Feuriger Rubin: Roman (German Edition)
setzen, das Wurzeln schlägt. Montgomery zögerte. Fiel dieser Brief in falsche Hände, konnte man ihn wegen Hochverrats hängen. Um seinen Mund erschien ein fester Zug. Entschlossen tauchte er die Feder ein und schrieb:
Der Tod des Protektors wird zweifellos allerlei Spekulationen die Zukunft betreffend fördern. Das Land und möglicherweise auch Ihr steht an einem Scheideweg. Sind die Menschen nach der langen Nacht des Puritanismus für eine Veränderung bereit oder werden sie es vorziehen, den Status quo unter einem Führer zu bewahren, der seiner Aufgabe nicht gewachsen ist?
Die Regierung ist hoch verschuldet, und der neue Protektor wird das Parlament einberufen müssen, damit es eine massive Steuererhöhung beschließt. An diesem Punkt wird sich eine tiefe Kluft unter der Oberfläche des Lebens der Nation auftun. Ich spüre eine unruhige Strömung, die, sollte sie anschwellen, nur schwer einzudämmen sein wird.
In seine Aufgabe vertieft, wurde Montgomery Velvets Nähe nicht sogleich gewahr. Als er aufblickte und sie sah, war er verblüfft. Sofort drehte er das Papier um, das er beschrieben hatte, und setzte die Feder ab. »Was machst du da?«, fragte er knapp.
Seine Reaktion und sein Ton trafen sie überraschend. »Ich wollte dein Kontor sehen.«
Er schlug nun mit Absicht einen leichteren Ton an, die Falte verschwand von seiner Stirn. »Liebling, sei versichert, dass es hier nichts gibt, was von Interesse für eine Dame sein könnte.« Ruhig zog er das oberste Schubfach auf, ließ den Brief hineingleiten und stand auf. Er nahm ihre Hand und zog sie vom Eingang in den Raum. »Nun, wie du siehst, erledige ich hier meine Geschäfte. Dies ist mein Schreibtisch, dort sind die Schränke, in denen ich meine Unterlagen aufbewahre, und auf diesem Bord stehen unterhaltsame Wälzer, in denen man sich über die Wollbörse, über Schürfrechte, die Lagerhäuser Londons und verschiedene Frachttermine informieren kann.« Er führte sie ans Fenster und hob die Jalousie. »Der Blick auf Londons schmutziges Pflaster mag auf den ersten Blick anregend sein, verliert aber bald an Reiz.«
Velvet lachte. »Ich glaube, dass ich die Andeutung verstehe. Du möchtest nicht, dass ich mich in deine geschäftlichen Angelegenheiten mische.«
»Nie würde ich dein Interesse als Einmischung betrachten«, versicherte er ihr. »Meine Geschäfte würden dich zu Tode langweilen.« Er führte sie hinaus und zeigte ihr die Küche und die leeren Gesindekammern hinter dem Kontor.
Zum Teufel, an wen hast du geschrieben? Du wolltest nicht, dass ich den Brief sehe! Velvets Gedanken überstürzten sich. Vielleicht hast du an deinen Vater geschrieben, dass du mich heiraten wirst.
Als sie wieder hinaufging, spürte sie, wie er spielerisch ihre Kehrseite liebkoste, was ihr den Mut zu der Frage verlieh: »Wird dein Vater ungehalten sein, weil du eine mittellose Frau heiratest?«
»Velvet, ich bin ein Mann und kein Knabe. Sicher wird er meine Entscheidung respektieren. Apropos Heirat, ich glaube, ich gehe rasch hinüber zur St. Bride’s Church, ehe es dunkelt, und arrangiere alles für eine Sonderbewilligung, damit wir morgen heiraten können. Ich will nicht drei Wochen warten und die Frist für das Aufgebot einhalten.«
»Ich habe mein blaues Kleid und passende Schuhe mitgebracht. Meinst du, das ist die passende Aufmachung für eine Braut?«
»Einfach perfekt.« Er drückte einen Kuss auf ihre leuchtenden Locken. »Auf dem Rückweg schaue ich in einer Garküche an der Ecke der Tudor Street vorbei und besorge uns ein Abendessen. Ich glaube, in dem Schrank dort drüben findest du eine Flasche Wein.«
Nachdem Greysteel gegangen war, holte Velvet den Wein aus dem Schrank und stellte ihn auf den Tisch. Sie hob ihren Mantel auf und hörte das Klirren der zwei silbernen Halbkronenstücke, die Mr Burke ihr gegeben hatte, damit sie sich am Exchange etwas kaufen konnte. Ich bin doch nicht ganz mittellos! Der despektierliche Gedanke ließ sie erröten. Sie hatte in diese Ehe nichts einzubringen, doch wunderbarerweise wollte Greysteel sie haben.
Sie trug ihren Mantel durch das Schlafgemach. Das Feuer erhellte den behaglichen Raum, und sie schlug die Decke zurück, um das Bett intim und einladend zu machen. Dann öffnete sie den Schrank, um ihren Mantel aufzuhängen, als sie etwas sah, das sie innehalten ließ. Sie hob den Ärmel der Uniform und starrte ihn fassungslos an. Eine Roundhead-Uniform! Sie sah die Rangabzeichen eines Captain und ließ vor
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