Fey 04: Die Nebelfestung
es nicht mehr lange machen.
Wind trieb an Burden vorbei auf die Tür zu. Burden schob das Messer in die Scheide zurück und klammerte sich dann mit beiden Händen am Geländer fest. Er mußte über den Jungen hinwegspringen und hoffen, daß der Boden hinter ihm trocken war.
Als Owrie sich heraufschwang, zitterte das Geländer, zitterte bedenklich und quietschte sogar unter dem Gewicht jetzt zweier Eindringlinge.
»Nehmt euch vor dem Gift in acht«, flüsterte Burden, doch sie starrte nur den Inselbewohner an und schien seine Worte nicht wahrzunehmen. Die Hände des Wächters zuckten noch suchend über den Boden, doch sonst regte er sich nicht. Sein Gewand war blutgetränkt.
»Laß mich die Sache zu Ende bringen«, flüsterte sie und hätte sich dabei fast die Lippen geleckt.
»Nein«, sagte Burden lauter, als er beabsichtigt hatte. Waren diese Inselleute denn taub? Er hatte noch niemals einen Stoßtrupp erlebt, der soviel Krach machte. »Er ist völlig mit Gift getränkt.«
»Schade«, sagte sie mit einer Stimme, die der seinen angepaßt war. »Was für eine Verschwendung vorzüglichen Materials.«
Wind öffnete die Türen von innen. Er hatte sich wieder zu seiner vollen Größe verwandelt. In der Dunkelheit sahen seine Flügel geisterhaft aus. Wenn Burden seinen Sprung vorsichtig kalkulierte, würde er den Balkon überhaupt nicht berühren.
»Dieses Ding hier ist nicht gerade stabil«, sagte Owrie.
»Weiß ich.« Burden stellte sich auf die Zehenspitzen und stieß sich in Richtung Tür ab. Wind wich zurück. Das Geländer schwankte und ratterte hinter ihm.
»Paß auf!« entfuhr es Owrie.
Burden landete auf dem Teppich und rollte sich ab, vom Balkon weg. Nachdem er aufgestanden war und sich den Rücken gerieben hatte, sprang Owrie.
Auch sie rollte sich ab, schlug dabei jedoch krachend auf den Boden. Llan kroch über das Geländer und warf einen hungrigen Blick auf den Inselbewohner.
»Halte deine Leute von dem Wächter fern«, flüsterte Burden Owrie zu.
»Keine Sorge«, flüsterte sie zurück. »Wir sterben ebenso ungern wie du.«
Er klopfte sich die Kleider ab. Durch den Türspalt auf der anderen Seite des Zimmers drang Licht herein, und wenn er die Augen zusammenkniff, sah er sogar, wie ein nacktes Paar Füße unruhig auf und ab ging. Was dachten sich diese Inselleute nur dabei, ihre religiösen Oberhäupter von Kindern bewachen zu lassen?
Immerhin machte das die Sache für Burden einfacher.
Llan landete im Raum, rollte sich jedoch nicht ab. Er balancierte sich anmutig aus und starrte von der Tür her auf den Jungen. Jetzt hockte VeHeter auf der Balustrade. Die anderen kamen nach.
Offensichtlich hatten die Inselbewohner draußen nichts mitbekommen.
Burden schob sich vorsichtig um das Sofa. Jetzt hing alles von Nachtschatten ab. Da er weder Nachtschatten noch seine Beute sah, ging er auf das Licht zu, wobei er sich so gut es ging im Dunkeln hielt.
An der Tür angekommen, spähte er in den angrenzenden Raum.
Das Zimmer war nur karg eingerichtet: zwei Nachttische und zwei dazu passende Stühle neben dem Bett, ein Kamin, in dem das Feuer herabgebrannt war, und ein großes Bett mit mehreren Steppdecken. Auf den Tischen hielten Glasfläschchen Wache, aber sie waren noch nicht benutzt worden.
Auf dem Bett lag ein großer, dünner Mann, dessen goldene Locken sich über die Kissen ergossen. Er lag auf dem Rücken, die Hände seitlich ausgestreckt, und sein Gesicht war völlig in Nachtschattens Dunkelheit eingehüllt. Die Träume hatten noch nicht eingesetzt, sonst würde der Rocaan schon merklich zucken. Allerdings hatte Nachtschatten bisher noch kaum Gelegenheit gehabt, damit anzufangen.
»Laß Nachtschatten einen Moment Zeit«, sagte Burden.
Owrie zog die Stirn kraus und löste sich aus seinem Griff. Dann klemmte sie die Arme wieder unter die Achseln und spazierte zum Balkon zurück. VeHeter war jetzt im Zimmer, und Condi kauerte auf dem Geländer. Es sah sehr wackelig aus, doch Burden glaubte einfach daran, daß es hielt.
Bis die Truppe vollzählig drinnen war, würde auch Nachtschatten soweit sein.
Und dann waren die Fey diese Bedrohung ein für allemal los.
14
Adrian rannte durch das Schattenland. Der Nebel umwirbelte ihn, als wollte er ihn aufhalten. So schnell war er noch nie gelaufen, jedenfalls nicht im Schattenland. Die Hütten schienen dichter als vorher zu stehen, und mehr als ein Fey sah ihn laufen.
Er mußte Coulter finden.
Wahrscheinlich war es bereits zu spät.
Er
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