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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Gebilde auf die Soldaten und den Berghang herab. Ein paar von ihnen wurden dabei vielleicht zerquetscht, aber darum konnte er sich nicht kümmern.
    Wenigstens der Rest würde überleben.
    Dieser Abschnitt des Berges sah aus wie in dichtes Grau gehüllt. Das Schattenland blockierte das Licht. Das Summen in Rugads Kopf ließ nach. Kopfschmerzen machten sich bemerkbar; dieses Licht hatte es auf seine Magie abgesehen, auf sein Machtzentrum. Es würde ihn Stück für Stück ausbrennen.
    Wie raffiniert.
    Der Falkenreiter kam in torkelndem Flug vom Berg zurück. Er war nur halb umgeformt und konnte sich kaum mehr in der Luft halten. Sein Rumpf war zu groß, und seine Füße waren Fey-Füße, keine Habichtskrallen. Als er landete, vernahm Rugad das Splittern von Knochen.
    »Ich habe sie gefunden«, rief der Reiter auf ihn zutaumelnd. Sein Ton verriet Rugad sofort, daß sie nicht mehr vom Berg zurückkehren würde.
    Nicholas hatte sie umgebracht.
    Er hatte bereits gelernt, mit seinem Ort der Macht umzugehen. Zumindest teilweise. Jedenfalls genug.
    Rugad fluchte. Seine noch immer ausgestreckte Handfläche zitterte. Er schuf darauf ein weiteres Schattenland und schleuderte es gegen den Berg, wo er es kurz unter dem anderen anhielt. Sofort ergoß sich das Licht darüber, und das Summen setzte wieder ein. Einen Moment lang verschwammen die Ränder des Schattenlandes.
    Sie würden vernichtet werden, noch bevor er alle seine Leute retten konnte.
    Rugad konzentrierte sich. Das Schattenland dehnte sich aus. Der weite Torkreis zeichnete sich ab, dann ließ er das Schattenland wie seinen Vorgänger auf den Berghang fallen.
    Nun war bereits ein Viertel des Berges in Grau gehüllt. Ein Schatten strich über Rugad und landete kurz darauf neben ihm. Der andere Falkenreiter.
    »Sie kommt«, sagte er. »Ich habe einen Pferdereiter gefunden, der sie herbringt.«
    Die Zeit war bereits zu knapp, dachte Rugad, aber er sagte nichts. Der Falkenreiter hockte sich neben seinen verletzten Gefährten. »Was ist passiert?« sagte er leise.
    Rugad antwortete nicht. Das Summen wurde heftiger. Der Schmerz war stark, brennend. Er starrte in dieses Licht, obwohl er wußte, daß das falsch war.
    Mit einiger Anstrengung riß er seinen Blick los. Das Schreien vom Berg her hielt immer noch an, aber es kam jetzt von der anderen Seite des ersten Schattenlandes. Er mußte zwei, vielleicht sogar drei Schattenlande mehr erschaffen. So lange mußte er noch durchhalten.
    Das Licht sprang über das zweite Schattenland und traf auf einen Trupp Soldaten, der sich gerade wieder erhoben hatte. Sie preßten die Hände an die Schläfen, fielen gleichzeitig hin und schrien aus Leibeskräften. Das Summen in Rugads Kopf verwandelte sich in einen Schmerz. Einen gräßlichen Schmerz. Das Licht bohrte sich in seine Augen, sein Gehirn, sein Zweites Gesicht …
    Ihm blieb nur noch für ein drittes Schattenland Zeit. Er konzentrierte sich so, wie er sich noch nie in seinem Leben konzentriert hatte. Schweiß perlte ihm über das Gesicht. Der Falkenreiter neben ihm barg ebenfalls das Gesicht in den Händen und fing zu schreien an. Der Schrei schien unfreiwillig aus ihm herauszufahren.
    Ein langsamer, qualvoller Tod, das war es. Ein langsamer, qualvoller Tod.
    Rugad konzentrierte sich auf seine Handfläche. Er hatte beinahe keine Vision mehr, konnte die Umrisse des Schattenlandes kaum noch sehen, erinnerte sich kaum noch daran, wie er seine Vision einzusetzen hatte. Seine Knie wurden weich. In seinem Schädel regierte nichts als Schmerz. Er mußte …
    konzentrieren
    … die Sache zu Ende bringen.
    Mit letzter Kraft vergrößerte er das Schattenland, hob es in die Höhe und ließ es auf die Gruppe rings um ihn herum fallen. Seine Gruppe. Die Falkenreiter, die Anführer, und die letzte Reserve der Infanterie.
    Das Grau schloß das Licht komplett aus, und für kurze Zeit glaubte er, nach außen und innen blind geworden zu sein. Erst dann bemerkte er, daß sich seine Augen – seine richtigen Augen – noch nicht an die neue Umgebung gewöhnt hatten.
    Innerhalb des Schattenlandes ließen die Schreie nach. Rings um ihn herum standen Fey, die Arme noch um die Köpfe gelegt, und starrten sich verwundert um.
    Noch nie zuvor hatte er ein Schattenland auf dem Erdboden errichtet. Die Wände und das Dach waren grau, aber der Lehmboden unter ihren Füßen blieb der gleiche; hinter ihnen hörte er das Gurgeln des Flusses, was ihn auf gewisse Weise beruhigte. Licia konnte ihn nicht überqueren.

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