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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Feinde, nicht einfach nur Wesen, die man zu überwältigen und zu töten hatte. Seit Rugar sich mit seinen Fey in die Schattenlande zurückgezogen hatte, hatte er sich nicht mehr darum bemüht, den Feind wirklich kennenzulernen. Deshalb berief er sich jetzt auf Jewels spärliche Erfahrungen.
    »Wo sind sie?« fragte Jewel.
    »Im Extrazimmer«, antwortete Rugar. »Ich wollte erst mit dir allein sprechen.«
    Jewel nickte. Die Gefangenen konnten sowieso nicht entkommen. Die Wachen waren nur eine Formsache. Die drei Inselbewohner saßen im Schattenland in der Falle. Aber wenn es ihnen gelang, wieder Gift in die Finger zu bekommen, konnten sie eine Menge Unheil anrichten.
    Jewel ging den Korridor entlang, stopfte lose Haarsträhnen in ihren Pferdeschwanz zurück und zupfte an ihrer Lederweste. Bei dem Gedanken, gleich den Gefangenen gegenüberzustehen, war ihre Erschöpfung wie weggeblasen. Halb hoffte sie, Nicholas unter ihnen anzutreffen. Sie wollte ihn wiedersehen und mit ihm sprechen, um besser zu verstehen, was sich an jenem Tag zwischen ihnen abgespielt hatte. Eigentlich hätten sie einander gegenseitig abschlachten müssen. Statt dessen hatten sie sich geneckt, als wären sie schon als Kinder ein Liebespaar gewesen.
    Bei dieser Erinnerung errötete Jewel unwillkürlich. Kein Mann, nicht einmal ihr Freund Burden, hatte jemals derartige Gefühle in ihr ausgelöst. Sie wußte, was ihr Großvater dazu sagen würde. Auswirkungen der Magie, mein Mädchen. Das war seine ständige Redensart und, so behauptete er, das Geheimnis seiner langen Regierungszeit als Schwarzer König.
    Auswirkungen der Magie.
    Sie stieß die Tür auf. Alle drei Gefangenen saßen auf dem Boden. Knöchel und Handgelenke waren gefesselt, und ein weiteres Seil band sie an die Stühle. Die Seile wirkten locker; wahrscheinlich hatten die Hüter sie mit einem zusätzlichen Zauber versehen. Die Männer hielten die Köpfe gesenkt, aber keiner von ihnen hatte so prächtiges blondes Haar wie Nicholas.
    »Es ist unhöflich, jemanden, der gerade den Raum betritt, so zu ignorieren«, sagte Jewel auf Nye. Ihr Wortschatz in der Inselsprache war immer noch klein, obwohl sie inzwischen glaubte, die grundlegenden Regeln begriffen zu haben.
    Der Mann ganz links von ihr hob den Kopf. Er war nicht so alt wie ihr Vater, aber auch nicht mehr jung. Sein Gesicht war länglich, Krähenfüße überzogen seine Augenwinkel, sein Mund war weich und sensibel. Die Offenheit seiner Züge erstaunte sie. Inselbewohner sahen aus wie Fey, aber ihnen fehlte jeder Argwohn. »Gäste an ihre Stühle zu fesseln ist nicht weniger unhöflich.«
    Jewel mußte lächeln. Vielleicht waren alle männlichen Inselbewohner so wortgewandt. »Ein Punkt für dich«, sagte sie. »Aber ihr seid keine Gäste.«
    Der mittlere Mann biß sich auf die Unterlippe und starrte Jewel an. Er war fast noch ein Junge, mager und linkisch. Seine fahle Haut war mit Aknenarben übersät, die tiefblauen Augen waren vor Furcht weit aufgerissen.
    »Allein wäre ich niemals hierhergekommen«, erwiderte der erste Mann. »Deine Freunde waren mir dabei behilflich. Wo ich herkomme, macht mich das zu einem Gast.«
    Jewel nickte. »Wo ich herkomme, macht dich das zu einem Gefangenen.«
    »W-was habt ihr mit uns vor?« fragte der Junge. Sein Nye war dürftig. Offenbar hatte er die Insel noch nie verlassen.
    »Schsch«, machte der dritte Mann ungeduldig. Als er sich zu dem Jungen umdrehte, sah Jewel eine Hakennase und schmale Lippen.
    »Ich gebe hier die Befehle«, sagte Jewel.
    Der dritte Mann warf ihr einen Blick zu, als nehme er sie jetzt erst wahr. Er war älter als die beiden anderen; seine Augen waren so zusammengekniffen wie sein Mund. Er konnte Jewel nicht ausstehen. Sie fühlte förmlich, wie Haß von ihm ausströmte.
    »Du bist schließlich nicht gefesselt, du Miststück«, sagte er. Sein Nye war scheinbar nicht besser als das des Jungen, aber er verstellte sich nur. Er beherrschte die Umgangssprache besser als jeder andere Inselbewohner, den Jewel je Nye sprechen gehört hatte.
    »Oh«, entgegnete Jewel leichthin, »ich glaube, ich würde Befehle auf jeden Fall erteilen, ob gefesselt oder nicht. Im Schattenland sind nämlich wir Fey die Herren.«
    »Aber nicht auf dem Eiland«, gab der dritte Mann zurück.
    »Noch nicht«, gab Jewel zu und schloß die Tür.
    Der dritte Mann sagte etwas in der Inselsprache zu seinen Kameraden. Jewel schnappte die Worte »allein« und »wir« zusammen mit einem weiteren Fluch auf, der sich

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