Fever Pitch
der sich ihre plötzliche Leidenschaft auf dem Höhepunkt befand, sahen wir einen Vater, der sich mit einem sehr kleinen Kind ins Stadion kämpfte, und ich bemerkte nebenbei, daß ich mein Kind nicht zu einem Spiel mitnehmen würde, bis er oder sie alt genug war, hingehen zu wollen; das führte zu einem Gespräch über zukünftige Wer-betreut-dieKinder-an-Samstagnachmittagen-Vereinbarungen, ein Gespräch, das mich danach für Wochen und Monate verfolgte. »Jedes zweite Heimspiel, würde ich sagen«, bemerkte sie, und eine Weile lang nahm ich an, daß sie damit meinte, sie werde versuchen, es zu jedem zweiten Spiel in Highbury zu schaffen, und daß unsere Kinder einmal im Monat irgendwo untergebracht würden, aber eben nicht öfter, und daß sie kommen würde, wenn sie konnte. Aber was sie meinte war, daß wir abwechselnd hingehen würden, daß ich während der Hälfte der Heimspiele einer Saison zu Hause sein und SPORT ON FIVE oder CAPITAL GOLD zuhören würde (CAPITAL GOLD ist irgendwie nicht so maßgeblich, aber hält dich über all die Londoner Clubs genau auf dem laufenden), während sie auf meinem Sitzplatz saß und meinem Team zusah, dem Team, mit dem ich sie erst vor wenigen Jahren bekannt gemacht hatte. Wo ist jetzt also der Vorteil? Freunde mit Partnerinnen, die Fußball hassen, können zu jedem Spiel gehen; ich hingegen – der eine anscheinend ideale Beziehung mit einer Frau hat, die weiß, warum Arsenal ohne Smithy als Sturmspitze nicht das gleiche ist – sehe einer Zukunft ins Auge, in der ich mit einem Haufen Postman-Pat-Videos und geöffnetem Fenster in meinem Wohnzimmer sitze, traurig darauf hoffend, daß ein Windstoß einen Aufschrei zu mir trägt. Das war nicht das, was ich mir an jenem Abend gegen Charlton ausgemalt hatte, als sie sagte, sie wolle wieder hingehen.
Und das ist noch nicht alles. Mein ganzes fußballerisches Leben habe ich mit Menschen verbracht – meiner Mum, meinem Dad, meiner Schwester, Freundinnen, Mitbewohnern –, die lernen mußten, vom Fußball ausgelöste Stimmungen zu tolerieren, und sie haben das alle, mehr oder weniger, mit erfreulichem Humor und Takt getan. Plötzlich lebte ich mit jemandem zusammen, der versuchte, Anspruch auf eigene Stimmungen zu erheben, und das gefiel mir nicht. Ihre Begeisterung nach dem Littlewoods-Cup-Finale 1987 … das war ihre erste Saison. We lches Recht hatte sie, an diesem Sonntag abend mit einem Arsenalhut in die Kneipe zu stolzieren? Nicht das geringste Recht. Für Pete und mich war dies die erste Trophäe seit 1979. Wie konnte sie, die erst seit vier Monaten dabei war, verstehen, was das für ein Gefühl war? »Du mußt wissen, sie gewinnen nicht jedes Jahr irgendwas«, sagte ich ihr ununterbrochen, mit all dem sinnlosen und gereizten Neid eines Elternteils, dessen schmatzend Marsriegel kauendes Kind niemals die Entbehrungen der Lebensmittelrationierung während des Krieges erlebt hat.
Ich fand bald heraus, daß der einzige Weg, den gesamten emotionalen Bereich für mich zu beanspruchen, darin bestand, eine Art von Geknickt-sein-Krieg anzufangen, im Vertrauen auf das Wissen, daß ich, was Fußball anging, jeden Anwärter auf den Titel »Ich leide am meisten« von den Tribünen murren und schmollen konnte. Und ich gewann diesen Krieg letztlich, genauso wie ich es erwartet hatte. Es geschah Ende der Saison 88/89, als es nach einer Heimniederlage gegen Derby so aussah, als würden wir die Meisterschaft verpassen, nachdem wir die erste Division die meiste Zeit der Saison über angeführt hatten. Und obwohl ich aufrichtig untröstlich war (an jenem Abend gingen wir ins Old Vic, um Eric Porter in KING LEAR ZU sehen, und das Theaterstück fesselte mich nicht, weil ich nicht verstehen konnte, was Lears Problem war), hegte und pflegte ich jedes Stückchen des seelischen Schmerzes, bis er monströse, erschreckende Ausmaße annahm; ich benahm mich aus Prinzip schlecht, und wir bekamen unvermeidlicherweise Streit (darüber, ob wir ein paar Freunde auf eine Tasse Tee besuchen sollten), und als er sich zuspitzte, wußte ich, daß Arsenal wieder ganz mir gehörte: Ihr blieb keine andere Wahl, als zu sagen, daß es nur ein Spiel sei (dankenswerterweise verwendete sie diese Worte nicht, aber die eigentliche Bedeutung war, fand ich, klar), daß es immer ein nächstes Jahr gab und selbst in dieser Saison nicht alle Hoffnung vergeblich war, und ich stürzte mich triumphierend auf diese Worte.
»Du verstehst das nicht«, rief ich, wie ich es schon seit
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