Feuriger Rubin: Roman (German Edition)

Sympathien an, doch wollte er sein Haar nicht ganz kurz in dem hässlichen Roundhead-Stil schneiden lassen. Er entschied sich für einen Kompromiss, indem er es ein wenig kürzen ließ und es mit einem schwarzen Band ordentlich zusammenfasste.
    Da er sich neu einkleiden musste, schaute er sich ab, was die Leute trugen. Bei den Männern gab es offenbar drei Kategorien, wobei die Uniformen der Parlamentstruppen überwogen. Das andere Extrem bildeten die strengen, dunklen Röcke der puritanischen Fanatiker mit ihren eckigen Schuhen und schwarzen hohen Hüten.
    Nachdem er sich bei den Juristen und auf der Wollbörse umgeschaut hatte, beschloss er, sich nach der Kleidung der höheren Berufsstände zu richten. Er bestellte einen schwarzen und einen dunkelgrauen Anzug mit schlichten Jacken ohne jeden Zierat, dazu Kniehosen, die mit hohen Reitstiefeln getragen wurden. Seine Hemden waren ohne Spitzenbesatz und schlossen am Hals mit einfachen Batistbändern ab.
    Er hielt die Augen offen, wo immer er ging. Dabei kamen ihm Gerüchte von so vielen Verschwörungen gegen Cromwells Leben zu Ohren, dass einige davon auf Wahrheit beruhen mussten. Man munkelte auch, dass es um die Gesundheit des Protektors nicht gut bestellt sei. Ich habe meine Ohren gut genutzt. Jetzt will ich meine Augen nutzen und Whitehall in Augenschein nehmen.
     
    Er unternahm einen Ritt den Strand entlang, um die Anlage von Whitehall auszukundschaften. Da der Bereich um den Old Savoy Palace buchstäblich vor Militär starrte, wurde ihm klar, dass er die Wachposten nie passieren könnte.
    Ehe er sich auf den Weg nach Salisbury Court machte, stattete er einem Trödler auf der Cheapside einen Besuch ab. Um den Betrag von sechs Shilling erstand er die Uniform eines Leutnants der Parlamentsarmee. Er kramte in einer Schachtel mit Messingknöpfen und anderem Zeug, bis er auf die Insignien eines Captains stieß. Bevor er abends zu Bett ging, nähte er die neuen Abzeichen an.
    Als er am Morgen die Uniform des Feindes anzog, kam er sich gar nicht wie ein Verräter vor. Die vor ihm liegende Herausforderung weckte in ihm sogar ein Hochgefühl. Die Uniform wirkt im Vergleich zu jener der Cavaliers kläglich, doch wird sie einer Musterung standhalten. Er schnallte sein eigenes Schwert um, salutierte vor seinem Spiegelbild und ging dann die Themse entlang.
    Die flussaufwärts fahrenden Schiffe beförderten so früh am Morgen nur wenig Passagiere. An der Wassertreppe des Old Palace stieg er aus und ging forsch den Weg entlang, der zum Whitehall Palace führte. Den wachhabenden Posten am Tor bedachte er mit einem durchdringenden Blick, worauf dieser Haltung annahm und vor dem Captain salutierte.
    Ohne zu zögern, betrat Montgomery das Palastgelände, als wüsste er genau, wohin er ging. Passierte er Gruppen von Parlamentssoldaten, nickte er knapp und ging weiter. Er betrat Whitehall zusammen mit anderen Uniformierten und strebte, seiner Nase folgend, der Küche zu, in der die zahlreichen Köche, Gehilfen und Küchenjungen für rege Betriebsamkeit sorgten. Das Geklapper der Töpfe, Pfannen und irdenen Geschirre war so laut, dass das Gesinde sich schreiend verständigen musste. Er erspähte eine beleibte Frau mit gestreifter Schürze, die an einem Tisch ihr Frühstück verzehrte.
    »Darf ich an Eurem Tisch Platz nehmen, Madam?«, fragte er augenzwinkernd
    Sie strahlte. »Und was Ihr sonst noch wollt, mein Lieber!« Ihr Blick blieb an seinen breiten Schultern hängen. »Was führt Euch in die Küche, Captain?«
    »Ich soll hier inspizieren«, flüsterte er ihr vertraulich zu, indem er sich zu ihr hinunterbeugte.
    Ihr blieb der Mund offen stehen. »Die Köche? Die Speisen?«
    Er legte die Finger an die Lippen. »Eine gewisse hohe Persönlichkeit hat Verdachtsmomente geäußert.«
    »Ach, also deshalb kommt das Tablett von Old Noll unberührt zurück. Er glaubt, wir wollten ihn vergiften.«
    »Leise, meine Liebe – bislang haben meine Ermittlungen nichts Unrechtes ergeben.«
    Sie presste die Lippen konsterniert zusammen. »Das denke ich mir. So, und jetzt bringe ich Euch etwas, das heute unter meiner Aufsicht gekocht wurde. Ihr könnt selbst kosten.«
    Sie sprang auf und kam im Nu mit einem Brett mit geräuchertem Schinken, Eiern und gebratenen Nieren zurück. »Greift herzhaft zu.«
    Er verzehrte das Frühstück mit Genuss. Ich darf nicht vergessen, eine Köchin einzustellen. » Mein Kompliment, Madam, das ist hervorragend. Vielleicht schickt er sein Essen nur zurück, weil es