Feuriger Rubin: Roman (German Edition)
und ich bin nicht dumm genug, um etwas anderes zu glauben.«
»Ist dir nicht aufgefallen, wie er dich ansah? Er hat dich mit seinen Blicken fast verschlungen. Velvet, mich hat kein Mann jemals so angesehen. Möchtest du meine Geschichte hören?«
Velvet nickte schüchtern.
»Mein Vater war Edward Bruce, schottischer Baron of Kinloss. Da er James Stuart half, die englische Krone zu gewinnen, versprach ihm der König die Verbindung mit einem reichen und aufstrebenden englischen Haus. Der König erhöhte persönlich meine Mitgift um zehntausend Pfund und arrangierte für mich die Heirat mit dem Sohn des Earl of Devonshire. Damals war ich zwölf. William war achtzehn und weigerte sich standhaft, eine Zwölfjährige zu heiraten, da er in glühender Liebe zu Margaret Chatterton entbrannt war, einer jungen Dienstmagd, die er verführt hatte.
Schließlich gab er dem Druck nach und gab sein Einverständnis unter der Bedingung, dass er seine Freiheit und Mistress Chatterton behalten dürfe. Er ließ mich bei seiner Familie in Derbyshire und kehrte erst zurück, als ich alt genug war, ihm einen Sohn und Erben zu schenken. Kaum war das erledigt, als er an den leichtlebigen Hof König James’ zurückkehrte, wo er das Leben eines Raufboldes, Verschwenders und Wüstlings führte.
Als nach dem Tod James Stuarts dessen Sohn Charles König wurde, alle Lustknaben vom zügellosen Hof verbannt wurden und Unmoral fortan als anstößig galt, rückte ich plötzlich zur hoch geschätzten Gattin und Schlossherrin auf, da William das neue Königspaar mit großzügigen Einladungen förmlich überschüttete. So wurden Königin Henrietta Maria und ich Freundinnen.
William hatte inzwischen auf sein Erbe so viel Kredite aufgenommen, dass er beim Tod seines Vaters total verschuldet war. Dieses Problem wollte er durch den Verkauf wertvollen Cavendish-Landes lösen. Das Schicksal griff ein und hinderte ihn an diesem Leichtsinn. Mein Gemahl starb an übermäßiger Genusssucht und überließ es mir, seine Rechnungen zu begleichen.«
»Und was hast du gemacht?«, fragte Velvet im Flüsterton.
»Ich sperrte dieses Haus zu, machte mit den großen Einladungen Schluss, entließ das Heer von Dienern und tilgte mit der Zeit sämtliche Schulden. Dank der Königin wurden alle gegen mich anhängigen Verfahren für mich günstig beendet. Ich werde ewig in ihrer Schuld stehen.«
»Du warst eine so junge Witwe. Warum hast du nicht wieder geheiratet?«
»Jetzt kommt der springende Punkt meiner Geschichte. Hätte mich jemals ein Mann so angesehen wie Montgomery dich, hätte ich ihn mir auf der Stelle geschnappt. Leider war das nie der Fall. Velvet, du scheinst dir deiner verheerenden Anziehungskraft nicht bewusst zu sein. Nur wenige Frauen wurden mit diesem undefinierbaren Etwas bedacht, das sie für die Männer unwiderstehlich macht. Deine Urgroßmutter Bess Hardwick hatte es auch. Sie heiratete viermal und wickelte jeden ihrer Ehemänner um den Finger.«
»Vier Ehemänner?«
Christian nickte. »Bis zu ihrem fünfunddreißigsten Jahr.« Sie nahm ein in Leder gebundenes Buch aus einem Schrank. »Hier ist eines ihrer Tagebücher, die ich auf Oatlands entdeckte. Ich denke, du solltest es bekommen.«
»Danke … ich werde es hüten wie einen Schatz.«
Christian tätschelte ihre Hand. »Viel wichtiger wäre, dass du es liest, am besten noch vor Mittwoch.«
Als Velvet sich für die Nacht zurechtmachte, wollten ihr die Dinge, die Christian ihr erzählt hatte, nicht aus dem Kopf gehen. Christians Mann hatte ihr nur Unglück und Demütigungen gebracht. Männern ist nicht zu trauen. Und sie geben sich nie zufrieden. Ihre Frauen sollen nicht nur edler Herkunft sein und eine stattliche Mitgift in die Ehe einbringen, sie fordern auch noch absolute Treue. Es versteht sich, dass dies für sie selbst nicht gilt. Im Gegenteil, sie halten es für ihr von Gott gegebenes Recht, sich neben der Ehefrau eine Geliebte zu halten.
Velvet dachte an ihren Vater, den sie stets verehrt hatte, überzeugt, dass er Frau und Familie aus ganzem Herzen liebte. Als er, kaum Witwer geworden, nach kurzer Zeit wieder eine Ehe eingegangen war, hatte sie ihre Illusionen verloren. Ihr Vater musste ihre Mutter schon lange betrogen haben. Es lag auf der Hand, dass er noch zu Lebzeiten ihrer Mutter mit Margaret Lucas ein Verhältnis gehabt hatte. Frauen sind närrisch, weil sie Männern glauben.
Velvet stieg ins Bett und machte sich an die Lektüre von Bess Hardwicks Tagebuch. Bald
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