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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Zumindest hatte er sie nicht zu ihrem eigenen Tod eingeladen.
    Im Gegensatz zu Kendrad.
    Er hatte keine Zeit, näher darüber nachzudenken. Er mußte eine Möglichkeit finden, die verbliebene Streitmacht zu retten, diejenigen, die er nicht unter einem Schattenland hatte schützen können. Er mußte noch einmal hinausgehen.
    Falls das überhaupt möglich war.

 
38
     
     
    Jewels Finger schlossen sich enger um Matthias’ Hals. Womöglich brach sie ihm die Knochen, bevor er erstickte. Vor seinen Augen tanzten schwarze Flecken.
    Schon einmal war ihm das passiert, und damals war er in Ohnmacht gefallen. Er wäre gestorben, wenn die Schamanin ihn nicht gerettet hätte.
    Diesmal schien sich sein Gefährte zu weigern, zu seinen Gunsten einzugreifen, und wenn Matthias nicht selbst etwas unternahm, würde er unweigerlich sterben. Er schaffte es nicht, ihre Hände von seiner Kehle zu ziehen, wie verzweifelt er es auch versuchte. Sie war stärker als er. Stärker, gerissener …
    Und tot.
    Tot.
    Er ließ ihre Handgelenke los und die eigenen Hände fallen, als sei jegliche Kraft aus ihnen gewichen. Sie hatte recht gehabt, als sie sagte, er verdiene nicht, am Leben zu bleiben, aber das hielt ihn nicht davon ab, am Leben bleiben zu wollen, am Leben bleiben zu müssen.
    Er hatte mit den Stimmen ein Geschäft abgeschlossen, und zwar um Marly, und er wußte nicht, ob sie ihn mit Jewel nur auf die Probe stellen wollten. Wenn er nicht bestand, mußte dann Marly mit ihm sterben? Und Denl? Und Tri?
    Das durfte Matthias nicht riskieren.
    Er ertastete sein Reisebündel und öffnete es mit einer Hand. Sein Herz schlug wie wild, und es bedurfte all seiner Kraft, die aufsteigende Panik zurückzuhalten. Er mußte sehr vorsichtig vorgehen, damit Jewel nichts bemerkte.
    Ihre Finger gruben sich in seine Haut. Der Druck auf seine Lungen wurde unerträglich. Sie brannten, brannten, brannten immer stärker, und er hatte das Gefühl, sie müßten bald bersten. Sein Mund stand offen und versuchte nach Luft zu schnappen. Das konnte er nicht mehr kontrollieren, ebensowenig wie die Muskeln in seinem Rücken, die ihn immer wieder in dem vergeblichen Versuch, sie abzuwerfen, gegen ihren Leib preßten.
    Die Finger seiner linken Hand fanden das Gefäß. In Gedanken sprach er ein Gebet, sandte es mit dem gleichen Eifer gen Himmel, den er als kleiner Junge empfunden hatte. Sein Glaube war in diesem Augenblick stärker als jemals zuvor. Ironischerweise ausgerechnet jetzt, nachdem er die unangenehme Wahrheit über seine Religion herausgefunden hatte.
    Aber er hoffte, daß wenigstens diese Wahrheit der Wahrheit entsprach.
    Der Druck hatte sich aus den Lungen auf seine Glieder ausgedehnt. Ganz deutlich spürte er den unersättlichen Drang nach Luft. Er durchflutete ihn. Bald schon würde er die Kontrolle über seinen Körper völlig verlieren. Bald würde sein Körper selbst übernehmen, würde blind kämpfen, von Panik erfüllt – und er würde verlieren.
    Er würde den Kampf verlieren.
    Jewel bewies unendliche Geduld. Ihre kräftigen Finger drückten unablässig zu, ihr warmer Körper quetschte den seinen zusammen.
    Seine Finger fanden das Figürchen auf dem Verschluß. Das Glas fühlte sich kühl an. Er hatte sich darauf vorbereitet, hatte sogar die Anweisungen zur Vorbereitung der Seelengefäße befolgt. Zwei Tropfen vom Blut des Roca bedeckten ringförmig den Boden. Zwei Tropfen, genug um eine neugierige Seele anzulocken, sobald diese Seele nur frei war.
    Er hoffte, daß die ihre frei war.
    Die schwarzen Flecken wurden immer größer. Matthias fühlte die Ohnmacht nahen. Er zog das Figürchen mit den Fingern ab, stützte es mit einem Finger am geschwungenen Hals und ließ es in seinen Beutel gleiten. Dort würde er es wiederfinden, sobald er es brauchte.
    Jetzt mußte er rasch vorgehen.
    Er drehte den Körper so, daß der Flaschenhals auf Jewel zeigte, und stieß ihn dann gegen ihre Hüfte.
    Sie stöhnte auf, und ihre Finger flogen von seinem Hals. Ein Wind bildete sich um sie beide, ein Wind, wie er noch nie einen Wind gespürt hatte. Matthias zitterte, sog eilig die Luft ein, als wäre sie Wasser und er am Verdursten. Sie machte ihn schwindelig, dabei mußte er gerade jetzt Herr über seine Sinne bleiben. Er langte über den eigenen Körper hinweg, packte das Reisebündel und zog den Stöpsel heraus.
    Dann drehte er sich um.
    Jewel wirbelte um ihn herum, ihr Körper jetzt nur noch ein Gemenge aus Wind und Nebel. Sie kämpfte gegen den Sog an, er konnte

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