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Feurige Küsse

Feurige Küsse

Titel: Feurige Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Calaverno
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als Sabine und sie schon ein wenig zu viel getrunken hatten, waren sie unter anzüglichem Gekicher, das sich zu brüllendem Gelächter steigerte, sämtliche ihnen bekannte Männer durchgegangen. Keiner von ihnen verfügte auch nur über einen Bruchteil jener sexuellen Ausstrahlung, dank derer die fiktiven männlichen Helden die Damen so mühelos in zitternde, vor Lust schreiende Bettgenossinnen verwandelten.
    Ihr Mann bildete leider keine Ausnahme. Als sie jünger gewesen waren, erschien ihr bereits der Rücksitz des Autos als Höhepunkt der Zügellosigkeit. Aber ihren wachsenden Wünschen stand seine wachsende Gleichgültigkeit – oder vielleicht besser Trägheit – gegenüber.
    Wenn sie sich abends im Büro gegenübersaßen, jeder mit seinen Papieren beschäftigt, hatte sie sich schon oft gefragt, ob Harald wohl je auf die Idee käme, sie auf dem Schreibtisch zu lieben. Ob er schrecklich schockiert wäre, wenn sie es ihm vorschlagen würde?
    Und wieso konnte er nicht selbst darauf kommen?
    Gabriele strich sich die schulterlangen, nussbraunen Haare aus dem Gesicht. Sie hätte gut als Mittdreißigerin durchgehen können mit ihrer gut gerundeten, aber wohlgeformten Figur, dem glatten Gesicht.
    Aber vor zwei Jahren hatte sie ihren vierzigsten Geburtstag gefeiert. Manchmal, wenn sie ihre fast erwachsene Tochter betrachtete, konnte sie ein leises Bedauern darüber nicht unterdrücken, dass das Leben so ereignislos und gleichförmig an ihr vorbeigerauscht war.
    „Also gut, ich buche es einfach.“
     
    In Haralds „Ist es nicht ein bisschen teuer für eine Woche?“ klang leiser Vorwurf.
    „Dafür ist es genau das, was wir wollten, oder nicht?“ Gabriele war finster entschlossen, ihre Wahl nicht kritisieren zu lassen. „Du hast mir die Auswahl überlassen“, erinnerte sie ihn.
    Mit jedem Tag, den die Reise näher rückte, wurde sie nervöser. Sie fand es selbst ziemlich lächerlich. Andere Leute verreisten nach Thailand oder Australien und veranstalteten kein solches Theater.
    Als sie endlich fuhren, war die ehemals vornehm steife Broschüre weich und lappig, aber dafür war ihr jedes Detail auf jedem einzelnen Bild vertraut.
    Natürlich waren sie nicht wie geplant gleich morgens gefahren. Die Mittagssonne brannte unangenehm auf das Wagendach, und auch die Lüftung schaffte es nicht, die Stickigkeit aus dem Inneren zu vertreiben. Erst auf der kurvenreichen Strecke hoch zum Alpenpass wurde die Luft stetig kühler. Gabriele fand die Hochregion mit ihren finsteren Fichtenwäldern, die sich an abweisende Felswände zu klammern schienen, nicht besonders ansprechend. Die Frische hatte einen ungemütlichen, aseptisch reinen Unterton. Kalt, trocken, lebensfeindlich.
    Die Straßenkehren vom Bernardino hinunter ins Tessin hingegen begeisterten sie. Mit jeder Kurve wurde die Luft weicher, bis sie unten warm und seidig über ihre nackten Oberarme strich. Sie bog den Kopf nach hinten, um die Brise ihre Kehle entlang zu spüren, eine kaum spürbare Liebkosung.
    Wie konnte ein schierer Lufthauch nur so angenehm sein? Am liebsten hätte sie ihren ganzen Körper von ihm streicheln lassen.
    Die Villa Bozzolo war schwer zu finden. Die spärlichen Hinweisschilder führten sie immer weiter den Berghang hinauf: durch Ortschaften, die nahezu unbewohnt schienen; vorbei an verfallenen Steinmauern, deren ursprüngliche Gebäudeform nicht mehr zu erkennen war.
    „Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“, fragte Gabriele mehr als einmal. Das Blätterdach über ihnen ließ zahllose Sonnenflecken durch. Wie kleine Wärmepflaster wanderten sie über ihren Körper, unzählige berührungslose Berührungen.
    Überraschend plötzlich ragte auf einmal das gemauerte Portal vor ihnen auf. Das schwere Eisengitter stand einladend offen. Niemand schien sich in der Nähe aufzuhalten. Erst als der Wagen vor den Stufen des überdachten Eingangs ausrollte, erschien aus dem Nichts ein schwarz gekleideter Bediensteter, der ihnen wieselflink das Gepäck an die Rezeption trug und dann auffordernd die Hand nach dem Autoschlüssel ausstreckte. Harald zögerte und warf ihr einen unsicheren Blick zu. Soll ich wirklich meinen Autoschlüssel aus der Hand geben. Hier in Italien?, schien er zu fragen.
    „Willkommen in der Villa Bozzolo. Geben Sie ihm ruhig den Schlüssel. Er fährt es nur in die Tiefgarage.“
    Sie fuhren herum. Die sonore Stimme gehörte zu einem Herrn, der von seinem Äußeren her genauso gut der Besitzer des Anwesens hätte sein können.

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