Fever Pitch
Monaten gewollt hatte, und ich hatte recht – sie verstand nicht, nicht wirklich. Und ich glaube, daß, sobald sich mir diese Gelegenheit geboten hatte, sobald ich diese Worte, die die meisten Fans wie einen Nierenspender-Ausweis mit sich herumtragen, ausgesprochen hatte, alles vorbei war. Was blieb ihr denn noch? Sie konnte versuchen – oder vortäuschen –, sich noch schlechter zu benehmen als ich es getan hatte; oder sie konnte sich zurückziehen, Boden aufgeben, die Höllenqualen und die Ekstase mehr oder weniger vollständig mir überlassen und ihr eigenes Leid allein dazu verwenden, meines zu unterstützen. Sie ist eine viel zu sanfte Person, um zu versuchen, mich in Sachen Wutanfall zu überbieten, also wählte sie die zweite Möglichkeit, und ich kann gefahrlos und selbstgefällig sagen, daß ich in diesem Haus der Chef in Sachen Arsenal bin und daß, wenn und falls wir Kinder haben werden, ausschließlich mein Hintern unseren Dauerkarten-Sitzplatz füllen wird. Ich schäme mich, selbstverständlich schäme ich mich, daß ich derart miese Tricks einsetzen mußte, aber ich war damals eben etwas beunruhigt.
Von NW3 zu N17
Tottenham gegen Arsenal – 4.3.87
Wenn dieses Buch eine zentrale Stelle hat, dann ist sie hier, an dem Mittwochabend im März 1987, an dem ich aus der Praxis eines Psychiaters in Hampstead zur White Hart Lane in Tottenham fuhr, um ein Wiederholungsspiel im Halbfinale im Littlewoods Cup zu sehen. Ich hatte das natürlich nicht so geplant: Die Fahrt nach Hampstead war lange bevor ein Wiederholungsspiel nötig wurde vorgesehen. Aber jetzt, wenn ich den Versuch unternehme zu erklären, warum der Fußball es schaffte, mich zu bremsen und anzutreiben, und wie Arsenal und ich in meinem Kopf völlig miteinander vermischt wurden, erscheint dieses besondere Zusammentreffen unwahrscheinlich passend.
Es ist einfacher zu erklären, warum Arsenal und Tottenham ein Wiederholungsspiel brauchten, als zu erklären, warum ich einen Psychiater brauchte, also fange ich mit ersterem an. Hin- und Rückspiel des Halbfinals hatten ein Gesamtergebnis von 2:2 ergeben, und auch die Verlängerung am Sonntag in White Hart Lane hatte keins der Teams in den Abgrund und aus dem Wettbewerb gestoßen, obwohl vier lumpige Tore in dreieinhalb Stunden Fußball ein unzulänglicher Indikator für die kräftezehrende Dramatik der zwei Spiele waren. In der ersten Partie in Highbury feierte Clive Allen seinen in für ihn typischer, räuberischer Manier erzielten Treffer in der ersten Hälfte, indem er in die Luft sprang und aus einer Höhe von etwa einem Meter fünfzig flach auf dem Rücken landete, eine der außergewöhnlichsten Freudenbekundungen, die ich je gesehen habe. Paul Davis verfehlte das leere Tor aus weniger als zwanzig Zentimetern Entfernung, Hoddle traf mit einem glänzenden, angeschnittenen Freistoß die Latte, und der arme Gus Caesar (Arsenals dünner Kader war bis an die Grenze zur Katastrophe strapaziert) – von Waddle jenseits aller Würde gequält – mußte von dem einzigen anderen Spieler ersetzt werden, der uns noch zur Verfügung stand, einem jungen Mann namens Michael Thomas, der vorher noch nie in der ersten Mannschaft gespielt hatte.
Im zweiten Spiel traf Allen wiederum frühzeitig, so daß die Spurs insgesamt mit 2:0 führten, und tauchte, als Arsenal nach vorne drängte, noch viermal allein vor Lukic auf, ohne zu treffen. Zur Halbzeit erklärte der Stadionsprecher der Spurs den Spursfans, wie sie sich um Karten für das Finale in Wembley bewerben konnten, ein unangebrachtes und provozierendes Moment extremer Selbstgefälligkeit, das dazu führte, die betäubten Arsenalfans (und, erfuhren wir später, die Mannschaft, die die Lautsprecherdurchsage in der Kabine hörte) in einem Ausmaß aufzuwecken und in Wut zu versetzen, daß unsere Spieler, als sie für die zweite Hälfte herauskamen, mit einem stolzen, herausfordernden Tosen begrüßt wurden. Frisch motiviert kämpfte sich das Team tapfer Zentimeter für Zentimeter zurück ins Spiel, und obwohl Adams, Quinn, Hayes, Thomas und Rocastle theoretisch keine Chance gegen Waddle, Hoddle, Ardiles, Gough und Allen hatten, stolperte zunächst Viv Anderson den Ball ins Tor, bevor uns Niall mit einem Traumtor in die Verlängerung schoß. Wir hätten in den dreißig Minuten der Verlängerung gewinnen müssen -Tottenham war fertig, und sowohl Hayes als auch Nicholas hätten ihnen den Rest geben können –, doch in Anbetracht der zahlreichen Chancen, die
Weitere Kostenlose Bücher