Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
Vom Netzwerk:
es ergibt sich.) Aber die schreckliche Wahrheit ist, daß ich willens war, eine konservative Regierung zu akzeptieren, wenn das einen Pokalsieg von Arsenal garantierte; es konnte doch kaum von mir erwartet werden, vorherzusehen, daß Frau Thatcher in der Folgezeit die Premierministerin mit der längsten Amtszeit in diesem Jahrhundert werden sollte. (Hätte ich denselben Handel gemacht, wenn ich das gewußt hätte? Elf Jahre Thatcherismus gegen einen FA Cup? Natürlich nicht. Ich hätte mich auf nichts weniger als ein weiteres Double eingelassen.)
      Die Tatsache, daß die Tories am Donnerstag komfortabel gewannen, bedeutete nicht, daß ich erwartete, wir würden am Samstag komfortabel gewinnen. Ich wußte, daß Tauschgeschäfte zu machen, genau wie Kitt zu kneten und bestimmte Hemden zu tragen, Erfolg nicht garantiert, und in jedem Fall war der andere Finalist, Manchester United, ein richtiges Team, keine Truppe, die man mal kurz niedermacht, kein Wir-sind-nur-fürein-Bier-hier-auf-der-Party-Haufen wie, na ja, sagen wir mal Ipswich oder Swindon. Manchester United war die Art von Mannschaft, die ohne weiteres imstande war, Parlamentswahlabmachungen unsportlich zu ignorieren, indem sie massenweise Tore erzielte und uns eine Abfuhr erteilte.
      Wie auch immer, den größten Teil des Spiels bestritt Manchester United so, als ob sie um meine Abmachung wüßten und sie mehr als zufrieden wären, ihren Teil davon zu erfüllen. Arsenal traf in der ersten Halbzeit zweimal, das erste Mal nach zwölf Minuten (ich hatte vorher in vier Spielen noch nie erlebt, wie Arsenal in Wembley in Führung ging), das zweite Mal unmittelbar vor Halbzeit; die Pause waren selig entspannte fünfzehn Minuten einer rauhen Feier. Der Großteil der zweiten Hälfte verging auf die gleiche Weise, bis Manchester United fünf Minuten vor Ende traf … und zwei Minuten vor Schluß, in traumatisierender, wirrer Zeitlupe, noch ein Tor fiel. Wir hatten das Spiel verschenkt, Spieler und Fans wußten das, und als ich die Spieler von United an der gegenüberliegenden Seitenlinie herumtanzen sah, blieb mir das furchtbare Gefühl, das ich als Kind hatte – daß ich Arsenal haßte, daß der Club eine Last war, die ich nicht mehr länger tragen konnte, aber nie und nimmer wirklich loszuwerden vermochte.
    Ich stand bei den anderen Arsenalfans ganz oben auf den Zuschauerrängen, direkt hinter dem Tor, das Manchester United verteidigte; ich setzte mich hin, zu benommen von Schmerz und Wut, Frustration und Selbstmitleid, um noch länger auf den Beinen zu bleiben. Da waren andere, die das gleiche machten, und hinter mir weinten zwei Mädchen im Teenageralter still vor sich hin, und zwar nicht so übertrieben wie Mädchen im Teenageralter auf Bay-City-Rollers-Konzerten, sondern in einer Weise, die auf tiefes und privates Leid schließen ließ. Ich kümmerte mich den Nachmittag über um einen jungen Amerikaner, einen Freund der Familie, dessen sanftes Mitgefühl, aber auch offensichtliches Erstaunen mein Elend noch um einiges peinlicher wirken ließen. Ich wußte, daß es nur ein Spiel war, daß auf See schlimmere Dinge passierten, daß Menschen in Afrika Hunger litten, daß es vielleicht eine nukleare Katastrophe in den nächsten paar Monaten geben konnte, und ich wußte, um Himmels willen, daß das Ergebnis immer noch 2:2 war und die Möglichkeit bestand, daß Arsenal irgendwie einen Weg fand, sich aus der Klemme zu ziehen (obwohl ich auch wußte, daß sich das Blatt gewendet hatte und die Spieler zu demoralisiert waren, um das Spiel in der Verlängerung gewinnen zu können). Aber keine dieser Erkenntnisse konnte mir helfen. Ich war fünf Minuten davon entfernt gewesen, das einzige klar umrissene Ziel zu erreichen, das ich seit meinem elften Lebensjahr ständig bewußt verfolgt hatte. Und wenn Leuten zugestanden wird zu trauern, wenn sie bei Beförderungen übergangen werden oder es ihnen nicht gelingt, einen Oscar zu gewinnen, oder wenn ihr Roman von jedem Verleger in London abgelehnt wird – und unsere Gesellschaft erlaubt ihnen das, auch wenn diese Leute diesen Traum erst seit ein paar Jahren träumen mögen, statt des Jahrzehnts, des halben Lebens, das ich meinen träumte –, dann hatte ich verdammt noch mal das Recht, mich zwei Minuten lang auf einem Brocken Beton niederzulassen und zu versuchen, Tränen wegzublinzeln.
    Und es waren wirklich nur zwei Minuten. Als das Spiel weiterlief, trieb Liam Brady den Ball weit in Uniteds Hälfte hinein (hinterher sagte

Weitere Kostenlose Bücher