Fia die Betoerende
sich ihre Lippen bei seiner Antwort zu einem bitteren Lächeln verzogen.
Da endlich sah er es selbst und begriff. „Fia, bitte, bloß weil ich nicht gleich erraten habe, was du vorhattest, heißt das doch nicht, dass ich dir nicht. . .“ Er starrte sie an und spürte beinahe körperlich, wie sie sich von ihm entfernte. Eine düstere Vorahnung überkam ihn, und beunruhigt sagte er: „Bitte, Fia. Ich liebe dich.“
Sie zuckte zusammen, aber in ihren wunderschönen, kühlen Zügen zeigte sich auf seine Erklärung hin keine Regung, keine Wärme.
Der Boden schien sich unter Thomas' Füßen aufzutun. Ein schwarzer Abgrund gähnte vor ihm; er stand schwankend am Rande, und weit und breit war kein Halt zu sehen. „Fia, bitte. Du kannst mich nicht dafür verdammen, dass ich dich falsch beurteilt habe. Du kannst doch nicht wegwerfen, was wir haben, was wir uns sind, weil ich an deinen Beweggründen gezweifelt habe.“ Die Furcht, die ihn erfasste, ließ ihn ärgerlich werden. „Du hast schließlich selbst gesagt, dass du das Haus haben wolltest. Du hast nie angedeutet, dass du es für irgendjemand anderen als dich besitzen wolltest. Verurteile mich nicht für meine Unwissenheit. Bitte, Fia, ich flehe dich an!“
„Ich verurteile dich doch gar nicht“, erwiderte sie und zog sich völlig in sich zurück.
„Zum Teufel noch mal, das tust du sehr wohl! Ich bin angeklagt und im selben Atemzug verurteilt worden, weil ich gedacht habe, was jeder andere Mann an meiner Stelle gedacht hätte. Wie könnte ich auch anders? Du bist Carrs Tochter, um Himmels willen!“
Ihre Augenlider flatterten, gerade so als ob seine Worte ihr den Todesstoß versetzt, etwas Lebenswichtiges in ihr zerstört hätten, etwas Zerbrechliches-, das sie für ausreichend geschützt gehalten hatte, das jedoch, wie sie zu spät bemerkte, schutzlos dalag. „Du hast Recht“, entgegnete sie tonlos. „Wie habe ich nur etwas anderes annehmen können?“
Er fasste sie an den Schultern, und in seiner Berührung gab es nichts Zögerndes, nur Verzweiflung. Am liebsten hätte er ihr noch einmal gesagt, dass er sie liebte, aber sie hatte sein Geständnis nur Augenblicke zuvor mit Nichtachtung gestraft. Auf keinen Fall würde er sie auf Knien anflehen, ein Gefühl zu bekennen, das sie vielleicht gar nicht empfand.
In seiner Hilflosigkeit schüttelte er sie leicht, aber sie war so sicher von ihm gegangen, als hätte sie das Zimmer verlassen. Sie war fort, und er hatte das getan. „Warum bestrafst du mich? Was habe ich gesagt, was habe ich getan, das so unverzeihlich ist?“
Ihr Kummer war genauso groß wie sein Schmerz. Sanft berührte sie ihn an der Wange.
„Ich strafe dich nicht, ich bewahre uns beide lediglich vor einem noch viel größeren Schmerz.“
„Was könnte denn schmerzvoller sein als dies hier?“ rief er in seiner Qual.
„Du hast nichts Unverzeihliches getan. Ich bin es, die keiner Verzeihung würdig ist. Nicht wegen etwas, das ich getan hätte.“ Ihr Lächeln war traurig und voll Bedauern. „Wenigstens noch nicht. Sondern wegen dessen, was ich bin. Du hast es eben selbst gesagt. Ich bin Carrs Tochter. Wie kannst du mir je vertrauen?“
„Lieber Gott, Fia!“ Verzweifelt suchte er nach den richtigen Worten. „Ich gebe keinen Pfifferling darauf, ob du nun Carrs Tochter bist oder nicht.“
„Aber das tust du sehr wohl“, erklärte sie so überzeugt, dass es ihn erschütterte. „Und du wirst es immer tun. Es kann sein, dass du es eine Weile lang vergisst, du magst auch sogar so tun, als wäre ich eine andere, doch jedes Mal, wenn ein Schatten des Zweifels auf deine Gedanken fällt, wirst du dir Fragen stellen.“
„Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Doch“, beharrte sie. „Und du tust recht, das zu sagen, denn ich sage es ja selbst. Ich habe mir seit meiner Kindheit immer wieder diese Fragen gestellt und darauf gewartet, dass sich sein Erbe, sein vergiftetes Blut in mir zeigt, dass seine schwarze Mörderseele auch in mir ihr Haupt erhebt. Weil ich Carrs Tochter bin, Thomas. Das werde ich immer sein, und du wirst es nie vergessen können. Noch solltest du es. Ich kann es nicht. Ich werde es nicht vergessen. Nie.
Selbst hier. Selbst heute Nachmittag. Du hattest Recht, dich zu fragen, was ich mit diesen Briefen tun würde. Meine ersten Gedanken waren nicht, sie zu vernichten, wie bei dir, sondern sie zu behalten, sie zu benutzen, um mich von ihm zu befreien. Du siehst also, ich kann nicht. . .“ Nun brach ihre
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