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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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gingen, sagte ich heimlich und sentimental Lebewohl.
      Ich hatte genug Poesie gelesen, um einen erhabenen Augenblick zu erkennen, wenn er mir über den Weg lief. Meine Kindheit starb, sauber und unaufdringlich, und wenn du bei einem Verlust solchen Ausmaßes nicht anständig trauern kannst, wann willst du dann trauern?
    Mit achtzehn war ich schließlich erwachsen geworden. In meinem Leben gab es für die Art von Besessenheit, mit der ich gelebt hatte, keinen Platz mehr, und wenn ich Terry Mancini und Peter Simpson opfern mußte, um Camus richtig verstehen zu können und mit einer Menge nervenaufreibender, neurotischer und raubgieriger Kunststudentinnen zu schlafen, dann sollte das so sein. Das Leben war gerade dabei zu beginnen, also mußte Arsenal gehen.

    1976 -1986

Meine zweite Kindheit

    Arsenal gegen Bristol City – 21.8.76

    Wie sich herausstellte, hatte meine Kälte gegenüber allem, was Arsenal betraf, nichts mit Übergangsritualen, Mädchen, JeanPaul Sartre oder Van Morrison, sondern ziemlich viel mit der Unfähigkeit des Sturmduos Kidd/Stapleton zu tun. Als Bertie Mee 1976 zurücktrat und sein Nachfolger Terry Neill Malcolm Macdonald für 333333 Pfund von Newcastle kaufte, lebte meine Hingabe mysteriöserweise wieder auf, und ich war zum Auftakt der neuen Saison zurück in Highbury, mit der gleichen dummen Zuversicht für den Club und genauso hungrig ein Spiel zu sehen wie in den frühen Siebzigern, als meine Besessenheit ihren fieberhaften Höhepunkt erreicht hatte. Wenn ich vorher mit meiner Vermutung richtig gelegen hatte, daß meine Gleichgültigkeit ein Zeichen einsetzender Reife war, dann hatte diese Reife gerade mal zehn Monate bestanden, und ich war mit neunzehn bereits in meiner zweiten Kindheit.
    Terry Neill war wirklich nicht das, was man sich unter einem Keffer vorstellt. Er hatte vorher Tottenham trainiert, was ihn bei einigen Arsenalfans nicht eben beliebt machte, und dort nicht mal besonders Tolles geleistet: Er hatte es nur denkbar knapp vermieden, sie in die zweite Division zu führen (obwohl sie auf alle Fälle reif für den Abstieg waren). Aber er war immerhin ein neuer Besen, und es gab in unserem Team einige ziemlich verstaubte Ecken, und dem Zuschauerandrang beim ersten Spiel unter seiner Verantwortung nach zu urteilen, war ich nicht der einzige, der durch die Hoffnung auf den Beginn einer neuen Ära zurückgelockt worden war.
      Genaugenommen waren Macdonald, Neill und diese mögliche neue Ära nur zum Teil für meine Rückkehr in den Schoß der Familie verantwortlich. Im Verlauf der vorangegangenen Monate war es mir gelungen, mich wieder in einen Schuljungen zu verwandeln, und zwar paradoxerweise dadurch, daß ich die Schule verlassen und einen Job angenommen hatte. Nach meinen Aufnahmeprüfungen für die Universität arbeitete ich in London für eine riesige Versicherungsgesellschaft. Ich glaube, ich wollte meine Faszination für diese Stadt zu einer Art von Abschluß bringen, und zwar indem ich ein Teil von ihr wurde, aber das war schwieriger als erwartet. Ich konnte es mir nicht leisten, dort zu wohnen, also pendelte ich zwischen der City und zu Hause (mein Gehalt wurde von Zugfahrten und Drinks nach der Arbeit aufgezehrt), und ich kam nicht mal dazu, sonderlich viele Londoner zu treffen (da ich allerdings auf die Vorstellung fixiert war, daß echte L ondoner diejenigen Menschen waren, die in der Gillespie Road, Avenell Road oder Highbury Hill, N5, wohnten, war ohnehin klar, daß sie schwer faßbar sein würden). Meine Arbeitskollegen waren zum größten Teil, genau wie ich, junge Pendler aus den Home Counties.
    Statt mich in einen großstädtischen Erwachsenen zu verwan
    deln, endete es damit, daß ich meine in der Vorstadt verbrachte Jugend neu erschuf. Die meiste Zeit langweilte ich mich zu Tode, genau wie früher in der Schule (die Gesellschaft stand im Begriff, nach Bristol umzuziehen, und wir waren alle jämmerlich unterbeschäftigt). Zu Dutzenden saßen wir an unseren Schreibtischen, die in Reihen angeordnet waren, und versuchten so zu tun, als würden wir arbeiten, während verbitterte Aufseher, denen sogar die geringfügige Würde der winzigen Kästchen, in denen ihre Vorgesetzten hockten, vorenthalten worden war, uns wie Falken beobachteten und uns maßregelten, wenn unsere Zeitverschwendung zu auffällig oder zu laut wurde. Genau in so einem Klima gedeiht der Fußball: Ich verbrachte den größten Teil des langen und tödlich heißen Sommers 1976 damit, mit einem

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