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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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daß meine Freundin nach Highbury kommen wollte: An mir war wirklich nicht viel anderes dran (sie hatte mein Ramones-Album gehört) oder zumindest nichts, was ich schon entdeckt und herausgearbeitet hatte. Es gab Dinge, die mir gehörten – meine Freunde, meine Beziehungen mit meiner Mum, meinem Dad und meiner Schwester, meine Musik, meine Liebe zum Kino, mein Sinn für Humor –, doch ich konnte nicht erkennen, daß sie auf irgendwas besonders Individuelles hinausliefen, nicht auf die Weise, wie ihre Sachen individuell waren; aber meine einsame und eindringliche Hingabe an Arsenal und die sie begleitenden Notwendigkeiten (mein Vokalverstümmeln war mittlerweile so weit fortgeschritten, daß auch eine Operation nicht mehr geholfen hätte) … nun ja, das hatte zumindest eine gewisse Schärfe und gab mir ein paar andere Charakteristika als nur eine Nase, zwei Augen und einen Mund.

Typisch Frau

    Cambridge United gegen Exeter City – 29.4.78

    Meine Ankunft in Cambridge löste die zwei besten Spielzeiten in der kurzen Geschichte von United aus. In meinem ersten Jahr wurden sie in der vierten Division mit meilenweitem Vorsprung Meister, in meinem zweiten mußte sie feststellen, daß das Leben in der dritten etwas härter war und bis zur letzten Woche warten, ehe sie den Aufstieg sicherstellten. Sie hatten innerhalb einer Woche zwei Spiele im Abbey Stadium: eins am Dienstag abend gegen Wrexham, dem besten Team der Division, das sie 1:0 gewannen, und eins am Samstag gegen Exeter, das sie gewinnen mußten, um sicher aufzusteigen.
      Zwanzig Minuten vor Schluß ging Exeter in Führung, und meine Freundin (die zusammen mit ihrer Freundin und dem Freund ihrer Freundin die schwindelerregende Pracht des Aufstiegs selbst erleben wollte) tat prompt genau das, wozu Frauen, wie ich schon immer vermutet hatte, in krisenhaften Momenten neigen: Sie wurde ohnmächtig. Ihre Freundin schaffte sie zu den Sanitätern der St. John’s Ambulance, während ich nichts anderes tat, als um den Ausgleichstreffer zu beten, der fiel, gefolgt vom Siegtreffer Minuten später. Erst nachdem die Spieler die letzten Champagnerkorken in die jubelnde Menge geschossen hatten, begann ich mich wegen meiner vorangegangenen Gleichgültigkeit mies zu fühlen.
    Ich hatte vor kurzem THE FEMALE EUNUCH gelesen, ein Buch, das mich tief und nachhaltig beeindruckte. Aber trotzdem fragte ich mich, wie man sich über die Unterdrückung von Frauen aufregen sollte, wenn man sich nicht einmal darauf verlassen konnte, daß sie in den letzten Minuten eines verteufelt engen Aufstiegsrennens aufrecht stehen blieben? Und wie stand es um einen Mann, der sich mehr Sorgen darum machte, daß sein Team in einem Spiel der dritten Division gegen Exeter City 0:1 hinten lag, als um jemand, den er sehr liebte. Es schien alles hoffnungslos zu sein.
      Dreizehn Jahre später schäme ich mich noch immer für meinen Unwillen, meine Unfähigkeit zu helfen, und das tue ich zum Teil deshalb, weil mir bewußt ist, daß ich mich kein bißchen verändert habe. Ich will nicht auf jemand achtgeben, wenn ich bei einem Spiel bin; ich bin nicht imstande, bei einem Spiel auf jemand achtzugeben. Ich schreibe das etwa neun Stunden, bevor Arsenal im Europapokal gegen Benfica spielt, das wichtigste Spiel in Highbury seit Jahren, und meine Lebensgefährtin wird bei mir sein: Was geschieht, wenn sie umkippt? Werde ich den Anstand, die Reife, den gesunden Menschenverstand aufbringen, um mich darum zu kümmern, daß sie angemessen versorgt wird? Oder werde ich ihren schlaffen Körper zur Seite schieben, weiterhin den Linienrichter anschreien und hoffen, daß sie am Ende von neunzig Minuten noch atmet, natürlich immer vorausgesetzt, daß Verlängerung und Elfmeterschießen nicht erforderlich werden?
    Ich weiß, daß diese Sorgen von dem kleinen Jungen in mir angezettelt werden, der Amok laufen darf, sobald es um Fußball geht: Dieser kleine Junge hat das Gefühl, daß Frauen bei Fußballspielen immer in Ohnmacht fallen werden, daß sie schwach sind, daß ihre Anwesenheit im Stadion unvermeidlich auf Ablenkung und Unheil hinausläuft, auch wenn meine derzeitige Freundin wahrscheinlich vierzig- oder fünfzigmal in Highbury gewesen ist, ohne irgendwelche Anzeichen einer Ohnmacht erkennen zu lassen. (Tatsächlich bin ich es, der ab und zu kurz davor steht, ohnmächtig zu werden, wenn die Spannung der letzten fünf Minuten eines Pokalspiels meine Brust zusammenschnürt und alles Blut aus meinem Kopf treibt,

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