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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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einließ? Hatten sie einen so großen Fehler begangen, als sie Tri ernannten? Hatten sie sich solchen Schaden zugefügt?
    »Was hast du für ihn getan?« fragte sie.
    Tri hob ein wenig das Kinn. »Ich habe ihm Varin besorgt.«
    Varin. Ein Edelmetall von unendlichem Wert, das es nur an den Blutklippen gab. Nur von einer Handvoll Menschen berührt, von eigens dazu Auserwählten abgebaut, von den Weisen in den unteren Gewölben dieser Versammlungshalle gehortet.
    »Varin«, flüsterte Pausho.
    Fyr trat einen Schritt von Tri zurück, als sei er verseucht. »Warum nur? Wie konntest du das tun?«
    »Weil Matthias danach gefragt hat?« sagte Zak.
    »Weil er dafür bezahlt hat.« Rin spuckte den Satz förmlich aus. »Ich kann einfach nicht glauben, daß du dich mit einem Ausgestoßenen einläßt.«
    »Ihr habt gesagt, er sei kein Ausgestoßener«, protestierte Tri. »Er hat in den Bergen überlebt.«
    »Wir haben gesagt, daß er hier leben kann. Aber wir haben niemals gesagt, er sei kein …« Pausho hielt inne. Sie konnte es einfach nicht besser erklären. »Verstehst du denn nicht, welche Gelübde du abgelegt hast? Deine Pflichten unseren Leuten gegenüber?«
    Tri kreuzte die Arme über der Brust, so, wie es vorgeschrieben war, wenn man die Gelübde ablegte. »›Ich gelobe, die Bewohner von Constantia stets zu unterstützen, zu verteidigen und zu führen‹«, zitierte er feierlich, »›was es mich, meine Familie oder meinen inneren Frieden auch kosten möge.‹ Reichlich vage, findet ihr nicht?«
    »Vage?« Zak schüttelte den Kopf. »Da bin ich anderer Ansicht.«
    Aber Pausho begriff langsam, worauf Tri hinauswollte. »Es ist vage, wenn man die Worte nicht gelesen hat, die Geschichte nicht kennt und sich nicht ausführlich mit den Legenden beschäftigt hat.«
    »Hast du das getan?« Rins Stimme war sanft, mit einem harten Unterton.
    »Wir haben ihn dazu aufgefordert«, sagte Zak.
    »Hast du das getan?« wiederholte Rin.
    Tri ließ die Arme sinken. »Manches davon habe ich gelesen«, antwortete er widerstrebend.
    »Welchen Teil?« bohrte Rin. Ihre Stimme hob sich mit jeder Frage an.
    »Ich habe mir die Worte angesehen.«
    »Aber du hast nicht darin gelesen«, vervollständigte Pausho. »Wie steht es mit der Geschichte? Oder den Legenden?«
    »Sie haben nichts mit der Gegenwart zu tun«, gab Tri zurück.
    »Sie haben alles mögliche mit der Gegenwart zu tun«, fuhr Zak auf. »Heute morgen war ein Langer auf dem Marktplatz. Ohne Geschichtskenntnis kannst du das gar nicht verstehen. Und wenn dir das Verständnis fehlt …«
    »Dann verspüre ich auch kein Bedürfnis, unschuldige Kinder zu töten«, sagte Tri.
    »Glaubst du, es geht nur darum?« fragte Rin.
    Paushos Herz klopfte immer schneller. Sie hatte es gespürt. Von Anfang an hatte sie es bei Tri gespürt. Jetzt begriff sie endlich, warum er sich den Weisen angeschlossen hatte. Nicht um zu helfen, sondern um ihre Macht in Frage zu stellen.
    »Natürlich geht es darum«, antwortete Tri. »Darum, und um euren Führungsanspruch über Constantia, der zu alt ist, um noch sinnvoll für diese Stadt zu sein. Natürlich habe ich Matthias das Varin gegeben. Ich sah keine Veranlassung, jemandem ein so kostbares Gut vorzuenthalten, wenn er es benutzen will. Ich werde mich auch dagegen wehren, Kinder zu töten, besonders Neugeborene, nur weil uns ihr Äußeres mißfällt. Das ist doch barbarisch.«
    »Du hast dich uns angeschlossen, um uns zu verändern.« Zak hörte sich verängstigt an. Mit rotgeränderten Augen und noch bleicher als sonst blickte er zu Pausho hinüber. »›Wenn die Langen zurückkehren, wird der Verrat aufgedeckt werden und die Berge einstürzen‹.«
    »Diese Prophezeiung ist ein Teil der Legenden«, sagte Pausho zu Tri. »Wenn du dich damit beschäftigt hättest …«
    »Hätte ich das getan, dann hätte ich genau dieselbe Gehirnwäsche hinter mir wie ihr. Versteht ihr denn nicht, was aus euch geworden ist? Mörder im Namen der Tradition. Versteht ihr nicht, was ihr damit anrichtet, welche Auswirkungen es auf unsere Gemeinschaft hat? Mitten in der Nacht schleichen sich Schwangere heimlich davon, weil sie lieber die Gefahren einer Reise auf sich nehmen wollen, als sich eurem Urteil über ihre Kinder zu unterwerfen. Geheime Gruppierungen sind entstanden, um diese Kinder vor euch zu schützen. Die Leute beobachten die Berge, um die Kinder, die man im Schnee ausgesetzt hat, zu retten.«
    Pausho hatte das Gefühl, als habe man ihr ein Messer mitten ins Herz

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