Feuriger Rubin: Roman (German Edition)
denn wahr sein?«, fragte Velvet.
»Ja, das könnte sehr wohl stimmen.« Greysteel zog sich an und ging hinaus.
Velvet schlüpfte in ihren Unterrock und lief in ihr Gemach, um ein trockenes Kleid zu suchen. Sie nahm ein blaues aus Leinen aus dem Schrank, fand passende Schuhe und Strümpfe und brachte alles in den anderen Raum. Nachdem sie sich mit der Bürste durchs Haar gefahren war und das frische Kleid anziehen wollte, trat Greysteel ein.
»Die Neuigkeit aus Whitehall verbreitet sich wie ein Lauffeuer von Mund zu Mund. Ich muss nach London zurück, Velvet.«
»Ich packe sofort. Ist das nicht wunderbar? Jetzt kehrt Charles nach England zurück!«, rief sie außer sich vor Freude.
»Velvet, Liebling, das stimmt nicht. Old Noll hat einen Sohn. Richard Cromwell ist der logische Nachfolger für das Amt des Protektors. Man kann nicht einfach einen Zauberstab schwenken und Charles Stuart auf den Thron setzen.«
Velvet sah so enttäuscht drein, dass er sie in die Arme nahm und auf die Stirn küsste. »Es ist trotzdem eine wunderbare Nachricht. Unglaublich, dass dies an einem so schicksalhaften Tag geschieht. Bist du sicher, dass du mitkommen willst? Ich möchte sehen, woher der Wind weht, meinen Geschäften nachgehen und in ein paar Tagen wieder herauskommen.«
»Natürlich komme ich mit. Das ist ein historisches Ereignis. Die Londoner werden auf die Nachricht von Cromwells Tod mit gespanntem Interesse reagieren.«
»Wir werden reiten müssen, da wir keinen Wagen haben. Morgen kaufe ich einen, das verspreche ich.«
»Es sind nicht einmal vier Meilen. Für die Dame eines Cavaliers keine Entfernung.« Sie ließ ihr blaues Kleid aufs Bett fallen und zog wieder ihr grünes, noch ein wenig feuchtes Reitkleid an. »Ich packe nur ein paar Sachen zusammen und gebe Emma Bescheid.«
Eine halbe Stunde, nachdem sie die bedeutsame Nachricht erfahren hatten, saßen Velvet und Greysteel im Sattel und machten sich auf den Weg nach London. In der Stadt angekommen, sahen sie Menschen in Gruppen an den Straßenecken und überall Soldaten in Bereitschaft, um eventuelle Unruhen niederzuschlagen.
In Salisbury Court angekommen, bezahlte Greysteel den Wirt und traf Vereinbarungen, um das zweite Pferd unterzubringen. Dann bat er den Stallburschen, der Frau, die bei ihm die Hausarbeit erledigte, auszurichten, dass er ihre Dienste am Tag darauf benötigen würde.
Greysteel schloss die Tür seines hohen Hauses auf und geleitete Velvet hinauf in die Wohnräume. »Ich habe noch keine Dienstleute, die im Haus wohnen. Behalte den Mantel lieber an, bis ich Feuer gemacht habe.«
Velvets neugieriger Blick schweifte durch die Wohnstube. »Bemerkenswert ordentlich und sauber für einen Mann ohne Personal. Das macht wohl deine militärische Ausbildung.«
»Die Nachricht, die ich überbringen ließ, galt Mrs Fletcher, die das Haus für mich in Ordnung hält und meine Wäsche macht.«
Velvet sah ihm zu, wie er Feuer machte. Als er ins Schlafgemach ging, um auch dort eines anzuzünden, zögerte sie an der Tür. »Darf ich mich hier ein wenig umsehen?«
»Ich muss unten in meinem Kontor etwas erledigen. Warum erkundest du nicht das ganze Haus?«, neckte er sie. »Mich kannst du später erkunden.« Er zog sie in die Arme, gab ihr einen langen Kuss und versprach, sich zu beeilen.
Montgomerys Gedanken kämpften mit seinen Gefühlen. Er wusste, dass er George Monck von Oliver Cromwells Ableben in Kenntnis setzen musste, hätte es freilich vorgezogen, Charles die Nachricht als Erstem zukommen zu lassen, doch er konnte die Information dem General nicht vorenthalten. Greysteel wusste, dass er keine andere Wahl hatte. Er musste Monck schreiben.
Entschlossen verdrängte er seine Schuldgefühle ob seiner Illoyalität und setzte sich an den Schreibtisch. Greysteel brachte Datum, Ort und Zeit von Cromwells Tod zu Papier. Sobald ich Zeit habe, London den Puls zu fühlen, kann ich den Brief ergänzen. Der Kurier wird erst morgen Abend eintreffen. Er kommt immer am Mittwoch.
Greysteel hatte Velvet vor Wunschdenken bezüglich Charles’ Restauration gewarnt, wusste jedoch, dass die entfernte Möglichkeit bestand, diese zu verwirklichen, wenn einflussreiche und mächtige Persönlichkeiten auf dieses Ziel hinarbeiteten. An diesem schicksalsträchtigen Tag würden die Gedanken vieler Menschen um den König im Exil kreisen. Ganz gewiss wird George Monck an Charles Stuart denken, wenn er von Cromwells Tod erfährt. Vielleicht könnte ich ein Samenkorn
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