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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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stinkenden Dorfes, und hoffte, das Geheimnis um den Tod seines Königs zu lösen. Stowe hatte Enford zurück zu Nicholas geschickt, weil er selbst sich außerstande fühlte, dem Jungen gegenüberzutreten. Nicholas war älter, als Alexander bei seinem Regierungsantritt gewesen war, und in vielen Punkten auch klüger, aber der Junge und sein Vater hatten sich sehr nahegestanden.
    Diese Nachricht würde Nicholas am Boden zerstören.
    Der Danite blies die Kerze aus, die er zum Anzünden der anderen Kerzen benutzt hatte. Die Kirche war jetzt von Lichterglanz erfüllt. In der Helligkeit wirkte der weiße Putz sauberer.
    Trotzdem war es kalt. Die feuchte Sumpfluft drang durch die Ritzen der dicken Mauern. Immerhin hatte das Zimmer, das Stowe im Dorf bewohnte, einen Kamin, der die schlimmste Kälte abhielt.
    »Ich denk’, wir sollten sie jetzt reinrufen«, sagte der Danite.
    »Wir sollten sie getrennt verhören.« Stowe rieb sich die Hände. Sie waren rotgefroren, obwohl die Außenluft gar nicht so eisig war. Offensichtlich speicherte die Kirche die Kälte, was im Sommer sicherlich angenehm war.
    »Die werden Euch gar nix gestehn«, sagte der Danite. Er war hier geboren und hatte, anders als der alte Rocaan, seinen Dialekt noch nicht verlernt. »Is’ ganz egal, wie Ihr’s anstellt auch.«
    Stowe unterdrückte ein Seufzen. Der Danite war es gewesen, der dieses Verhör vorgeschlagen hatte. »Worauf kommt es dann an?«
    »Zuhorchen. Lauschen, was sie nit sagen. Ihr Schweigen kann Euch alles verzählen.« Der Danite lächelte. In seinem unregelmäßigen Gebiß fehlte ein Schneidezahn. »Und wenn Ihr gut zuhorcht, erfahrt Ihr alles, was Ihr wissen wollt.«
    »Ich verlasse mich darauf, daß Ihr mir helft.«
    Der Danite nickte. »Ich hätt’ Eure Zeit nit in Anspruch genommen, wenn ich denken würd’, daß nix dabei rauskommt. ’s war das beste, wenn ich auch ein paar Fragen stellt’.«
    »Ja«, stimmte Stowe zu. »Ganz meiner Meinung.« Er winkte mit der Hand und steuerte auf die beiden Stühle zu, die vor dem Altar aufgebaut waren. »Also laßt sie herein.«
    Der Danite stieß einen Türflügel auf und bedeutete den Wartenden einzutreten. Etwa ein Dutzend Leute stolperte herein: Männer, bis zu den Hüften mit Schlamm bedeckt, und Frauen, deren Röcke mit so vielen Flicken besetzt waren, daß man ihre ursprüngliche Farbe nur noch ahnen konnte. Alle sahen älter aus als Stowe, obwohl er an ihren Bewegungen erkannte, daß sie jünger sein mußten. Eine der Frauen hatte einen kleinen Jungen am Rockzipfel, auf dessen Nacken eine große Beule prangte. Alle schienen nur aus Haut und Knochen zu bestehen, und nur wenige von ihnen hatten in der letzten Woche gebadet.
    Sie strömten einen so durchdringenden Gestank aus, daß Stowe zweimal schlucken mußte, um sein Frühstück bei sich zu behalten.
    Als sie hereinkamen, beäugten sie ihn wachsam und lösten nicht einmal den Blick von ihm, als sie sich auf die Betbänke verteilten. Jetzt verstand Stowe auch, warum auf den Bänken keine Kissen lagen: Sie würden den Geruch nur speichern.
    Der Danite schloß die Tür und ging den Gang entlang bis zu Stowe. Die Leute saßen in Zweier- oder Dreiergruppen am hinteren Ende der Kirche. Neben Stowe blieb der Danite stehen.
    »Seine Lordschaft, Herr Stowe«, stellte der Danite mit einem Seitenblick auf Stowe vor.
    Stowe neigte den Kopf zur Begrüßung. Die Dorfbewohner verbeugten sich nicht und nickten ihm auch nicht zu, wie es in Jahn Sitte war. Sie starrten ihn ungerührt mit aus den schmutzbedeckten Gesichtern leuchtenden Augen an.
    »Ich bin sicher, ihr alle habt von dem schrecklichen Mord gehört«, begann der Danite. »Seine Lordschaft, Herr Stowe, der möcht’ sich mit euch drüber unterhalten.«
    »Von uns war’s keiner nit gewesen«, sagte ein Mann von hinten. Das Haar klebte ihm an den Schläfen, und sein Gesicht war vom Dreck so dunkel wie das eines Fey.
    »Er hat nit gesagt, daß es einer von uns gewesen is’«, entgegnete der Danite. »Aber wir müssen rausfinden, was passiert is’.«
    »Weiß nit, wozu«, murmelte der Junge, und die Mutter preßte sofort seinen Kopf an ihre Brust.
    »Wozu?« wiederholte der Danite. »Ihr alle wißt, wozu. Der König ist tot.«
    »Unser König war das nit«, sagte der Mann, der zuerst gesprochen hatte.
    Stowe straffte sich. Er hatte sich auf dem Stuhl niederlassen wollen, den er sich bereitgestellt hatte, aber jetzt beschloß er, stehen zu bleiben. Diese Leute waren erstaunlich geradeheraus.

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