Fever Pitch
für einen guten Teil der Leute auf den Stehrängen; aber was meine Liebe für dieses Spiel, mein Wissen darüber, die Art und Weise, in der ich mich über Fußball unterhalten kann und es auch immer tue, wenn sich die Gelegenheit bietet, und mein Engagement für mein Team betrifft, bin ich überhaupt nicht außergewöhnlich.
Fußball ist bekanntermaßen das Spiel des einfachen Mannes, und wird dadurch für alle möglichen Leute, die, so wie die Dinge liegen, gerade nicht der einfache Mann sind, zum Objekt der Begierde. Manche mögen es, weil sie sentimentale Sozialisten sind, manche, weil sie Privatschulen besucht haben und das bereuen, manche, weil sie ihr Beruf – Schriftsteller, Nachrichtensprecher oder Geschäftsführer einer Werbeagentur – weit von dort entfernt hat, wo sie sich hingehörig fühlen oder hergekommen sind, und ihnen der Fußball als ein schneller, schmerzloser Weg dahin zurück erscheint. Und genau das sind die Leute, die offenbar das größte Bedürfnis verspüren, Fußballstadien als Schlupfloch einer gärenden, bösartigen Unterschicht darzustellen: Schließlich liegt es nicht in ihrem Interesse, die Wahrheit zu sagen – daß die selten zu findenden »Pitbull-Augen« häufig hinter Brillengläsern versteckt sind und man auf den Tribünen jede Menge Schauspieler, Werbefachfrauen, Lehrer, Buchhalter, Ärzte und Krankenschwestern findet, genauso wie Bilderbuch Arbeiterklasse-Männer mit Mützen und großmäulige Schläger. Ohne die zahllosen Verteufelungen des Fußballs könnten diejenigen, die sich von der modernen Welt entfernt haben, nicht mehr beweisen, daß sie sie verstehen, oder?
»Ich möchte behaupten, daß Fußballanhängern die Rolle von« rülpsenden Untermenschen »zuzuweisen es leichter macht, uns auch als solche zu behandeln, und daher Tragödien wie Hillsborough eher passieren«, schrieb ein kluger Mann namens Ed Horton in dem Fanmagazin WHEN SATURDAY COMES, nachdem er Amis’ Besprechung gelesen hatte.
»Schriftsteller sind beim Fußball willkommen – das Spiel hat nicht die Literatur, die es verdient. Aber Snobs, die bei den« harten Jungs »auf die Wie-ist-es-denn-so-als-Asozialer-Tour machen, können wir wirklich am allerwenigsten gebrauchen.« Genau. Also wäre es der schlechteste Dienst, den ich dem Spiel erweisen kann, Buße für meine Ausbildung anzubieten oder sie zu verleugnen oder zu entschuldigen; Arsenal kam lange vor Cambridge und war auch danach immer da, und die drei Jahre am College haben, soweit ich das beurteilen kann, einfach nichts verändert.
Als ich dort ankam, wurde mir jedenfalls klar, daß ich nicht allein war: Es gab Dutzende von uns, Jungs aus Nottingham, Newcastle und Essex, von denen viele die staatlichen Ausbildungssysteme durchlaufen hatten und die von einem College willkommen geheißen wurden, das ängstlich bestrebt war, sein elitäres Image abzuschwächen. Wir spielten alle Fußball und hatten unsere Lieblingsteams, und innerhalb weniger Tage hatten wir uns alle gefunden, und es war, als ob man im Gymnasium noch mal ganz von vorn anfing, nur eben ohne FußballAbziehbilder.
Ich fuhr in den Ferien von Maidenhead rauf nach Highbury und reiste für die großen Spiele von Cambridge runter, doch ich konnte mir das nicht sonderlich oft leisten – was zur Folge hatte, daß ich mich wieder ganz frisch verliebte, in Cambridge United. Ich hatte das nicht so geplant – die Us sollten eigentlich nur das Samstagnachmittag-Jucken beseitigen, doch es kam so weit, daß sie in einer Weise um Aufmerksamkeit kämpften, wie es vorher niemand getan hatte.
Ich war Arsenal nicht untreu, weil die zwei Teams nicht im selben Universum zu Hause waren. Wenn die zwei Objekte meiner Bewunderung sich je bei einer Party in die Quere gekommen wären – oder einer Hochzeit oder einer anderen dieser unangenehmen gesellschaftlichen Situationen, die man zu meiden sucht, wann immer es geht –, so wären sie verwirrt gewesen: Wenn er uns liebt, was findet er dann an ihnen? Arsenal hatte Highbury, große Stars, riesige Zuschauermengen und das ganze Gewicht der Geschichte auf seinem Buckel; Cambridge hatte ein winziges, baufälliges Stadion, das Abbey Stadium (das Gegenstück zum Clock End, dem Gästeblock in Highbury, war das Allotments End, auf dessen Rückseite sich gelegentlich freche Gästefans stahlen, um die Salatköpfe der Rentner über die Mauer zu schleudern), weniger als viertausend Zuschauer pro Spiel und überhaupt gar keine Geschichte – der
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