Fever Pitch
Mannschaft die Trophäen in ein und derselben Woche. Montagabend holte sie in Tottenham die Meisterschaft und am Samstag in Wembley gegen Liverpool den Pokal. Ohne mich. Ich war nicht in Tottenham, weil ich immer noch nicht mitten in der Woche allein zu Abendspielen durfte, und nicht in Wembley, weil Dad trotz gegenteiliger Beteuerungen keine Karte rüberwachsen ließ. Ja, es stimmt, ich bin darüber auch zwanzig Jahre später noch verbittert.
Also war ich bei nichts dabei. (Ich war nicht mal bei der Parade durch Islington am Sonntag nach dem Pokalfinale.
Ich mußte meine Tante Vi in Dulwich besuchen.) Ich verpaßte einfach alles. Und da dieses Buch mehr vom Fußballkonsum als vom Fußball selbst handelt, nimmt das Doublejahr – Arsenals beste Saison des Jahrhunderts – nicht viel Raum in meiner Geschichte ein. Ist das nicht wahrer Impressionismus? Sicher, ich warf jubelnd ein Radio an die Wand meines Schlafzimmers, als in Tottenham der Abpfiff ertönte, und mir wurde vor Freunde buchstäblich schwindlig, als Charlie George im Pokalfinale den Siegtreffer erzielte und mit ausgestreckten Armen auf dem Rücken lag. Ich stolzierte durch die Schule und versuchte mir darüber klar zu werden, wie ich meine Klassenkameraden auf die gleiche Weise demütigen konnte, wie sie es zwei Jahre zuvor mit mir getan hatten. Letztlich mußte ich mit einem glückseligen Lächeln vorlieb nehmen, das sowohl von den Lehrern als auch von den Jungs verstanden wurde. Was sie betraf, war ich Arsenal und hatte ein Anrecht auf meine triumphale Glückseligkeit.
Aber ich empfand das nicht so, nicht wirklich. Ich hatte den Schmerz gegen Swindon verdient, doch zum Double-Triumph hatte ich nicht in der gleichen Weise beigetragen, es sei denn, man würde rund ein Dutzend Ligaspiele, einen Schulblazer, der von Ansteckzeichen klimperte, und ein Schlafzimmer, dessen Wände mit Bildern aus Magazinen bekleistert waren, als Beitrag zählen. Die anderen, jene, die Endspielkarten ergatterten und fünf Stunden in Tottenham anstanden, haben mehr über das Double zu erzählen als ich.
Ich versuche heute, mich an der Tatsache festzubeißen, daß es mir ein paar Wochen früher, vor all dem Ruhm, gelungen war, mich selbst ins Zentrum der Double-Geschichte zu rücken. An meinem Geburtstag gingen Dad und ich zu Arsenal gegen Newcastle (einmal mehr ein fürchterliches Spiel). Ich saß da und krallte mich an einem kleinen Radio fest, das er mir gegeben hatte (genauer gesagt, war es das Radio, das ich am 3. Mai zerdepperte). Leeds führte die erste Division an, und an jenem Nachmittag hatte das Team ein Heimspiel gegen West Brom, Fünftletzter und die ganze Saison ohne Auswärtssieg. Es gab damals einen Comic namens BILLY’S BOOTS, der von einem Jungen handelte, dessen magische Schuhe ihren mittelmäßigen Besitzer in einen Superstar verwandelten. Ich schien unversehens im Besitz eines magischen Radios zu sein, daß die programmierten Niederlagen der nutzlosesten Teams in dramatische Auswärtssiege verwandelte. Als ich es kurz nach der Halbzeit einschaltete, traf West Brom, und als ich das wiederholte, fiel ein zweiter Treffer. Der Stadionsprecher in Highbury gab die Neuigkeit durch, und die Zuschauer liefen Amok. Charlie George erzielte das einzige Tor, und Arsenal übernahm zum ersten Mal in jener Saison die Tabellenführung.
Das Geschenk, das ich an jenem Nachmittag erhielt, war von unschätzbarem Wert, so wie der Weltfrieden oder das Ende der Armut in der Dritten Welt, es war etwas, das man für eine Million Pfund nicht kaufen konnte – es sei denn, mein Dad hatte den Schiedsrichter in Leeds für eine Million Pfund gekauft (was übrigens die einzig mögliche Erklärung für einige Entscheidungen des Schiedsrichters an jenem Nachmittag ist). Eines der Tore von West Brom war nach allgemeinem Konsens hunderte von Metern abseits, was das Publikum dazu provozierte, den Platz zu stürmen, und das führte wiederum dazu, daß Leeds für die ersten paar Spiele der folgenden Saison eine Platzsperre erhielt.
»Die Menge spielt verrückt, und sie hat allen Grund dazu«, verkündete Barry Davies an jenem Abend denkwürdig in MATCH OF THE DAY. Das waren die Tage, als Fernsehreporter Ausschreitungen eher unterstützten, statt mit viel Brimborium für die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu plädieren. Wenn du dem Schiri etwas zugesteckt hast, dann danke, Dad. Brillante Idee. Hätte Leeds zu Hause gegen West Brom verloren, wenn es nicht mein Geburtstag gewesen
Weitere Kostenlose Bücher