Fey 03: Der Thron der Seherin
nicht. Die Sache war zu ernst. Aber Nicholas zog ihr Gesicht noch näher zu sich heran und küßte sie so zärtlich, daß der Rest ihres Ärgers verflog.
Zwischen zwei Küssen hielt er inne. »Ich würde mich nie von dir trennen. Niemals.«
Jewel legte ihm eine Hand auf die Brust, um ihn zurückzuhalten. »Aber in Erwägung gezogen hast du es.«
»Nein«, sagte Nicholas leise. »Das habe ich nie getan. Tatsächlich habe ich Matthias mitgeteilt, daß er im Falle meines Todes sein Amt unter einer Fey-Königin versehen muß. Ich habe ihm nahegelegt, sich lieber rechtzeitig an diesen Gedanken zu gewöhnen. Ich werde mich weder von dir noch von Sebastian trennen. Wir müssen abwarten, wie er sich entwickelt. Wenn er Kinder haben kann, kann er auch König werden. Du kannst ja für ihn denken.«
»Oder seine Schwester«, schlug Jewel vor.
»Oder all die anderen kleinen gemischten Kinder, die wir noch in die Welt setzen werden.« Nicholas zog sie noch enger an sich, dann blickte er auf ihren Bauch, der sich an seinen preßte. »Ich hoffe, sie beeilt sich. Mir gefällt der Abstand nicht, den sie zwischen uns gebracht hat.«
Wider Willen mußte Jewel lachen. Das liebte sie so an Nicholas. Er brachte sie immer zum Lachen. »Je mehr Kinder wir haben, desto mehr gute Ratschläge wird Sebastian bekommen.«
»Ist das ein Versprechen, mein geliebtes Weib?«
»Ich denke, ich bin ein dämonisches Weib.«
»Manchmal schon.« Nicholas küßte sie noch einmal, dann streichelte er ihre Wange mit dem Handrücken. »Ich werde immer zu dir halten. Immer.«
Jewel nickte. Trotzdem bemerkte sie, daß Nicholas unruhig war. Er wollte noch etwas sagen. Sie überließ sich seinen Zärtlichkeiten.
»Aber in einem Punkt hat Matthias recht. Kein Inselbewohner wird eine Fey-Königin oder Sebastian akzeptieren, wenn wir nicht nachhelfen.«
Jewel nickte. Sie legte ihre Hand auf die von Nicholas und zog sie wieder zurück. Diesmal war er es, der beide Hände auf ihren Bauch führte. Die Wärme war tröstlich. »Ich bin gestern in der Fey-Siedlung gewesen«, berichtete Jewel. »Es ist eine Katastrophe, Nicky. Und keiner meiner Fey hat es im Palast ausgehalten. Alle sind in die Schattenlande zurückgekehrt. Die übrigen leben wie Bettler in der Siedlung.«
Das Kind trat wieder. Nicholas blickte Jewel überrascht an. »Sie ist sehr lebhaft.«
Jewel nickte zustimmend.
Nicholas ließ ihre Hand los und fuhr mit der Handfläche über Jewels Bauch, als könne er so die Umrisse seines Kindes ertasten. Dann legte er sein Ohr darauf. Jewel hoffte, daß er das Kind vor Freude lachen hörte, wie es die alten Geschichten von solch lebhaften Kindern berichteten.
»Was wolltest du in der Siedlung?« nahm Nicholas die Unterhaltung beiläufig wieder auf.
Aber Jewel kannte ihn lange genug, um zu wissen, daß gerade solche beiläufigen Fragen entscheidend waren.
»Ich habe Burden gefragt, ob er deinen Vater getötet hat.«
Nicholas richtete sich auf. Sein Gesicht war weiß, aber seine Hand blieb ruhig auf ihrem Bauch liegen, als wollte er das Kind darin schützen.
»Also glaubst du Matthias’ Worten?«
»Ich glaube, daß Matthias vielleicht in diesem Punkt recht haben könnte.«
Unter Nicholas’ Augen lagen dunkle Schatten. Seit dem Tod seines Vaters hatte er zuwenig geschlafen, und wenn er einmal eindöste, zog er Jewel so fest an sich, daß ihre Schultern unter seinem Griff schmerzten.
»Ich dachte, es wäre ein einzelner Verrückter.«
»Ein Verrückter, der mit einem einzigen Schuß trifft und sich dann in Luft auflöst«, sagte Jewel. »Das klingt mir ganz nach einem Fey. Aber Burden hat gesagt, ich bilde mir das alles bloß ein. Vielleicht hat er recht. Wenn es in den Sümpfen einen so treffsicheren Schützen gibt, wird Lord Stowe ihn finden.«
»Du hörst dich nicht besonders überzeugt an.«
Jewel schüttelte den Kopf. »Es klingt alles zu einfach. Ein König stirbt an einem Ort, an dem schon einmal ein Attentat stattgefunden hat. Der Attentäter benutzt einen einzigen Pfeil und flüchtet dann über das flache, sumpfige Land.«
»Warum hast du mir das nicht schon früher erzählt?« fragte Nicholas.
»Wir hatten in den letzten Tagen nicht oft Gelegenheit, miteinander zu sprechen«, erwiderte Jewel.
»Und? Hat Burden ihn getötet?« Nicholas Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn. Seine Augen waren schmal. Er sah so grimmig aus wie Jewels Vater, nicht wie sein eigener.
»Nein«, sagte Jewel. »Wenn du die Siedlung gesehen hättest,
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