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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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nicht interessiert, denn mich beschäftigte eine suburbane Entbehrung, die mir als die grausamste aller Entbehrungen erschien.

Kannst du mich im Fernsehen sehen?

    Southampton gegen Arsenal – 10.4.71

    Ferien in Bournemouth, wo meine beiden Großmütter lebten, und praktischerweise findet ein Auswärtsspiel in Southampton statt. Ich kaufe also ein Busticket, fahre die Küste entlang und kämpfe mich durch ein proppevolles Stadion zum entfernten Rand der Stehränge; und als am nächsten Tag die Höhepunkte des Spiels im Regionalprogramm gezeigt werden, bin ich in der unteren linken Ecke der Mattscheibe zu sehen, und zwar immer, wenn ein Eckstoß getreten wird (McLintock erzielte nach einer dieser Ecken das erste Tor zu einem 2:1-Sieg): ein unauffälliger junger Kerl, sieben Tage vor seinem vierzehnten Geburtstag, unverkennbar vorpubertär … doch ich winke nicht, feixe nicht höhnisch oder schubse den Jungen, der unmittelbar neben mir steht. Ich stehe einfach da, ein regungsloser Punkt in all der jugendlichen Überaktivität um mich herum.
    Warum war ich so ernsthaft? (Sonst war ich überall ein Kind.) Zu Hause, in der Schule – wo mich chronische Lachanfälle bis weit in die sechste Klasse ergriffen –, und unterwegs mit meinen Freunden, von denen ein oder zwei mittlerweile Freundinnen hatten, was von all den Entwicklungen, die wir anderen je miterlebt hatten, mit Sicherheit die lustigste war. Sie erschütterte unsere Zwerchfelle, zerriß uns die Eingeweide und ließ uns vor Geifer förmlich triefen. (Symbolträchtig wurde sogar ein Spitzname geändert. Aus Larry, der aufgrund seiner stilistischen und physischen Ähnlichkeit mit Larry Lloyd, dem Innenverteidiger von Liverpool, so hieß, wurde Caz, weil er jetzt seine Interessen mit Casanova teilte, dem italienischen Bomber. Wir waren von unserem Witz begeistert.) Wenn ich dagegen Arsenal zuschaute, war ich, glaube ich, bis weit in meine zwanziger Jahre hinein nicht entspannt genug, um zu lachen. Wenn man mich irgendwann zwischen 1968 und 1981 auf der Tribüne gefilmt hätte, wäre mein Gesichtsausdruck immer der gleiche gewesen.
    Die simple Wahrheit ist, daß Besessenheit eben nicht lustig ist und daß Besessene nicht lachen. Aber dahinter steckt auch eine kompliziertere Wahrheit: Ich glaube nicht, daß ich sehr glücklich war, und das Problem, ein depressiver Dreizehnjähriger zu sein, besteht darin, daß der Rest des Lebens zum Brüllen komisch ist – das ist nun mal der Fall –, und man nicht weiß, wohin man mit seinem Trübsinn soll. Wie soll man denn Kummer ausdrücken, wenn einen die Leute ständig zum Lachen bringen? Was soll’s, bei Arsenalspielen gab es ohnehin nichts zu lachen, jedenfalls nicht für mich. Und obwohl ich Freunde hatte, die glücklich gewesen wären, mich zu Spielen zu begleiten, wurde meine Anhängerschaft bezeichnenderweise bald eine einsame Beschäftigung. In der folgenden Saison sah ich um die fünfundzwanzig Spiele, davon siebzehn oder achtzehn allein. Ich wollte beim Fußball einfach keinen Spaß haben. Ich hatte überall sonst Spaß, und es hing mir zum Hals raus. Was ich mehr als alles andere brauchte, war ein Ort, an dem ziellose Unglückseligkeit gedeihen konnte. Ein Ort, an dem ich still sein, mir Sorgen machen und den Kopf hängen lassen konnte. Ich war melancholisch, und wenn ich meinem Team zuschaute, konnte ich die Melancholie auspacken und ihr etwas Auslauf verschaffen.

Wie ich das Double gewonnen habe

    Arsenal gegen Newcastle – 17.4.71

    In wenig mehr als einem Jahr hatten sich die Dinge verändert. In der Mannschaft spielten immer noch kaum Stars, und sie hatte ziemlich wenig Feuer, aber es war plötzlich schwer geworden, sie zu schlagen. 1970 endete die trostlose, siebzehnjährige Jagd nach einer Trophäe: Arsenal gewann endlich den europäischen Messepokal – erstaunlicherweise mit einigem Stil. Nachdem Ajax mit Johann Cruyff und allem Drum und Dran im Halbfinale eine Abfuhr erteilt worden war, schlugen die Jungs im ersten Finalspiel die belgische Mannschaft aus Anderlecht nach zwischenzeitlichem Rückstand mit 4:3. Die zweite Partie in Highbury gewannen sie 3:0, und erwachsene Männer tanzten auf dem Spielfeld und weinten vor Erleichterung. Ich war nicht dort. Ich durfte nicht mitten in der Woche zu Abendspielen.
      1971 war Arsenals annus mirabilis. Der Club gewann die Ligameisterschaft und den FA Cup, das berühmte Double, das nur drei Teams in diesem Jahrhundert geschafft haben. Tatsächlich gewann die

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