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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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zugewandt. Der Wind schien abgekühlt zu haben. Titus widerstand dem Impuls, schützend die Arme um sich zu schlingen.
    »Matthias hat das Amt des Rocaan zurückgewiesen«, sagte Gregor. »Er hat es viele Male abgelehnt, indem er behauptet hat, es sei kein Amt für einen Gelehrten. Der Fünfzigste Rocaan hat erklärt, Matthias sei Gesalbt. Matthias war es, der die Kraft des Weihwassers entdeckt hat. Er hat Glaubensgeheimnisse erforscht, die sämtlichen Gläubigen in den vergangenen Jahrhunderten unbekannt geblieben sind. Das alles hat der Fünfzigste Rocaan gewußt. Er hat Matthias zweimal zu seinem Nachfolger ernannt, zuerst, als er ihm das Geheimnis des Weihwassers offenbarte, und zum zweiten Mal, als er sein Amt vor dem Treffen mit den Fey an Matthias weitergab. Wenn du die Beweggründe des Einundfünfzigsten Rocaan in Frage stellst, stellst du auch die Weisheit des Fünfzigsten Rocaan in Frage, der ihn für dieses Amt ausersehen hat.«
    Der Wind blies jetzt heftiger. Staubwölkchen stiegen auf der Straße auf und wirbelten um Titus’ nackte Füße. Er spürte, daß er trotz der Kälte noch immer rot im Gesicht war. »Das habe ich nicht gewußt«, murmelte er schließlich.
    Gregor legte ihm die Hand auf den Arm. »Wir alle kritisieren gelegentlich unsere Anführer, besonders wenn wir erkennen müssen, daß sie Menschen sind wie wir auch. Der Fünfzigste Rocaan war so lange im Amt, daß er den ganzen Tabernakel zu verkörpern schien. Aber als er damals Rocaan wurde, traten zwei Älteste aus der Kirche aus. Hatten sie recht damit? Gott allein weiß es. Uns wird es ewig verborgen bleiben.«
    Titus schluckte. Sein Mund war trocken. Er verstand, was Gregor ihm sagen wollte. Frag nicht, hör zu, glaube daran, daß Gott es am besten weiß. Aber es schien ihm immer noch, als habe der Einundfünfzigste Rocaan eine falsche Richtung eingeschlagen. Müßte Gott dann nicht zu ihm, Titus, sprechen?
    »Also dürfen wir den Rocaan nicht kritisieren?« fragte er nach.
    »Nicht hinter seinem Rücken«, erwiderte Gregor. »Nur offen vor seinen Augen, und auch dann nur, wenn wir mit ihm allein sind. Glaube bedeutet mehr, als an Gott und den Roca zu glauben, Titus. Glaube verlangt auch Vertrauen in den Gesalbten Gottes.«
    Titus nickte. Sogar seine Ohren glühten. Er wollte diese Unterhaltung so schnell wie möglich beenden. Simon grinste ihn an. Simon hätte nie einen solchen Fehler begangen. Simon hatte zu viel Ehrgeiz.
    So durfte Titus nicht denken. Seine Mutter hatte ihn immer ermahnt, auch in seinen Gedanken Nächstenliebe walten zu lassen. Das war ihm nie so richtig gelungen, nicht einmal, was Simon betraf.
    So schnell, wie er aufgefrischt war, legte sich der Wind wieder. Auf dem Hügelkamm tauchten Pferde auf. Sieben Pferde mit sechs Reitern. Das mittlere Pferd, ein schwarzer Hengst, trug eine große Holzkiste auf dem Rücken. Die meisten Reiter waren Soldaten der Palastwache, und Titus erkannte Monte unter ihnen, den Hauptmann der Wache. Ein gutes Stück hinter ihnen ritt ein Danite. Er mußte einer der Wanderprediger sein, denn Titus kannte ihn nicht.
    Vor Nervosität krampfte sich Titus’ Magen zusammen. Vielleicht hatte Gregor ja recht. Titus sollte lieber nicht weiterfragen. Eine Leiche zu Pferd zu transportieren galt als schlechtes Omen, aber die Geschriebenen und Ungeschriebenen Worte betonten, daß ein Verstorbener spätestens eine Woche nach seinem Tod unter die Erde mußte. Entweder hätte man den König an Ort und Stelle in den Sümpfen beisetzen müssen, oder er mußte auf einem Pferderücken nach Jahn transportiert werden. In einem solchen Fall war es unmöglich, alle Traditionen zu berücksichtigen.
    Mit einer Armbewegung versammelte Titus seine Auds um sich. Er hatte sie alle aufgrund ihrer Jugend und Kraft ausgesucht. Die Daniten dagegen hatte der Älteste Eirman ausgewählt. Simon würde den Sarg mit heiligen Kräutern bestreuen, Gregor singen und Titus bei ihrer Ankunft im Tabernakel den Segen sprechen. Die Hohen Geistlichen waren beauftragt worden, die Straße auf ihrer gesamten Länge bis zum Tabernakel abzusperren, damit die Ruhe des Königs auf seinem letzten Weg nicht gestört wurde. Jedenfalls hoffte Titus das. Er glaubte nicht, daß die Insel weitere Unglücksfälle verkraften konnte.
    Ein paar Meter vor den Auds zügelten die Reiter ihre Pferde. Monte glitt aus dem Sattel. Seine Kleidung war mit Schlamm bespritzt, in sein Gesicht hatten sich tiefe Falten gegraben. Seine fahle Haut spannte über den

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