war an Urlaub nicht mehr zu denken gewesen. Sie hatten die Kinder auf Freizeiten oder zu den Großeltern geschickt und die Zeit genutzt, aufgeschobene Arbeiten zu erledigen.
    „Und außerdem“, ihre Freundin zwinkerte ihr verschwörerisch zu, „in Italien wimmelt es von aufregenden Männern. Vielleicht ergibt sich da etwas. Du weißt schon …“
    Sabine war wirklich unmöglich!
    Nur selten hatte Gabriele die Zeit und Muße gehabt, so etwas wie Unzufriedenheit zu verspüren. Meist geschah das ironischerweise, wenn ihr eine Atempause erlaubte, sich in einem Buch zu verlieren. Es war schon seltsam, dass weit und breit kein real existierendes männliches Wesen auch nur im Entferntesten an die aufregenden Exemplare zwischen den Buchdeckeln heranreichte.
    Eines Abends,

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