Fia die Betoerende
sie es buchstäblich selbst eingestand, konnte er es kaum begreifen, dass sie dazu fähig war. Sie musste völlig verzweifelt gewesen sein, sonst hätte sie James nie genötigt, sich an einem solch schändlichen Vorhaben zu beteiligen. „Carr wollte, dass ich James' Stelle bei einem Versicherungsbetrug einnahm. Wenn ich mich weigerte, dann wollte er die Behörden von meiner wahren Identität unterrichten.“
Sie schlug sich die Hände vors Gesicht. Ihre Finger bebten. Mit einem Mal wurde ihm klar, dass sie nun aus seinem Mund erfuhr, dass all ihre Pläne fehlgeschlagen waren.
„Ich konnte einfach nicht zulassen, dass James so ein Risiko einging“, versuchte er ihr zu erklären. „Auf seinem Namen liegt kein Makel, anders als auf meinem. Darum habe ich zum Schein Carrs Verlangen nachgegeben. Obwohl ich nie vorhatte, seinen Plan auszuführen. Ich wollte mir nur Zeit verschaffen, bis James weit genug von England entfernt war.“
„Und von mir“, flüsterte sie mit tonloser Stimme.
„Und von dir“, pflichtete er ihr bei.
Sie holte tief und zitternd Luft. Eine Träne rann aus ihrem Augenwinkel. Eine Träne für all ihre Pläne, ihre Hoffnungen und Träume. Und das war alles. Sanft wischte er sie fort.
„James sollte nie das Schiff versenken, weißt du“, sagte sie.
Erleichterung erfasste ihn. „Nein?“
„Wir wollten natürlich, dass Carr glaubte, er würde das tun. Darum haben wir Gerüchte in Umlauf gebracht. Gerüchte, die Carr weder beweisen noch widerlegen konnte.“ „Du und James, ihr habt die Gerüchte selbst gestreut?“ „Ja“, antwortete sie. „Aber in Wahrheit hätte James Carrs Waren erst gekauft und dann vertragsgemäß geliefert.“
Und was dafür im Gegenzug erhalten? Bramble House. Kays Erbe. Die Erleichterung, die er so kurz verspürt hatte, verflüchtigte sich wieder.
Er machte ihr keinen Vorwurf daraus, Bramble House in ihren Besitz bringen zu wollen. Es war für sie ein Zuhause, stand für Sicherheit und Freiheit von Carr. Aber ein Teil von ihm bedauerte die Bereitwilligkeit, mit der sie ihrem Stiefsohn das Haus endgültig nehmen wollte - auch wenn er keinen Augenblick bezweifelte, dass sie dafür sorgen würde, dass es dem Jungen an nichts fehlte.
„Carr hätte wohl kaum zu den Behörden gehen und sich darüber beschweren können, dass seine Waren ihren Zielhafen erreicht hatten, nicht wahr? Und er hatte kein anderes Druckmittel, mit dem er James zu etwas anderem hätte zwingen können.“ Sie strich sich mit einer fahrigen Bewegung die Haare aus der Stirn, und ihre Lippen waren vor Arger zu einer Linie zusammengepresst. „Ich hätte wissen müssen, dass Carr keine Geschäfte mit einem Mann machen würde, den er nicht erpressen könnte. Aber ich war mir so sicher, dass es in seinen Augen nur eine Frage der Zeit wäre, bis er etwas gegen James in der Hand hätte.“
„Vielleicht hätte er wirklich deinem Plan gemäß gehandelt, wenn er nicht in mir ein viel leichteres Erpressungsopfer gefunden hätte“, bemerkte Thomas.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich wusste es nicht. Ich dachte, so würde es gehen. Ich hatte so gehofft ..."
„Fia
Sie schenkte ihm ein zitterndes Lächeln. „Es ist vorbei. Alles. Uns bleibt nichts mehr zu tun.“
Sie würde Bramble House nicht brauchen, wenn sie mit ihm ginge. Der Gedanke drängte sich ihm auf, verlockte ihn mit seinen Möglichkeiten.
„Aber Thomas“, sagte sie, und eine neue Sorge umwölkte ihre Stirn, „für dich ist auch alles aus. Weil du Recht hast, Carr wird hinter dir her sein, sobald er herausfindet, dass du ihn betrogen hast.
Es tut mir so Leid, Thomas. So Leid, dass du hineingezogen worden bist. Es tut mir Leid, dass wir nicht wussten . . .“ Was auch immer sie hatte sagen wollen, blieb ungesagt, da ihr ein anderer Gedanke gekommen war. Sie blickte sich um. „Oh Thomas. Wie kannst du nur gehen, bevor die Burg fertig ist?“ fragte sie bekümmert.
„Ich werde einen Weg finden, von Zeit zu Zeit nach Hause zurückzukommen“, erwiderte er und war sich bewusst, dass sie sich in dieser Hinsicht sehr ähnelten; sie verloren beide, was sie sich gewünscht hatten, und entdeckten, dass sie irgendwie mit dem Verlust leben würden. „Die Küste ist gespickt mit geheimen Häfen und Ankerplätzen und Schotten, die den Steuereintreibern der Krone nicht gerade wohl gesonnen sind.“
Sie nickte betrübt und begann langsam, über den mit Trümmern übersäten Flur in den bereits wieder in Stand gesetzten Teil der Burg zu
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