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Fey 08: Im Zeichen der Schwerter

Fey 08: Im Zeichen der Schwerter

Titel: Fey 08: Im Zeichen der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Stückchen Haut zu Boden fallen. Wieder wehrte sich das Mädchen. Rugad stieß sie heftiger zurück.
    Er trat näher an ihre Augen heran und konzentrierte sich auf das, was er sah.
    Die Dunkelheit. Das Gebirge.
    Die Kälte.
    Die alte Frau vor ihm. Die Augen des Mädchens hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt. Rugad dagegen mußte ein bißchen blinzeln.
    Die Alte, wie das Mädchen sie in Gedanken nannte.
    Rugad erkannte sie.
    Es war die Schamanin, die er seinerzeit seinem Sohn Rugar mitgegeben hatte. Rugad hatte schon vermutet, daß sie noch lebte.
    Sie lebte tatsächlich. Es war ihr gelungen, dem Blutbad im Schattenland zu entkommen. Eine Versagerin, die entkommen war.
    Jetzt war sie zusammen mit Rugads Urenkelin auf der Flucht.
    Rugad fühlte eine Hand auf der Schulter des Mädchens und senkte den Blick. Es war eine Männerhand; nach der Blässe und den kurzen, plumpen Fingern zu schließen, die Hand eines Inselbewohners. Rugad richtete den Blick direkt auf die Person, der die Hand gehörte …
    … und hätte beinahe triumphierend gelächelt.
    Der Inselkönig.
    Nicholas.
    »Was hast du?« erkundigte sich Nicholas besorgt. »Du hast geschrien.«
    Rugad kannte das Mädchen nicht gut genug, um zu wissen, was sie normalerweise auf eine solche Frage geantwortet hätte.
    Hinter ihm, eingesperrt in ihren eigenen Geist, erstarrte das Mädchen beim Klang der Stimme ihres Vaters.
    Dann schrie sie: Papa! Ich bin hier drin! Ich sitze in der Falle! Papa!
    Aber Rugad kontrollierte ihre Mundbewegungen. Die Worte wurden niemals ausgesprochen.
    Er hatte die absolute Kontrolle über ihren Körper. Er ließ sie die Lippen zu einem schwachen Lächeln verziehen, während er Nicholas anblickte.
    »Ich bin gestolpert«, murmelte Rugad und hoffte, daß er ihren Tonfall traf. »Ich habe nur einen Schreck bekommen.«
    »Bist du sicher, daß du dich nicht verletzt hast?«
    »Ganz sicher«, gab Rugad zurück.
    Nicholas nahm seine Hand noch immer nicht von ihrer Schulter. »Ich wünschte, wir könnten eine Pause einlegen«, meinte er.
    »Ich auch«, stimmte Rugad zu. »Aber wir müssen weitergehen.«
    Papa! schrie Arianna wieder. In ihrem Schädel hallte ihre Stimme dröhnend laut wider. Rugad unterdrückte den Impuls, sofort durch ihre Augen zu fliehen, drehte sich zu ihrem innersten Wesen um und brachte es mit Gewalt zum Schweigen.
    Die Schamanin war stehengeblieben. Sie blickte Rugad an. Blickte Arianna an. Rugad mußte sich daran erinnern, wer er jetzt war. Aber die Schamanin war zu weit weg, um den Gesichtsausdruck des Mädchens zu erkennen.
    Auch Rugad blieb stehen. Er reckte den Hals und sah sich nach allen Seiten um.
    Berge. Hoch, baumlos, und ein nach Osten führender Pfad. Über ihnen lag Schnee. Leider war es nicht hell genug, um zu erkennen, wohin der Pfad führte.
    »Arianna!« rief die Schamanin, und Rugad hörte Mißtrauen in ihrer Stimme.
    Die Alte kam zurück und blieb ein paar Schritte vor ihm stehen. Nicholas’ Griff um die Schulter des Mädchens wurde fester.
    »Ist da vorne etwas?« wandte Nicholas sich an die Schamanin.
    Plötzlich fühlte sich der Körper des Mädchens anders an.
    Nicht mehr wie Fleisch und Knochen, sondern flüssig, fast wie Wasser. Ein Gefühl, das Rugad völlig neu war.
    Er mußte einen Blick auf das Mädchen riskieren.
    Es kauerte in einer Ecke seines eigenen Bewußtseins, die imaginären Knie an das imaginäre Kinn gezogen. Arianna schrie nicht mehr. Sie sah ihn nicht einmal an. Sie wirkte jetzt wie die meisten Leute, in deren Verbindungen Rugad eingedrungen war und in deren Geist er sich ausgeruht hatte.
    Passiv.
    Verstört.
    Kampfunfähig.
    Verstellte sie sich nur?
    Rugad hatte eben erst gesehen, wie kaltblütig das Mädchen unter so ungewöhnlichen Umständen zu kämpfen verstand.
    »Irgend etwas stimmt hier nicht«, hörte er Nicholas wie aus weiter Ferne.
    »Ich glaube, du solltest lieber einen Schritt zurücktreten«, warnte die Schamanin.
    Das flüssige Gefühl nahm zu. Der Körper verlor seine festen Konturen.
    Zu spät fiel Rugad ein, daß das Mädchen eine Gestaltwandlerin war.
    Er hatte noch nie von jemandem gehört, der in den Körper einer Gestaltwandlerin eingedrungen war. Er wußte zwar, daß Doppelgänger andere Fey übernehmen konnten, aber die Zauberkraft des Opfers ging trotzdem nicht auf sie über. Galt das auch für Visionäre?
    Mädchen … begann er, und dann lösten sich seine Füße unter ihm auf. Der Körper verwandelte sich immer stärker. Rugad klammerte sich an

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