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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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erfolgreichen.« Nicholas’ Gesicht war bleicher als je zuvor. Nur ein roter Striemen leuchtete auf seiner einen Wange, als hätte er sich dort gekratzt.
    »Aber es gab welche, nicht wahr?«
    Er nickte.
    »Auf deinen Vater?«
    »Natürlich nicht. Auf einen meiner Urgroßväter. Während des Bauernaufstandes. Und davor noch ein paar, glaube ich.«
    »Also gibt es Präzedenzfälle.«
    Nicholas runzelte die Stirn. »Wahrscheinlich schon. Aber warum hätte irgend jemand den Wunsch haben sollen, meinen Vater zu töten?«
    Fast hätte Jewel aufgezählt: Die Inselbewohner machten Alexander für den Überfall der Fey und für seinen Mangel an Stärke im Umgang mit den Eindringlingen verantwortlich. Sie machten sich nicht klar, daß es schon einen Sieg bedeutete, die Fey daran gehindert zu haben, die Herrschaft über die Insel zu übernehmen. In den letzten Jahren hatte Alexander einige unpopuläre Entscheidungen getroffen, von der Stilliegung des Handels bis hin zum Verbot von Hauskatzen. Seine Untertanen hatten Gründe genug, ihm zu grollen. Aber Jewel schwieg.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Aber wir müssen diese Möglichkeit in Betracht ziehen, Nicky.«
    Nicholas wandte den Kopf und blickte sie aus dem Augenwinkel an. »Also wird niemand die Fey beschuldigen?« Sein Blick war fast hinterhältig. So hatte er sie noch nie angesehen.
    »Und du?« fragte Jewel. Ihr Herz pochte. Der einzige Inselbewohner, der zu ihr gestanden hatte, der einzige, der geglaubt hatte, daß die Fey und die Inselbewohner zusammenleben konnten, war Nicholas. Ohne ihn würde sie mitsamt ihrem teilnahmslosen Sohn und dem neugeborenen Mädchen zu ihrem Vater zurückkehren müssen, im Schattenland leben und in einem Krieg kämpfen, den die Fey nicht gewinnen konnten.
    »Ich glaube nicht, daß du etwas damit zu tun hast.«
    »Aber mein Volk machst du dafür verantwortlich.«
    Nicholas zuckte die Achseln und wandte sich ab. »Ich verstehe nicht, warum mein Vater sterben mußte. Wie du bereits gesagt hast, müssen wir alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.«
    Jewel biß sich auf die Unterlippe. Da sie nun einmal so ehrlich wie möglich zueinander waren, würde sie eine letzte Frage wagen. »Man wird Einwände gegen mich als deine Königin erheben.«
    Nicholas’ Züge besänftigten sich, und er trat zu ihr. Mit dem Finger zog er die fein geschwungene Linie ihres Wangenknochens nach. Die Anziehung zwischen ihnen war noch immer ungebrochen. Seine Untertanen glaubten daran, daß ihr Gott sie leitete. Jewels Volk glaubte an Mysterien und Magie. Aber was auch immer sie beide zusammengeführt hatte, es war so eingerichtet, daß sie einander nicht widerstehen konnten.
    »Einwände hat es immer gegeben«, beruhigte er sie.
    »Aber jetzt werden es mehr sein.«
    Er legte die Hand auf ihren Bauch und lehnte seinen Kopf gegen ihren. Jetzt verhielt sich das Kind ruhig, und Jewel fiel ein, daß sie ganz vergessen hatte, Nicholas von ihrer Vision zu erzählen.
    »Du bist meine Königin, und ich bin ihr König«, sagte er. »Sie mögen meine Wahl mißbilligen, aber sie werden mit ihr leben müssen.«
    »So wie du.«
    Er küßte sie und schob ihr sanft eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Ich lebe nicht nur mit meiner Wahl, Jewel.« Seine Stimme war sanft. »Ich brauche sie mehr als alles andere.«

 
4
     
     
    Er war zwar der Verbindungsmann des Königs zu seinen Untertanen, aber solche Leute hatte Lord Stowe noch nie getroffen. Die meisten von ihnen lebten in Holz- und Strohhütten am Rande der Sümpfe, und diejenigen, die im Dorf wohnten, sahen noch ärmlicher als die anderen aus.
    Stowe hatte für seine Zwecke die kleine Kapelle am Dorfrand gewählt. Das Gebäude war aus Steinen errichtet, die man aus dem sumpfigen Boden gegraben hatte, wie ihm die Dorfbewohner stolz erzählten, und vom Rocaan eigenhändig geweiht worden. Der amtierende Rocaan, das religiöse Oberhaupt der Blauen Insel, verließ den Tabernakel in Jahn nur selten, also mußten die Dorfbewohner den Fünfzigsten Rocaan meinen. Er war jetzt schon seit über vier Jahren tot, hintergangen und ermordet von Rugar, dem Anführer der Fey, als der Rocaan versucht hatte, Frieden zu schließen. Der alte Rocaan hatte seine Ausbildung in den Sümpfen absolviert. Stowe bezweifelte, daß die Geschichte mit der Einweihung der Dorfkirche viel mit der Wahrheit zu tun hatte – dafür sah das Gebäude dann doch zu alt aus –, aber die Erinnerung an ihn hatte sicher viel mit ihrer beständigen Nutzung und

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