Fever Pitch
die Freudenbekundungen des restlichen Teams entgegenzunehmen. Verteidiger sind berühmt dafür, jedes Eigentor abzustreiten, wenn es möglich ist, aber Evertons Vorstopper, von der Dreistigkeit seines Gegenspielers überwältigt, erzählte den Zeitungen, daß unsere Nummer Neun nicht mal in die Nähe des Balles gekommen sei. Trotzdem sahnte Macdonald den Verdienst fürs Tor ab.
In Wahrheit hatte er keine sonderlich tolle Karriere bei Arse
nal. Nach nur drei Spielzeiten bei uns beendete er wegen einer ernsthaften Knieverletzung seine Laufbahn, und in der letzten Saison spielte er nur viermal. Es gelang ihm allerdings trotzdem, zu einer Legende zu werden. Wenn er einen guten Tag hatte, war er ein großartiger Spieler, aber in Highbury hatte er davon nicht allzuviele. Am besten war er während seiner Zeit in Newcastle, einem ständig schwachen Team, aber sein Ehrgeiz war so groß, daß er es geschafft zu haben scheint, sich mit Gewalt den Weg in Arsenals Ruhmeshalle zu bahnen. (ARSENAL 1886-1986 von Phil Soar und Martin Tyler, die definitive Geschichte des Clubs, zeigt ihn auffällig auf dem Einband, während Wilson und Brady, Drake und James nirgends zu sehen sind.)
Also warum haben wir uns so von ihm vereinnahmen lassen? Warum wird ein Spieler, der weniger als hundert Spiele für Arsenal gemacht hat, bereitwilliger mit dem Club assoziiert als andere, die die sechs- oder siebenfache Anzahl bestritten haben? Macdonald war ein Spieler, der auf alle Fälle eines hatte: Glamour. Und wir waren immer ein Team ohne Glamour, also dichten wir ihm in Highbury eine Bedeutung für den Club an, die er nicht hat, und hoffen, wenn wir ihn auf die Einbände unserer Hochglanzbücher setzen, niemand möge sich daran erinnern, daß er nur gute zwei Jahre für uns gespielt hat. Und wir hoffen, daß wir mit ihm auf dem Einband irrtümlich für Manchester United, Tottenham oder Liverpool gehalten werden. Arsenals Reichtum und Ruhm zum Trotz waren wir nie aus demselben Holz wie diese Vereine – wir waren immer zu grau, zu argwöhnisch gegenüber Leuten mit Ego – aber das geben wir nicht gern zu. Der Mythos von Supermac ist Hochstapelei, die der Club im eigenen Interesse betreibt, aber wir sind glücklich, wenn wir in ihm schwelgen können.
Eine Stadt der vierten Division
Cambridge United gegen Darlington – 29.1.77
Ich hatte für eine Bewerbung in Cambridge zur richtigen Zeit den richtigen sozialen Status. Die Universität sah sich emsig nach Studenten um, die das staatliche Ausbildungssystem durchlaufen hatten, und selbst meine armseligen A-levelErgebnisse, meine unausgegorenen Antworten auf die Prüfungsfragen und mein hoffnungslos wortkarger Auftritt beim Einführungsgespräch konnten nicht verhindern, daß ich zugelassen wurde. Endlich warfen meine gewissenhaft einstudierten verschluckten Hs Dividenden ab, wenn auch in einer Hinsicht, die ich nicht erwartet hatte. Sie führten nicht dazu, daß ich auf der Nordtribüne akzeptiert wurde, sondern am Jesus College, Cambridge. Ganz sicher bringt nur in unseren altehrwürdigen Universitäten die Ausbildung an einem Gymnasium in den Home Counties eine gewisse Straßenkind-Glaubwürdigkeit mit sich.
Es stimmt, daß die meisten Fußballfans keinen Oxbridge
Abschluß haben (Fußballfans sind Menschen, was immer uns die Medien weismachen wollen, und die meisten Menschen haben ebenfalls keinen Oxbridge-Abschluß); andererseits haben die meisten Fußballfans aber auch kein Vorstrafenregister, tragen keine Messer, urinieren nicht in Taschen oder veranstalten sonst irgendwelche von den Dingen, die man ihnen immer nachsagt. In einem Buch über Fußball ist die Versuchung, sich zu entschuldigen (für Cambridge und dafür, daß man nicht mit sechzehn von der Schule abgegangen, arbeitslos geworden oder unten in den Bergwerken oder in einer Jugendstrafanstalt gelandet ist), überwältigend groß, aber es wäre vollkommen falsch, das zu tun.
Und überhaupt stellt sich die Frage, wessen Spiel Fußball eigentlich ist. Dazu ein paar beliebige Schlagworte aus Martin Amis Rezension von Bill Bufords AMONG THE THUGS »Eine Liebe für das Häßliche«, »Pitbull-Augen«, »Die Gesichtsfarbe und den Körpergeruch eines Käse-Zwiebel-Kartoffelchips«. Diese Beschreibungen sollen dazu dienen, ein Bild des typischen Fans zu entwerfen, und typische Fans wissen, daß dieses Bild nicht stimmt. Ich weiß, ich bin, was meine Ausbildung, meine Interessen und meinen Beruf angeht, wohl kaum repräsentativ
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