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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Einwohner hier wurden nicht größer. Seit vielen Jahren hatten sie die Langen verbannt, und nur eine Handvoll von ihnen hatte überlebt.
    Die Handvoll, der die Berge nichts hatten anhaben können.
    »Lang!« wiederholte Tri. »Für meine Kinder bin ich auch lang. Aber bin ich deswegen schlecht? Und was heißt schon lang? Vielleicht reden die alten Geschichten gar nicht von Menschen, die so groß sind wie Matthias. Vielleicht reden sie von Riesen. In diesen Legenden geht es um Menschen, die den Bergen gewachsen sind. Sind damit Menschen gemeint, die auf diese Berge klettern, oder Menschen, die so groß sind wie die Berge? Wir wissen es nicht. Diese Geschichten sind von Generation zu Generation weitergegeben worden. Nur weil Pausho annimmt, diese Leute seien lang, macht sie das noch nicht zu den Langen unserer Legenden.«
    Pausho verschränkte die Arme. »Du gehörst nicht hierher«, sagte sie.
    Tri hob eine Braue. »Weil ich das, was du sagst, nicht schweigend akzeptiere? Weil mir die Aufgaben der Weisen nicht gefallen? Weil ich mich weigere, das Todesurteil über Menschen zu sprechen, ohne vorher ein paar Fragen zu stellen?«
    »Weil du nichts verstehst«, erwiderte Pausho gleichmütig.
    »Dann erkläre es mir«, forderte Tri sie auf. »Erkläre es mir. Sag mir, was mit uns geschehen würde, wenn diese Langen ein paar Münzen in unserer Stadt ausgäben. Matthias gibt sein Geld auch bei uns aus. Ihr habt ihn in die Berge geschickt, und als er überlebte, habt ihr eure Meinung geändert und gesagt, Überlebende gehörten zu uns.«
    »Matthias lebt nicht mehr in Constantia«, erwiderte Fyr.
    »Matthias ist letzte Nacht zurückgekehrt, zusammen mit ein paar anderen«, gab Tri zurück.
    »Vielleicht waren das die Langen, die du gesehen hast«, äußerte Zak.
    »Es war Matthias«, antwortete Tri. »Sein Haus liegt neben meinem. Ich habe gesehen, wie sie alle eintraten. Jeder einzelne von ihnen war ein Fremder.«
    »Waren die Langen bei ihm?« fragte Pausho. Ihr Herz klopfte schnell. Als sie vor vielen Jahren eine Weise geworden war, hatte sie nicht gewußt, was es bedeutete, über Leben und Tod anderer Menschen zu entscheiden. Sie hatte nicht verstanden, daß sie sich niemals daran gewöhnen würde, niemals jene Gefühle ablegen würde, die Tri jetzt als Argumente benutzt hatte; das Gefühl nämlich, daß sie kein Recht hatte, diese Entscheidungen zu treffen und ebenso verwirrt war wie alle anderen.
    »Eine Frau war genauso lang wie er«, sagte Tri. »Sie hatte auch rote Haare. Aber ich habe sie noch nie gesehen.«
    »Die Frau, die ich gesehen habe, hatte dunkle Haut«, bemerkte Pausho. »Dunkles Haar, dunkle Haut, dunkle Augen. Sie war nicht von hier. Der Mann auch nicht.«
    Zak legte eine Hand auf ihren Arm. »War es Nacht, als der Mann zurückkam?«
    Tri nickte.
    »Dann kannst du nicht wissen, ob diese Langen vielleicht zu ihm gehörten.«
    »Ich weiß, daß diese Langen vor zwei Tagen im Steinbruch waren und Arbeit suchten«, sagte Zak.
    »Und im Steinbruch arbeitet jetzt ein Fremder«, sagte Fyr. »Er ist zwar nicht groß, aber dunkel, genau wie du es beschrieben hast. Er stammt auch nicht von hier.«
    »Ist Matthias vielleicht vor ein paar Tagen zurückgekommen, ohne daß er nach Hause gegangen ist?« fragte Rin.
    »Warum?« wollte Tri wissen. »Warum sollte er nicht nach Hause gehen, wo er in Sicherheit ist?«
    Paushos Mund war wie ausgedörrt. »Hast du dich eigentlich mit Matthias angefreundet?« sagte sie zu Tri und stellte damit endlich jene Frage, die ihr seit fast einem Jahr auf der Zunge lag.
    »Wir haben uns unterhalten«, erwiderte Tri. »Schließlich sind wir Nachbarn.«
    »Und kommt er in deine Schmiede?«
    Tri zuckte die Achseln, wandte aber den Blick ab. »Alle kommen in meine Schmiede.«
    »Auch Matthias?«
    Tri blieb die Antwort schuldig. Fyr erhob sich und berührte seinen Arm. Er blickte sie nicht an, sondern starrte unverwandt auf den Boden.
    »Tri«, beharrte sie. »Das ist wichtig.«
    »Wichtig, weil es euch das Recht gibt, einen Mann nur wegen seiner Körpergröße zu verfolgen, ohne daß ihr etwas über ihn wißt? Er war der Gottgefällige«, gab Tri zurück. »Das kann euch doch nicht gleichgültig sein.«
    »Er ist zurückgetreten«, antwortete Rin.
    »Das sollte dir besonders viel Freude bereiten, wo du den Tabernakel doch für fehlgeleitet hältst«, erwiderte Tri.
    Pausho stand unbeweglich. Mit pochendem Herzen blickte sie Tri ungläubig an. Ein Weiser, der sich mit einem Verstoßenen

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