Fey 06: Die Erben der Macht
zu kauen.
Ein tappendes Geräusch.
Schritte.
Jemand fluchte.
»Die Fey«, hauchte Ubur. »Die sind uns gefolgt.«
»Das wissen wir noch nicht«, zischte Matthias leise. »Vielleicht haben auch andere von diesem Versteck gehört.«
»Und von unserm Essen«, flüsterte Dalis.
Yasep legte den Finger auf die Lippen. Er nickte Jakib und Latse zu. Sie stellten sich eilig zu beiden Seiten des Tunneleingangs auf. Dann deutete er auf Ubur und Dalis. Dalis zog sein Messer, Ubur hielt seines schon griffbereit in der Hand. Der Rest der Gruppe preßte sich im Dunkeln an die Wand. Yasep legte eine Hand auf Marlys Schulter und drückte sie auf die Decke neben Matthias.
»Nein«, flüsterte sie.
»Is’ am besten so«, flüsterte Yasep zurück.
»Finde ich auch«, sagte Matthias leise. Er hatte den Plan verstanden. Marly und Matthias würden bei den Vorräten zurückbleiben, als sei dies ihr Versteck, ein Paar auf der Flucht vor den Fey. Die anderen würden erst angreifen, wenn es nötig war. »Aber gib mir ein Messer.«
Yasep sah ihn einen Augenblick prüfend an und zog dann ein Messer aus dem Stiefel. »Nur wenn’s Fey sind.«
Marly kroch über den Boden, packte ein Fläschchen mit Weihwasser und grinste. »Nee. Wenn’s Fey sind, nehmen wir das hier.«
Yasep verschwand in der Dunkelheit. Matthias ergriff Marlys Hand. Er brachte es nicht übers Herz, ihr zu sagen, daß sie sich mit Weihwasser, Messer und allem, was sie finden konnten, zugleich zur Wehr setzen mußten, sollte der Eindringling wirklich ein Fey sein.
Und daß ihr Überleben nicht einmal dann gesichert war.
14
»Los, komm«, sagte Coulter. Er nahm Gabe bei der Hand und versuchte, ihn weiterzuzerren. Gabe rührte sich nicht. Er fühlte sich orientierungslos und allein, einsamer, als er es je gewesen war. Als sei sein Körper ein leeres, verlassenes Haus. Leise rief er in die Räume hinein.
Allein.
Adrian beobachtete ihn. Die Rotkappe hatte die Arme verschränkt. Sein Gesichtsausdruck war finster. Er vertraute Gabe nicht, jetzt weniger denn je. Die Berührung seines Urgroßvaters war zuviel gewesen. Die Rotkappe hatte vor langer Zeit einmal getötet, hatte Coulter gesagt. Vielleicht würde er es auch ein zweites Mal tun.
Leens Haut war fahl und bleich. Ihr Zorn war verraucht. Gabe hatte sie noch nie in einem solchen Zustand gesehen.
Und Adrians Sohn stand neben ihm, als wolle er einem richtigen Fey lieber nicht zu nahe kommen.
»Wo sollen wir jetzt hin?« fragte Gabe. »Wenn er mich hier gefunden hat, kann er mich überall finden.«
Coulter schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn ausgeschlossen. Er kann dich nicht mehr finden. Aber wir wissen nicht, wieviel er gesehen hat. Wie schnell er uns hier finden kann. Wir müssen ein neues Versteck suchen.«
»Es gibt keins«, sagte Gabe. Sein Urgroßvater war bereits in den Schattenlanden und befand sich eben wahrscheinlich schon im Anmarsch auf Jahn.
»Auf der Insel gibt es viele Verstecke«, wandte Adrian ein. »In der Nähe der Spangen des Todes gibt es Berghöhlen.«
»Die Dörfer im Norden liegen weitab«, schlug Adrians Sohn vor. »Dort findet dich niemand.«
»Du kannst dein eigenes Schattenland errichten«, meinte Leen.
Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel. Der Tau war getrocknet, und langsam stieg Hitze auf. Es war ein richtiger Sommer, Gabes bevorzugte Jahreszeit.
Coulters bevorzugte Jahreszeit.
Auch Sebastian liebte den Sommer.
Gabe spürte, wie ihn eine leise Furcht erschauern ließ. Er ging wieder zurück, in sich selbst hinein, glitt an seiner ältesten und bevorzugten Verbindung entlang …
… und prallte gegen eine Tür. Sein Bewußtsein taumelte und schwand beinahe, aber er zwang sich zum Bleiben. Die Tür war von Licht umhüllt. Coulter hatte sie mit Lichtsträngen eingewickelt.
Gabe berührte das Licht und fühlte, wie ihn ein Beben erfüllte, das sich von seinem Bewußtsein in seinen Körper fortsetzte. Die Tür war von beiden Seiten verschlossen. Gabe dehnte sich noch einmal, streckte seine imaginäre Hand so weit aus, wie er konnte, aber das Beben wurde übermächtig.
Seine Verbindung war geschlossen. Er war abgeschnitten von Sebastian, und Sebastian brauchte ihn.
Vielleicht traf Sebastian auf den Schwarzen König, und dann war er ganz allein. Das durfte Gabe nicht zulassen.
Er jagte in seine Augen zurück und hatte das Gefühl, beinahe aus ihnen herauszuplatzen, wie ein zorniges Kind, das durch einen Raum rennt.
Überrascht wich Adrian zurück. Sogar Leen sah
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