Fey 04: Die Nebelfestung
Coulter hörte nicht auf. Das Licht umschloß Adrian wie eine schützende Mauer, war aber so grell, daß er nichts mehr sehen konnte. Von außerhalb dieses Gefäßes aus Helligkeit und Gefühlen hörte er unbestimmte Stimmen und immer noch dieses Klopfen, aber er konnte sich keinen Reim darauf machen.
Endlich bekam er wieder Luft. Brust und Lungen schmerzten, und es fühlte sich beinahe so an, als klammerte sich Coulter in diesem Licht an ihn. Adrian erhob sich langsam. Nach und nach sah er wieder etwas, wenn auch rote und grüne Flecken sein Gesichtsfeld behinderten, während er sich an die Helligkeit gewöhnte.
Streifer und Rotin waren vor dem Lichtstrahl zurückgewichen. Von der Hautkugel stieg Rauch auf. Sie schmolz zusammen, und während sie schmolz, gab sie den Blick auf Coulter frei, der darinnen zu einer Kugel zusammengerollt lag.
Adrian verspürte eine ungeheure Erleichterung.
Augenscheinlich spürte auch Coulter diese Erleichterung, denn die emotionale Belagerung lockerte sich ein wenig. Coulter, dachte Adrian, wir müssen raus hier. Rasch, bevor sie sich wieder erholt haben.
Coulters Zugriff auf Adrian schien sich wieder zu verstärken. Das Licht wurde heller. Plötzlich schwebte Coulter in dem Strahl, der seinen kleinen Körper einhüllte. Er landete neben Adrian. Jetzt waren beide vom schützenden Licht umgeben.
Wir müssen los, dachte Coulter, und seine Worte kamen so kraftvoll wie Faustschläge. Sie wissen, wie man diesen Schutz sprengt.
Adrian hob Coulter hoch. Der Junge schlang die Beine um Adrians Hüfte. Coulter fühlte sich so stark wie seine Gefühle an. Das Licht zog sich zusammen, schmiegte sich eng um sie.
Rotin rief Streifer etwas zu, etwas von einem Beutel. Die Tür war jetzt offen, und Niche kam mit Gabe an der Hand herein.
Coulter hatte recht; ihnen blieb nur ein kurzer Moment, bevor die Fey sich wieder auf sie stürzten.
Adrian lief auf die Tür zu, stieß mit der Hüfte gegen den Tisch. Er kam sich eigenartig vor, mit dieser Lichthülle um sich herum, aber das Licht schien ihn mit Ausnahme der Leute vor nichts zu schützen. Niche wich davor zurück. Gabe schrie Coulter etwas zu. Coulter sandte einen Lichtstrahl in Gabes Richtung, doch Adrian sah ihn nur, spürte aber nichts dabei.
»Neiiiin!« heulte Gabe auf. Seine Stimme hallte in Adrians Schädel wider.
Adrian achtete nicht auf ihn. Er schlüpfte durch die Tür hinaus in den grauen Nebel.
Das Licht, in das Coulter sie einhüllte, reflektierte den Nebel wie hundert winzige Prismen. Adrian rannte die Stufen hinunter und tauchte in die Nebelschwaden ein. Er wußte, wo der Torkreis sich befand – schließlich war er jeden Tag daran vorbeigegangen –, aber er konnte nicht hindurch.
Er atmete schwer. Seit Jahren war er nicht mehr gerannt, hatte in all dieser Zeit auch nicht mehr als ein paar Bündel Holz geschleppt. Jetzt hing ihm Coulter so schwer am Hals, daß Adrian nur mit Mühe Luft bekam. Die Fey, an denen sie vorüberliefen, riefen ihnen etwas zu, doch diese Rufe hallten nicht so nach wie der Schrei Gabes. Coulter mußte etwas getan haben, das Gabes Stimme durch das Licht hindurchgelassen hatte.
Der Versammlungsstein ragte wie ein dunkles Wesen aus dem Nebel. Schräg gegenüber befand sich der Torkreis. Adrian schaute nach hinten. Die Hüter folgten ihnen. Er zog ein mannsgroßes Nebelloch hinter sich her und durch dieses Loch hindurch eine nur langsam verlöschende Lichtspur. Der Nebel schloß sich nicht hinter ihm, als hätten er und Coulter etwas mitten durch das Schattenland hindurchgebrannt.
Coulter stieß sich von ihm ab. Wir können nicht mit dem Licht durch das Tor.
Ich glaube, wir brauchen dieses Licht, sandte Adrian zurück.
Nicht, wenn wir hinaus wollen. Coulter lief genau zu der Stelle, an der sich der Zugang befand. Adrian folgte ihm, und plötzlich verlosch das Licht um sie herum mit einem Flimmern.
Gleichzeitig kehrte das graue Nichts ins Schattenland zurück. Adrian bemerkte erst jetzt, wie sehr ihn das Licht belebt und erwärmt, wie stark er sich in seinem Inneren gefühlt hatte. Er blieb neben Coulter stehen, und in diesem Moment waren auch die Hüter heran.
»Bleibt stehen!« schrie Streifer. »Sofort!«
Coulter würdigte sie keines Blickes. Er streckte eine Hand durch den Nebel, und der Torkreis öffnete sich. Rings um den Erdwall funkelte helles Sonnenlicht, der Geruch frischer Luft und grüner Bäume wehte herein. Bei dem lange vermißten Anblick mußte Adrian grinsen.
Das war seine
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