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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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»Wer ist dann euer König?«
    »Wir ham keinen«, antwortete der Mann. Er reckte das Kinn vor, während er mit Stowe sprach, als verliehe ihm diese Geste zusätzliche Kraft.
    Stowe öffnete den Mund, um zu widersprechen, aber der Danite hob die Hand.
    »Ihr lebt nach den Geboten des Roca. Der König, wo gestorben is’, is’ ein Sohn von ’nem Sohn von ’nem Sohn des Roca. Selbe Familie, verstanden?«
    »Der Roca tut mehr für uns, als so’n König je getan hat«, mischte sich eine Frau ein. Sie saß am gegenüberliegenden Ende der Kirche. Ihr Gesicht war sauber gewaschen und ihr Haar zu einem ordentlichen Knoten geschlungen. Die Haut war faltenlos glatt, aber Stowe konnte schon ahnen, wo das Alter sich einst abzeichnen würde. Die Erschöpfung verlieh ihr jetzt schon das Aussehen einer verbrauchten Frau.
    »Genau«, sagte der Sprecher der Gruppe. »Das wollten wir dem König sagen, wenn er gekommen wär’. Aber er is’ nit gekommen.«
    »Er wurde auf dem Weg hierher ermordet«, sagte Stowe.
    »Und ich wett’, Ihr seid hier, um uns die Schuld in die Schuh’ zu schieben«, entgegnete die Frau. Anscheinend hatte die Gruppe sie und den Mann zu Wortführern ernannt.
    »Nein«, sagte Stowe. »Ich bin hier, um festzustellen, ob ihr etwas wißt, was mir weiterhelfen könnte. Habt ihr irgendwelche Fremden gesehen? Irgendwelche Fey in der Gegend?«
    »Fey?« Der Junge wandte den Kopf seiner Mutter zu. Trotzdem war sein Flüstern deutlich zu hören.
    »Diese Leut’, wegen denen wir all die Jahre niemanden aus Jahn mehr gesehn ham«, erklärte die Frau ebenfalls im Flüsterton.
    »Sie sind noch nie einem Fey begegnet«, sagte der Danite. »Hier unten ist der Krieg nur eine Legende.«
    Stowe mußte seine ganze Diplomatie aufbieten, um sich zu beherrschen, als er antwortete. Er holte tief Luft und sagte:
    »Die Fey sind alles andere als eine Legende. Sie haben Jahn und seine Umgebung beinahe dem Erdboden gleichgemacht. Ihr habt es eurem König zu verdanken, daß ihr noch nie mit ihnen zusammengestoßen seid. In Nye haben die Fey die Herrschaft bereits an sich gerissen.«
    »Wie kann man die Leut’ denn erkennen?« fragte ein zweiter Mann. Auch er war sauber geschrubbt, aber seine Kleidung war an Knien und Ellenbogen zerschlissen.
    »Sie sehen anders aus«, erklärte Stowe, unwillig zu erklären, inwiefern.
    »So wie Ihr?« fragte eine der Frauen.
    Stowe blickte erstaunt an sich herunter. Sein Hemd und seine Hose waren sauber. Sein Haar war straff nach hinten gebunden, und seine Haut war glatt. Er hatte sich nicht klargemacht, wie fremdartig er diesen Leuten vorkommen mußte.
    »Er versucht nur, uns anzuschwärzen, daß wir’s getan ham«, behauptete der erste Mann. »Dann wer’n sie uns abschlachten wie damals, als wir versucht ham, unser Recht zu kriegen.«
    »Damals?« fragte Stowe leise.
    »Der Bauernaufstand«, erklärte der Danite. »Hier hat er angefangen.«
    Das hatte Stowe vergessen. Für ihn war der Bauernaufstand ein Stück Geschichte, eine Darstellung auf Teppichen und Wandmalereien und sonst nichts. Er hatte nie jemanden kennengelernt, der damals mitgekämpft hatte – die Veteranen waren alle vor seiner Geburt gestorben. Aber hier war der Aufstand etwas durchaus Lebendiges.
    »Der König war auf dem Weg hierher, um zu sehen, wie es euch geht«, sagte Stowe. »Ob ihr Schwierigkeiten mit den Fey habt oder andere Probleme, bei deren Lösung er helfen könnte. Das gilt immer noch. Wenn ihr Schwierigkeiten habt, könnt ihr mir davon erzählen. Aber im Gegenzug benötige auch ich eure Hilfe. Der wichtigste Mann unseres Landes ist ermordet worden, und wir müssen seinen Mörder der Gerechtigkeit überantworten.«
    »Wir müssen gar nix«, murrte die Frau mit dem Kind.
    »Unsere Schwierigkeiten erkennt man ja wohl auf den ersten Blick«, ergänzte der Mann mit dem sauberen Gesicht.
    Stowe musterte ihn scharf. Dieser Mann sprach nicht den örtlichen Dialekt. Er sah auch anders aus, als habe sich der Schmutz noch nicht so tief in seine Haut eingegraben wie bei den restlichen Mitgliedern der Gruppe. Und obwohl er so alt sein mußte wie diese, wirkte er jünger.
    »Erzähl mir trotzdem davon«, verlangte Stowe.
    »Die Sümpfe sind immer arm gewesen«, erklärte der Mann, »aber wenigstens konnten wir uns durch den Verkauf unserer Erzeugnisse über Wasser halten: Schilfmatten, Kräuter, Farbstoffe. Das alles verkaufte sich gut und wurde gegen Nahrungsmittel eingetauscht. Aber jetzt habt ihr den Handel mit Nye und

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